Film von Brian De Palma zum Irak-Krieg: Zorn in Bildfetzen

Multiperspektivisch, pseudodokumentarisch, wütend: Mit verschiedensten Stilmitteln schafft Brian De Palma einen Film, der den Krieg und auch die Medien kritisiert.

Brian De Palmas Film lässt den Krieg fast live miterleben. Bild: dpa

In einer Fiktion, die dokumentarisch tut, stellt Brian De Palma in "Redacted" das Mittendrinsein im Krieg nach. Irak, Samarra, eine US-Einheit, die Straßen abriegelt. Ein Soldat namens Angel Salazar (Izzy Diaz), der nach dem Krieg zur Filmschule möchte, zeichnet mit der Videokamera die Dialoge seiner Kameraden auf. Dies ist eine Perspektive des Films, der viel unternimmt, sich den Anschein des Multiperspektivischen zu geben. So gibt es, als anderes Material, einen Pseudo-Dokumentarfilm, der eine Straßensperre in Samarra zeigt. Unterlegt ist dieses mit dem Kommentar einer weiblichen Stimme versehene Bildmaterial mit Händel-Musik, die direkt auf Stanley Kubricks Klassiker "Barry Lyndon" verweist. Dazu kommen Videos auf unterschiedlichen Internetplattformen sowie, am Ende, dann doch noch authentische Bilder, auf denen Opfer von US-Schreckenstaten zu sehen sind.

Brian De Palma legt, mit anderen Worten, viele Spuren. Auf den ersten Blick sieht es aus, als zielte er auf den Eindruck des Fragmentarischen. Wie wenig das der Fall ist, zeigt sich exemplarisch bei einem tödlichen Vorfall an der US-Straßensperre. Ein irakisches Auto hält trotz mehrfacher Aufforderung nicht an, einer der US-Soldaten eröffnet das Feuer und trifft eine schwangere Frau. Aus der Händel-Musik-Perspektive blendet "Redacted" ab, sobald die Frau zum nächsten Krankenhauses abtransportiert wird. Wie es weitergeht, ist dann auf den Bildern eines arabischen Pseudo-Fernsehkanals zu sehen. Die Frau und ihr ungeborenes Kind sterben, eine Fernsehreporterin kommentiert.

Damit ist die Szene noch nicht beendet. Es geht zurück zur Videokamera des US-Soldaten Salazar, der seine Kameraden zum Vorgefallenen befragt. Der Schütze, ein Mann namens Reno Flake (Patrick Carroll) macht sich darüber nur lustig. Er und sein unterbelichteter Kumpel B. B. Rush (Daniel Stewart Sherman) sind die White-Trash-Schurken des Films. Beim zentralen Vorfall, einem Doppelmord inklusive einer Vergewaltigung sind sie die bestialischen Übeltäter. Auch De Palma hält lange die Kamera drauf, bei grünlichem Nachtsichtlicht bekommen wir viel zu viel von dem Vorfall zu sehen.

De Palma - auch Autor des Drehbuchs - erklärt die Untaten des Kriegs in erster Linie sehr grob soziopsychologisch. Sein eigentliches Scheitern liegt darin, dass es ihm nicht gelingt, im Hin-und-her-Springen zwischen den Bildern und Blickwinkeln seine Darstellung zu einem vollständigeren Bild zu erweitern. Ganz im Gegenteil wird immer unklarer, wo der Film selbst eigentlich steht, ob er erklären, verurteilen oder doch eine Satire oder Metareflexion auf die Bilder, die die Medien zum Krieg produzieren, sein will. In Wahrheit tut er und ist er von allem ein bisschen, geht nicht weit genug in Richtung Kritik, tut halbherzig dokumentarisch und geht in den eigenen Bildern dann doch wieder zu weit. In seinen Meisterwerken bringt De Palma die Bilder selbst zum Denken. Davon kann in "Redacted" schwerlich die Rede sein. Bildsorten und Bildfetzen kommentieren sich nicht, sondern sind verquirlt zu einem richtungslosen Durcheinander, aus dem zwar die Wut des Regisseurs spricht - nur etwas, das über Vereinfachungen hinausginge, sagen sie nicht.

Wie bisher alle Irakkriegsfilme war auch Brian De Palmas "Redacted" in den US-Kinos ein Flop. In Deutschland kommt er nun, eine Präsidentenwahl und einen gewaltigen Stimmungsumschwung später, gar nicht ins Kino, sondern erscheint gleich auf DVD.

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