piwik no script img

Zeitschriftensterben geht weiterInterviewmagazin "Galore" eingestellt

Das einstige Interviewmagazin "Galore" änderte seine Konzept in den vergangenen Jahren verdächtig oft. Nun wird die Printausgabe eingestellt - und das auf die Krise geschoben.

Soll weiterleben: www.galore.de. Bild: Screenshot www.galore.de

Voriges Jahr feierte das Interviewmagazin Galore Fünfjähriges. Und das WDR-Kulturmagazin "westart" feierte mit: Während viele Magazine um ihre Existenz kämpften, so "westart", habe Galore seine Auflage sogar gesteigert. Toll. Stimmte bloß nicht ganz. Auch Galore kämpfte da längst ums Überleben, bis jetzt. Am 11. Juni erscheint das letzte Magazin auf Papier, danach nur noch im Internet.

Als Begründung darf mal wieder die Krise herhalten: Das Ende komme infolge der "ungünstigen Entwicklung im Anzeigengeschäft und der allgemein misslichen Wirtschaftslage", so der Dortmunder Dialog-Verlag (Visions). Dabei gingen dem einzigen Interviewmagazin des Landes vor allem die Leser flöten.

Ein Heft mit Gesprächen, sonst nichts, das war der Plan damals, 2003. Der ging zunächst auch auf: Die erste Ausgabe war ein 250-Seiten-Wälzer mit 40 Interviews, vielen Fotos. Alle Vierteljahre kam ein neues Heft. Aber man wollte mehr, erschien bald zweimonatlich, bald monatlich, bald zu monatlich, um die Qualität und die Startauflage von laut Verlag rund 50.000 verkauften Heften zu halten.

Mit einem Relaunch Anfang 2008 wurde die Idee dann gänzlich verwässert: Das Kulturjournal public, das Galore eine Zeit lang als Anzeigenköder beilag, wurde ins Heft eingebaut; aus dem Interviewmagazin wurde ein Kulturmagazin mit Interviews, das seit Kurzem wieder zweimonatlich am Kiosk liegt. Mit Gratis-DVD. Ein untrügliches Zeichen, dass es bergab ging. Zuletzt verkaufte man kaum 20.000 Hefte. Zu wenig.

Auf galore.de soll nun ein Interviewportal entstehen. Mit 900 alten Interviews, zu denen täglich ein neues hinzukommen soll. Eine kostenlose Fundgrube für Fans und Journalisten. Das Geld dafür muss wohl aus dem sich ungünstig entwickelnden Anzeigengeschäft kommen. ROS

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • SD
    Susanne Dinse

    Für mich war die GALORE immer ein besonderes Magazin, eines mit Alleinstellungsmerkmal. Das es nicht Hunderttausende von Lesern hatte, wundert mich nicht. Man musste ja schließlich viel lesen und dabei denken. Das die TAZ jetzt der am Boden liegenden GALORE mit diesem Artikel nochmal in den Rücken tritt, finde ich traurig. Ich habe in den letzten Jahren viele TAZ-Anzeigen in der GALORE und umgekehrt entdeckt, eigentlich müssten die Magazine doch befreundet gewesen sein. Warum jetzt so unnötig böse, TAZ?

     

    Susanne Dinse

  • C
    Christoph

    Sollte sich mal mit seiner Marketingabteilung unterhalten. Nur weil er seinen Arsch bei nem gefestigten Traditions-Verlag vorerst ins Trockene gebracht hat, sollte er nicht glauben, daß sich die TAZ aufgrund seiner Artikelchen wie geschnitten Brot verkauft. Schön aufs Grab gepisst! Respekt!

  • B
    Bernd

    "dem einzigen Interviewmagazin des Landes"

     

    Nicht ganz. Es gibt ein weiteres sehr gutes Interviewmagazin in Deutschland, das Ein-Mann-Projekt "Mono.Kultur": http://www.mono-kultur.com/, wobei sich das durch die qualitativ sehr hochwertigen und langen Interviews an ein anderes Zielpublikum richten dürfte.