Kommentar Finanzen und Klima: Bitterer Kollateralschaden

Europa will Aufschub bei den Klimaproblemen. Die lösen sich aber nicht in Luft auf, nur weil die Welt von einer Finanzkrise gebeutelt wird.

Zeitdruck erzeugt oft die besten Kompromisse, meint Nicholas Sarkozy. Trotz Protestgeschrei seiner Kollegen will er den Rat der 27 beim Klimapaket bis Dezember auf Linie bringen und eine Einigung mit dem EU-Parlament erreichen, Finanzkrise hin oder her. Polen und Italien drängen am lautesten darauf, die ehrgeizigen Ziele aufzuweichen und das Zieldatum 2020 aufzugeben. Aber auch die kleinen osteuropäischen Länder rufen nach Aufschub.

Die Bundesregierung hält offiziell an dem fest, was unter deutscher Präsidentschaft beschlossen wurde. Doch die heilige Kuh der Deutschen, die Autoindustrie, soll um jeden Preis geschont werden. Auf ein paar Jahre komme es nicht an, wenn spritsparende Motoren aufwändig entwickelt werden müssten, heißt es. Dabei verpflichtete sich die Branche schon 1998, die durchschnittlichen CO2-Emissionen bis 2008 auf 140 Gramm zu reduzieren. Ein leeres Versprechen, wie wir heute wissen.

Was dem Deutschen sein Auto, ist dem Polen sein Kohlekraftwerk. Jedes Land hat also seine Gründe, Ausnahmen und Terminverschiebungen einzufordern. Entweder wirft Sarkozy nun sein ganzes Gewicht in die Waagschale, erreicht im Rat einen lauen Kompromiss und bereitet damit auch einer industriefreundlichen Mehrheit im Parlament so viel Freude, dass dieses Pseudopaket bis Dezember geschnürt werden kann.

Die zweite Möglichkeit ist, dass die parteiübergreifende Koalition, die im Umweltausschuss des Europaparlaments für ein gutes Zwischenergebnis sorgte, bestehen bleibt. EU-Parlamentarier aller Parteien wissen, dass die Klimaprobleme sich nicht in Luft auflösen, nur weil die Welt von einer Finanzkrise gebeutelt wird. Klimaschäden werden die Weltwirtschaft mittelfristig mehr kosten als der schlimmste Börsenkrach. Wenn diese Klimakoalition hält, wird sie einen faulen Kompromiss nicht mittragen. Einen besseren aber wird es nächstes Jahr unter tschechischer Ratspräsidentschaft nicht geben. Zukunftweisende Umweltpolitik bleibt damit auf der Strecke, so oder so.

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