Hessischer SPD-Abgeordnete Yüksel: "Koch hetzt nur aus Taktik nicht"

Ministerpräsident Koch habe in seiner Amtszeit immer wieder auf dem Rücken der Einwanderer Politik betrieben, kritisiert der türkischstämmige SPD-Abgeordnete Yüksel.

"Politik auf dem Rücken von Einwanderern": Roland Koch mit Kind mit Migrationshintergrund. Bild: dpa

taz: Herr Yüksel, Sie sind der erste Türkischstämmige, der im April 2008 für die SPD den Sprung in den Landtag geschafft hat. Wie bitter ist es für Sie, nach nur sieben Monaten eventuell wieder rauszufliegen?

Turgut Yüksel: Das wäre schon sehr bitter. Nur wenig von dem, was ich mir vorgenommen hatte, habe ich bisher auch nur ansatzweise zu Ende bringen können. Ich musste erst einmal lernen, mich zurechtzufinden. Nun ist schon wieder Wahlkampf - und das bei dieser Kälte!

Sind Sie denn auf der Landesliste abgesichert?

Ich kandidiere auf Listenplatz 28. Damit ich wieder drin bin, müssen wir am 18. Januar knapp 27 Prozent bekommen. Ich gehe von 30 Prozent plus x aus. Ich will aber ohnehin das Direktmandat in meinem Frankfurter Wahlbezirk holen. Beim letzten Mal lag ich nur rund 1.000 Stimmen hinter dem CDU-Kandidaten. Dieses Mal werde ich die Nase vorn haben.

Sie sind bereits seit mehr als zehn Jahren ein bekannter Stadtverordneter in Frankfurt. Generell sind aber nach wie vor wenige Einwanderer in den etablierten Parteien aktiv. Mangelt es ihnen an Ausdauer? Oder sind die Ressentiments gegenüber Einwanderern noch immer so groß?

Beides ist richtig. Man muss schon einen langen Atem haben, um in den Parteien mit ihren festgefügten Strukturen nach vorn zu kommen. Das ist meine Erfahrung. Zugleich wissen selbst die Parteistrategen der CDU, dass sie nur dann eine Zukunft haben, wenn es ihnen gelingt, vor allem junge Menschen mit Migrationshintergrund einzubinden. In einer Stadt wie Frankfurt etwa haben mehr als 50 Prozent der unter 18-jährigen Kinder einen Migrationshintergrund. Die sind unsere Zukunft.

Zehn Jahre Roland Koch. Waren das - mit Blick auf die Integration - verlorene Jahre?

Ja. Koch hat in seiner Amtszeit Politik immer wieder auf dem Rücken von Einwanderern gemacht. Ich erinnere nur an die Kampagnen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und gegen angeblich gewalttätige ausländische Jugendliche. Das war schäbig. Dass seine Hetzkampagnen bei der Bevölkerung zuletzt nicht so gut ankamen, ist ein Hoffnungszeichen. Koch sagt jetzt nichts mehr dazu. Aber ich bin mir sicher: Er schweigt nur aus taktischen Gründen. Dazu gelernt hat er nichts.

Wie sieht die Integrationspolitik der SPD aus?

In der sehr kurzen Legislaturperiode haben wir in der Fraktion bereits eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe Integration ins Leben gerufen und Einwandererverbände zu einer Anhörung geladen. Denn eins geht ganz sicher nicht: Integrationspolitik über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu machen. In der neuen Legislaturperiode werden wir einen neuen Anlauf nehmen zur Durchsetzung des kommunalen Wahlrechts für alle Ausländer - nicht nur für die aus der Europäischen Union. Zudem werden wir eine Integrationsoffensive starten, vor allem im Bildungssektor, aber auch zur Verbesserung der Situation eingewanderter Frauen.

Braucht Hessen ein Integrationsministerium?

Integrationspolitik ist eine Querschnittsaufgabe für alle Ressorts. Aber ich bin auch für eine zentrale Steuerung der vielen Aufgaben. Ich kann mir sowohl ein Integrationsministerium vorstellen als auch eine Abteilung Integrationspolitik, die in der Staatskanzlei angesiedelt ist.

INTERVIEW: K.-P. KLINGELSCHMITT

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