Umgang mit Daten: Akten auf Rädern

Die Landesbank verschickt sensible Daten mit Privatunternehmen, das Land setzt auf Dienstleister wie den Essenlieferanten Menütaxi. Die Opposition will nun prüfen, ob Behördenpost da sicher ist

In so einem Paketstapel kann schon mal etwas verloren gehen - was besonders bei sensiblen Daten folgenreich sein wäre. Bild: AP

Vor ein paar Tagen klingelte ein Essen-Bringdienst an der Kanzlei von Strafverteidiger Carsten Hoenig in Kreuzberg - ohne dass er etwas bestellt hatte. Doch Hoenig bekam auch gar kein Essen auf Rädern, sondern ein Paket mit Akten aus dem Amtsgericht Tiergarten zum Verfahren gegen einen seiner Mandanten. Das Unternehmen mit dem Namen Menütaxi liefert im Auftag des Senates alle Pakete von Behörden innerhalb Berlins aus. Nach dem Datenskandal bei der Landesbank machen sich jetzt Abgeordnete der Opposition Sorgen um die Sicherheit dieser Pakete.

Das Hauptgeschäft der Firma Menütaxi mit dem Slogan "Wir bringen es heiß auf den Tisch" ist die Essenslieferung an Schulen, Kitas und Altenheime. Daneben stellt Menütaxi rund 45.000 Behördenpakete pro Jahr zu und erhält dafür vom Land 89.555 Euro - rund 2 Euro pro Paket. Das Unternehmen macht so rund ein Prozent seines Gesamtumsatzes von 8,8 Millionen Euro im Jahr 2007. Außerdem liefert Menütaxi die Post, die sich die Behörden untereinander schicken. Für den Rest der Behördenpost - vor allem für Briefe an Privatadressen - ist Pin zuständig. Menütaxi und Pin hatten bei der europaweiten Ausschreibung alle anderen Konkurrenten unterboten.

Auch besonders sensible Unterlagen kommen per Menütaxi. Rechtsanwalt Hoenig erhielt zum Beispiel Ermittlungsakten von der Staatsanwaltschaft. Solche Akten werden in der Regel im Original geliefert. "Wenn das Paket verloren geht, ist das Ermittlungsverfahren gefährdet", sagt Hoenig. Und nicht immer erhält er die Post mit der notwendigen Sorgfalt: "Es ist schon vorgekommen, dass ein anderer Zustelldienst mir eine Lieferung nicht persönlich gegeben hat, sondern sie auf die Treppe im Hausflur gelegt hat, wo es jeder mitnehmen konnte."

Die Abgeordneten der Opposition wollen das Geschäft zwischen Senat und Menütaxi nun genau unter die Lupe nehmen. Der CDU-Abgeordnete Peter Trapp, Vorsitzender des Innenausschusses, hält es für "bedenklich", solche Aufträge nach dem alleinigen Kriterium des günstigsten Preises zu vergeben. Es müsse "auch eine gewisse Garantie geben, dass alle Mitarbeiter die nötige Qualifikation haben und die Sicherheitsstandards einhalten". Ob das beim Menütaxi der Fall ist, will er jetzt im Abgeordnetenhaus klären. Menütaxi beschäftigte im Jahr 2007 durchschnittlich 704 Arbeitnehmer - davon nur 219 Festangestellte, der Rest sind 400-Euro-Jobber.

Auch Benedikt Lux (Grüne), Mitglied im Datenschutz-Unterausschuss, will nun in den Vertrag zwischen dem Land Berlin und Menütaxi Einblick nehmen. Zentrale Fragen für ihn: "In welcher Weise werden Arbeitnehmer auf das Briefgeheimnis und den Datenschutz hingewiesen? Gibt es eine Pflicht, beim Verlust eines Paketes sofort den Absender und den Empfänger zu benachrichtigen?" Es komme jetzt darauf an, "aus dem Datenskandal bei der Landesbank die richtigen Lehren zu ziehen".

Für den FDP-Abgeordneten Björn Jotzo gilt: "Besonders genau muss man bei den Subunternehmern hinschauen. Etwa, wie deren Mitarbeiter über das Briefgeheimnis und den Datenschutz unterrichtet werden." Menütaxi arbeitet laut seiner Website bei der Postzustellung "mit etlichen kleinen und mittelständischen Postdienstleistern zusammen und ist für weitere Kooperationen aufgeschlossen".

Um die Zuverlässigkeit von Menütaxi zu prüfen, musste das Unternehmen beim Land umfangreiche Unterlagen abgeben. "Das haben wir sehr dezidiert geprüft", sagt Anja Nabe-Broy vom Landesverwaltungsamt. Die Zustellung laufe "sehr gut".

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