EU-Kinderbetreuung: Tschechen wollen Frauen am Herd

Tschechiens EU-Ratspräsidentschaft will die EU-Ziele für bessere Kinderbetreuung aufweichen. Günstig für von der Leyen - denn Deutschland ist weit von den EU-Zielen entfernt.

Kochen, backen, Kinderhüten: Damenkarriere nach Geschmack der tschechischen Regierenden. Bild: ap

Auf dem EU-Kongress 2002 in Barcelona hatten noch alle europäischen Staaten zugestimmt. Ausreichend Kinderbetreuungsplätze bis 2010 sollten jungen Müttern den Wiedereinstieg ins Berufsleben erleichtern. Jetzt droht dieses Ziel verwässert zu werden. Der tschechischen Regierung, die seit Beginn des Jahres die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, scheinen Kinderbetreuung außer Haus und damit gleiche Chancen für Frauen in der Arbeitswelt nicht so wichtig zu sein.

Statt auf die Einhaltung der so genannten Barcelona-Ziele zu pochen, setzt die tschechische Regierung auf Kinderbetreuung durch die Eltern. In ihrem Arbeitsprogramm für die kommenden Monate ihres EU-Vorsitzes betont die tschechische Regierung die Wichtigkeit der häuslichen Kinderbetreuung als Alternative zur Karriere.

EU-Parlamentarierin Hiltrud Breyer (Grüne), die im Ausschuss des Europaparlaments für die Rechte der Frau und Chancengleichheit sitzt, befürchtet, dass die Barcelona-Ziele unter der tschechischen Ratspräsidentschaft aufgegeben werden. Bereits 2002 hatten sich die EU-Staaten in Barcelona darauf geeinigt, bis 2010 für mindestens 90 Prozent aller Kinder im Vorschulalter und für mindestens 33 Prozent aller Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zu schaffen. In Deutschland wurden diese Ziele nach Angaben des Statistischen Bundesamts im März 2008 nur zum Teil erreicht.

Zwar sind Kinder im Vorschulalter schon jetzt ausreichend mit Betreuungsplätzen versorgt. 91 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen können in den Kindergarten gehen, wenn ihre Eltern das wollen. Bei jüngeren Kindern ist die Vorgabe aber noch längst nicht erfüllt. Gerade mal 18 Prozent der Kinder unter drei Jahren bekommen einen Platz in der Krippe. In einem Jahr sollen es gemäß der Selbstverpflichtung der EU-Statten knapp doppelt so viele sein. Gerade der Mangel an Krippenplätzen hält junge Frauen davon ab, nach der Geburt eines Kindes wieder voll ins Berufsleben einzusteigen. Je länger die Babypause gerate, umso schwerer falle es den Frauen, nach einer Schwangerschaft den Anschluss im Job zu finden, so Breyer. Auch in anderen EU-Ländern droht die fristgerechte Bereitstellung von ausreichend Kindergarten- und Krippenplätzen an der zu langsamen Umsetzung der Ziele zu scheitern.

"Für die Bundesregierung bedeutet dies den Lackmustest, wie ernst es ihr mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist", so Breyer. Sie fordert, dass sich die Bundesregierung im Europarat klar für die Beibehaltung der Barcelona-Ziele einsetzt.

Ob sich Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) dafür engagieren wird, ist jedoch fraglich. Schließlich hatte sie sich zur Aufstockung der Kinderbetreuungsplätze in Deutschland eine längere Frist eingeräumt, als von der EU vorgesehen. Geht es nach dem Beschluss des Bundesfamilienministeriums, soll es in Deutschland erst ab 2013 für 35 Prozent der unter dreijährigen Kinder Krippenplätze geben. Wie ein Ministeriumssprecher mitteilte, sei dieser Stichtag aufgrund des hohen Nachholbedarfs in der Kinderbetreuung in Westdeutschland realistischer als die Frist der EU.

Wenn die Barcelona-Ziele wegfielen, würde dies von der Leyen ins Konzept passen. Denn dann bliebe ihr die Blamage erspart, 2010 zugeben zu müssen, dass Deutschland die Barcelona-Ziele nicht erreicht hat.

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