Nach Kritik am ZDF: Heidenreich aus Anstalt entlassen
Nach ihren Attacken gegen das ZDF hat der Sender die Zusammenarbeit mit Moderatorin Elke Heidenreich beendet. Chef-TV-Kritiker Marcel Reich-Ranicki: "Es war nahe liegend."
"Der Ring ist eröffnet. Nächste Runde. Ich bleibe drin, ehe ich nicht wegen schlechter Arbeit herausgeworfen werde", hatte Elke Heidenreich etwas kryptisch vergangenen Sonntag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung formuliert. Jetzt ist sie draußen. Nicht wegen schlechter Arbeit in ihrer Sendung "Lesen!" im ZDF, sondern wegen ihrer Kritik am Sender: Das Zweite hat Elke Heidenreich gefeuert.
Die beiden für dieses Jahr noch vorgesehenen "Lesen!"-Sendungen werden nicht mehr produziert. "Mit ihren Äußerungen hat Frau Heidenreich die Ebene einer sachlichen Auseinandersetzung verlassen und das ZDF sowie einzelne seiner Mitarbeiter persönlich in nicht mehr hinzunehmender Weise öffentlich herabgesetzt", sagt ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut, der in Heidenreichs Suada ebenfalls sein Fett weg bekam. Das Vertrauensverhältnis sei nun "so nachhaltig zerstört, dass eine gedeihliche und sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist". Eine Literatursendung im ZDF solle es aber weiter geben: "An einem Nachfolgekonzept für 2009 wird gearbeitet."
Heidenreich hatte nach dem Auftritt von Marcel Reich-Ranicki beim Deutschen Fernsehpreis vor zwei Wochen warme Worte für dessen Weigerung, den Ehrenpreis für sein TV-Lebenswerk anzunehmen, gefunden und das ZDF kritisiert: "Man schämt sich, in so einem Sender überhaupt noch zu arbeiten", schrieb Heidenreich unmittelbar nach der Preisverleihung in der FAZ.
Die Führung des Zweiten hatte mit Unverständnis auf die Einlassungen Heidenreichs reagiert und vor allem deren Stil kritisiert. Bereits in der vergangenen Woche hatte Bellut die Verlängerung von Heidenreichs zum Jahresende auslaufenden Vertrag für die Sendung "Lesen!" in Frage gestellt. Unter dem Titel "Der Kampf fängt gerade erst an!" rechtfertigte die Moderatorin wenige Tage später in der FAS ihr Vorgehen: "Ich gebe zu, das war etwas scharf, aber es war auch nötig, denn wo keine Funken fliegen, brennt nichts. Jetzt brennt es." In dem Beitrag beschrieb Heidenreich auch die von ihr empfundene Abwertung ihrer Sendung durch den späteren Sendeplatz am Freitagabend und kritisierte neben Bellut auch ZDF-Intendant Markus Schächter: "Sie hungern uns aus."
Thomas Gottschalk, der die vom ZDF übertragene Fernsehpreisgala und die dort vereinbarte Sondersendung des Zweiten mit Reich-Ranicki moderiert hatte, nannte sie laut Bunte einen "müden, alten, Mann. Er hat keine Lust mehr, das merkt man". Gottschalk hatte ursprünglich Gast in Heidenreichs "Lesen"-Sendung im Dezember sein sollen, nach deren Beitrag in der FAZ aber seine Teilnahme abgesagt. Ein ZDF-Sprecher sagte, man habe die "Notbremse ziehen müssen", um Schaden vom Sender abzuwenden. Das ZDF hatte nach eigener Darstellung der Moderatorin Bedenkzeit gegeben, "weil wir gehofft haben, dass sie das Gesagte zurücknimmt, es ist aber schlimmer geworden".
Kurz nach dem Beginn der Auseinandersetzung war Heidenreich selbst mit einem Fernsehpreis ausgezeichnet worden: Drei Tage nach dem ersten FAZ-Artikel hatte sie den Hans-Bausch-Mediapreis des Südwestrundunks (SWR) für ihre Sendung entgegengenommen. Bei der Preisverleihung lobte der SWR-Intendant und designierte ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust Heidenreich als Moderatorin, die eine "journalistische Grundtugend" verkörpere. Sie erkenne Autoritäten erst dann an, "wenn sie sie auf Herz und Nieren geprüft hat". "Es war naheliegend", kommentierte Reich-Ranicki den Rauswurf. "Sie hat gesagt: Ich schäme mich, dass ich für diesen Sender arbeite. Aber dann musste man ihr sagen: "Adieu, Sie brauchen sich nicht mehr zu schämen", zitierte ihn dpa.
Leser*innenkommentare
W. Höing
Gast
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Sehr geehrte Frau Heidenreich, Sie sollten:
1. Die FAZ veranlassen, Ihre Äußerungen zu T.Gottschalk zu korrigieren, weil Sie das so nicht geschrieben haben
2. MRR verklagen, weil er völlig falsch erklärt hat, dass Sie als die bessere und einzig legitime Laudatorin beim ZDF intrigierten.
Sollte das allerdings nicht möglich sein, weil alles stimmt wie gedruckt, dann haben Sie sich als charakter- und kulturlose Egomanin geoutet.
Pandamaedchen
Gast
Schade, dass MRR sich nicht mit Heidenreich solidarisiert hat, sondern ihr sozusagen in den Rücken gefallen ist und seine treffende Kritik dadurch ein Stück weit entschärft hat.
Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom.
Anders
Gast
Genug den Medienäther verpestet. Ich finde sowohl Elke H. als auch MRR so abgestanden grottenschlecht, dazu gehört auch GaGa - Günther Grass, dass man sie mit Mottenkugeln versehen sollte und ab damit in den schrank. Schade, dass diese Literaturpäpste und -koryphäen ihren Abgang noch medienwirksam zu versilbern verstehen.
Starken Rückenwind!
Egon Jensen
Gast
Soviel zum Thema Meinungsfreiheit. Wenn die Kritik von Frau Heidenreich wirklich neben der Sache läge, könnte man das ja für sich selbst sprechen lassen. Trifft jemand aber einmal den Nerv, dann reagiert man mit Zensur. Das ist ja 'ne tolle Demokratie!
Frank
Gast
Meine Guete.
Was fürn "upp-stand", nur wegen einer unzivilisierten alten Frau. (Mit einer durchaus berechtigten Kritik, wenn es denn mal eine Kritik gewesen wäre, und nicht einfach nur eine Tirade.)
Da jaulte jemand auf, der sich missachtet fühlt. Nun, dafür mag es auch andere - als die von Frau H. angeführten - Gründe geben.
Daher schließe ich mit einem Zitat, welches mir hier bisher am besten gefiel:
"Geschickt gemacht, aber menschlich unsagbar erbärmlich."
Von Jörg: 23.10.2008 21:24 Uhr:
Joachim Bovier
Gast
Ich kann dem ZDF zur Entlassung der Frau Heidenreich nur gratulieren: Man beisst nicht die Hand die einen füttert - Frau auch nicht!
Bobo
Gast
Der Rauswurf der Dame ist konsequent, der Verlust kein großer. Eine eitle Plappertante, die oft genug Mittelmaß in Bestsellerlisten gebracht hat.
Mauri
Gast
Einer Heidenreich in dieser Sache Kalkül vorzuwerfen halte ich für völlig daneben. Und ganz nebenbei: Das ZDF hat tatsächlich mittlerweile ein Niveau erreicht... schnell weg Frau Heidenreich !!!
Robert Büchner
Gast
Elke Heidenreich wird niemand vermissen, der Bücher liebt. Denn, wer Bücher liebt, liest sie und schaut nicht Fernsehen!
ZDF: richtig so!
Bla
Gast
Ich hoffe nun, dass sich noch mehr Kritiker zu Wort melden und wäre dankbar, wenn sie die öffentlich-rechtlichen Sender boykottieren. Es kann nicht sein, dass die hochwertigen Sendungen kurz vor Mitternacht anfangen und sinnlose Soaps und Muskikantenstadlsendungen zur Prime-Time laufen. Man muss auch mal den holprigen Weg nehmen und nicht nur auf die Quoten achten.
Michael Baron
Gast
Ja wo kämen wir denn da hin, wenn jeder öffentlich kundtut, was er von seinem Arbeitgeber hält? Hier zeigt sich die ärmliche Umdeutung des Wertesystems im Neo-Feudalismus in seiner ganzen Armut: Kultur verkauft zu wenig um gefördert zu werden, Geist ist eine Floskel aus dem Wellnessvokabular überspannter Bonzengattinen, Würde ein dubioses Relikt aus der frühen Nachkriegszeit, und Arbeitsplätze - sprich Gehaltszahlungen - verkommen zum Mittel der Bestechung, wenn ein verdammt guter Arbeitnehmer partout sein Maul nicht halten will. Der tapferen Elke ist ein Medien-Forum zu wünschen, in dem sie nach Herzenslust ablästern darf, ohne von irgendwelchen verkrampften Leisepupsern geschasst zu werden. Ich würde mir jede Sendung 'reinziehen!
vic
Gast
Schade drum. Heidenreich und "Lesen!" war eine Bereicherung und das war ihr Verdienst.
Ich habe die Sendung leider nicht oft gesehen (der Sendetermin!) aber gerne.
Jack Salinger
Gast
Den Titel der abgesetzten Sendung kann man bei der Programmqualität des Fernsehens durchaus als Empfehlung nehmen: "LESEN"!!!!!!
Elvenpath
Gast
Die die Situation der Öffentlich-Rechtlichten ist ähnlich wie die im Radsport:
Durch und durch verseucht. Nestbeschmutzer werden kalt gestellt, Mitarbeiter und Verantwortliche leben meist in einer Parallelwelt.
So long...
Jörg
Gast
Ach, die Sache sieht doch ganz einfach aus: "Lesen" hatte a) schlechte Quoten und b) weder im Feulleiton noch bei irgendeiner Form der Kritik irgendeine Relevanz. Aber eins von beiden, also Quote oder Relevanz muss man eben auch beim ZDF haben.
Es war absehbar, dass die Sendung nächstes Jahr nicht mehr im Programm gewesen wäre, zumindest nicht in dieser Form. Das wusste auch Frau Heidenreich. Also nutzte sie die günstige Gelegenheit, das ZDF zu beschimpfen, um sich jetzt als armes Opfer stilisieren zu können, das man gefeuert hat, weil sie ihre Meinung gesagt hat (tatsächlich war es weniger eine Meinungsäußerung als vielmehr eine krude Beschimpfung).
Geschickt gemacht, aber menschlich unsagbar erbärmlich.
Justus
Gast
Ich wundere mich, dass das ZDF sie überhaupt entlassen DARF aus so einem Grund. Es handelt sich beim ZDF ja nicht um ein privates Unternehmen, sondern um eine staatliche Institution. Insofern kann es doch garnicht sein, dass ein Mitarbeiter einfach aufgrund einer Meinungsäusserung - und sei sie auch noch so verletzend - entlassen werden darf. Ich bin kein Jurist, aber das scheint mir nicht mit den Prinzipien einer Demokratie vereinbar zu sein. Ein ziemlicher Skandal.
Lilly
Gast
Frau Heidenreich "schämt" sich, beim ZDF zu arbeiten, weil ihr die Qualität des Senders nicht zusagt. Nun arbeitet sie nicht mehr beim ZDF. Damit müßte ihr - aller Logik nach - geradezu ein Gefallen getan worden sein, und es dürfte eigentlich gar kein Grund zur allgemeinen Aufregung bestehen.
balkowski
Gast
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ihre überschrift spricht für sich. vielleicht wäre frau heidenreich ja besser in der anstalt geblieben.
jens
Gast
nun ist der kinderspielplatz für die großen kinder wohl eröffnet und jeder ist mal eingeschnappt und schuld an allem sind immer die anderen.
erwachsene menschen könnten ja kritiken annehmen und sogar von ihnen lernen, wenn sie es nur wollten.
ich glaub ganz vergessen wird hier das publikum, für das die rechtlich öffentlichen sender senden und von dem sie auch mit bezahlt werden.
oder ist mir da etwas entgangen?
mfg jens
Fritz Teich
Gast
Danke ZDF!
Wärter
Gast
"Heidenreich aus Anstalt entlassen"
Es ist schön, dass Frau Heidenreich entlassen werden konnte, aber ich hatte gar nicht mitbekommen, das sie eingewiesen wurde...
Ein bißchen mehr Vorsicht beim Schreiben von Überschriften wäre evtl. angebracht.
Olaf Müller
Gast
Olaf Müller trennt sich vom ZDF!
Auf Grund der Nachricht: "ZDF trennt sich von Elke Heidenreich" habe das ZDF von meinem SAT- Receiver gelöscht.
Olaf Müller, Bonn
raven S. Mursch
Gast
statt reichlich kultur
reichlich kultursatt
Wenn sich das
heiden-reich
und das reich „ranicki“
in hohn und spott
einander zugesellen
wird die deutsche
medienwelt
zwar in frage gestellt
aber so ein spot-light
hat noch nie gereicht
um den ganzen bühnenraum
mit licht zu erfüllen
es hat noch nie lautes brüllen
dahin geführt
das reichlich dummdeutsche
führer ihrer kulturarmut
überführt werden
denn an deutschen
kneipenthresen
wird nur boulevard
gelesen
daran wird die welt
zum glück nicht genesen
und im tv-umfeld
gibt`s immer einen
aller-allerletzten
der das bischen
spott-licht ausstellt......
r a v e n ( s. mursch, 21107 hamburg )
E.
Gast
Öhm, hier ist einigen Kommentatoren glaub ich nicht klar was genau der Unterschied zwischen Kritik und Beleidigung ist.
Und wenn die Dame sagt, sie schäme sich fürs ZDF zu arbeiten - dann wäre es eher sehr dumm das zu schlucken. Und ich würde offengesagt auch mit niemanden mehr öffentlich reden wollen der ich öffentlich derart angeht, da muss ich - und das ist wirklich bitter - dem Herrn Gottschalk recht geben. Immer an Kästner denken und niemals vom Kakao trinken durch den man gezogen wird.
Und ehrlich: das einzig verblüffende an der Meldung ist doch, dass Heidenreich überhaupt noch im Fernsehen war.
dernoergler
Gast
Nun haben sie es also doch gewagt, "Lesen!" ganz abzusetzen, "an einem Nachfolgekonzept für 2009 [wird bereits] gearbeitet". Seien wir mal gespannt, ob da überhaupt noch etwas kommt...
Bis dahin ist das Ende Elke Heidenreichs, dass eher wie eine Kündigung denn wie ein Rausschmiss wirkt, eine weiterere Depravation in der permanenten Dekadenz der Massenmedien.
Chris
Gast
Tja, wer sich traut, den Mund aufzumachen, wird einfach beseitigt. Soviel zur Meinungsfreiheit. Diese zählt wohl in der Wirtschaft nicht.
Leberwurst
Gast
Auf Kritik reagiert man beim ZDF wie die
sprichwörtlich gewordene beleidigte Leberwurst.
Die Fürsten vom Lerchenberg, sie regieren nach
Gutsherrenart. Das hat sich bewährt.
Diskussionen geht man aus dem Weg.
Eine Zensur findet nicht statt.