Polizist nach Todesfall bei G-20-Demo suspendiert: Uniformierter Schläger

Der britische Polizist, der den verstorbenen Ian Tomlinson während der G-20-Demonstration in London geschlagen hat, ist suspendiert. Vernommen wurde er aber noch immer nicht.

Schon vorher wurde das Opfer geschlagen: Ausschnitt aus dem Video, das die Zeitung "Guardian" veröffentlichte. Bild: dpa

LONDON taz Der Polizist, der Ian Tomlinson auf der G-20-Demonstration am 1. April in London zweimal zu Boden gestoßen und mit einem Schlagstock traktiert hat, ist vom Dienst suspendiert worden. Vernommen worden ist er bisher aber ebenso wenig wie seine Kollegen, die der Attacke zugesehen hatten. Tomlinson starb wenige Minuten nach dem zweiten Angriff an einem Herzinfarkt. Der 47-Jährige war auf dem Nachhauseweg von seiner Arbeit als Zeitungsverkäufer in die Proteste gegen den G-20-Gipfel geraten.

Er hatte weder an der Demonstration teilgenommen noch die Polizei provoziert. Das geht aus Zeugenaussagen und einer Videoaufzeichnung hervor, die ein New Yorker Bankmanager am Dienstag dem Guardian übergeben hat. Durch eine zweite Obduktion will man nun herausfinden, ob Tomlinsons Leiche Hämatome aufweist, die durch einen Schlagstock hervorgerufen sein könnten. Anfang der Woche hatte der Unabhängige Beschwerdeausschuss der Polizei erklärt, dass Tomlinsons Körper keinerlei Prellungen am Kopf oder den Schultern aufwies. Nicht nur auf dem Guardian-Video, sondern auch auf einer zweiten Filmaufnahme von Channel 4 ist deutlich zu sehen, dass der Polizist auf Tomlinsons Beine schlug.

Der Beschwerdeausschuss hatte die Untersuchung zunächst Scotland Yard übertragen. Brian Paddick, früher ein hochrangiger Scotland-Yard-Beamter und Londoner Bürgermeisterkandidat der Liberalen Demokraten, verlangte, dass die Polizei von dem Fall abgezogen wird. "Sollte herauskommen, dass es eine Verbindung zwischen dem Angriff des Polizisten und Tomlinsons Herzinfarkt gibt, dann könnte der Beamte wegen Totschlags angeklagt werden", sagte er. Darauf stehe als Höchststrafe "lebenslänglich". Der Beschwerdeausschuss nahm den Fall jedoch erst an sich, nachdem das Video veröffentlicht worden war. "Von unserer Seite hat es weder eine Verleugnung der Attacke noch einen absichtlichen Versuch der Verschleierung gegeben", sagte ein Sprecher des Ausschusses. Die Tatsachen sehen anders aus. Der Ausschuss hatte anfangs betont, dass die Familie mit der Polizeiarbeit zufrieden sei. Als der Guardian von Tomlinsons Angehörigen ganz andere Aussagen erhielt, untersagte ihm der Ausschuss den Kontakt zur Familie für 48 Stunden. Und nachdem die Zeitung das Video veröffentlicht hatte, tauchten Mitglieder des Ausschusses in der Redaktion auf und verlangten, dass die Aufnahmen von der Website genommen werden.

Das Gerücht, dass Tomlinson betrunken gewesen sei, wurde vermutlich von der Polizei lanciert. Die Beamten, die Erste Hilfe leisteten, wollen Alkohol gerochen haben. Tomlinson, neunfacher Vater, der von seiner Familie getrennt lebte, habe ein Alkoholproblem gehabt, aber an dem Tag, an dem er starb, sei er nüchtern gewesen, sagt Barry Smith, der mit ihm Zeitungen am Fish Street Hill verkaufte. "Er war fit", sagt Smith. "Ich glaube, es war der Schock wegen der Attacke, der den Herzinfarkt auslöste."

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