Jugendschutzverein warnt: Verdirbt taz.de unsere Jugend?

Schwarze Liste: Der Verein JusProg warnt Minderjährige vor taz.de - und vor den Jusos und Blogs wie Spreeblick. Dahinter steht ein Erotikportal.

Vorsicht! Sind Sie schon 18? Bild: screenshot: taz.de

BERLIN taz | Die Website taz.de ist auf der Negativliste gelandet. Auf der Negativliste des Vereins JusProg, dessen Filtersoftware jugendgefährdende Inhalte von Minderjährigen fernhalten soll. Mit darauf stehen auch telepolis.de, das Blog spreeblick.de, die Homepage des AK Vorrats und das "Chaos Radio" des Chaos Computer Clubs. Alles Seiten ohne ein Überangebot an Oben-Ohne-Bildern, Bombenbastelanleitungen und grausamen Kriegsszenarien.

Doch bei Einstufung von JusProg finden sich auch noch andere Überraschungen. So wird der Konsum der Grünen-Homepage erst ab 14 empfohlen. Die Seite der SPD-Jugendorganisation jusos.de und des CDU Ortsverbandes cdu-neuss.de sind auf der schwarzen Liste gelandet, die Einstufung von cdu.de und spd.de wird "gegenwärtig geprüft", wie auf der Suchmaske von jugendschutzprogramm.de zu lesen ist.

Stefan Niggemeiers Bildblog.de ist laut JusProg erst für Surfer ab 16 geeignet. Bild.de hingegen, die Seite, deren Inhalte bildblog nachrecherchiert und für nackte Brüste ihrer Seite eins-Mädchen populär ist, wird vom Programm JusProg als "unbedenklich" eingestuft. Pikantes Detail: bild.de ist offizieller Unterstützer von JusProg.

Auf Anfrage der taz teilte JusProg mit, dass die Einstufung von bild.de und bildblog.de derzeit überprüft würde - genauso wie die der taz.de. Welche genauen Kriterien bei der Beurteilung der Webseiten angelegt wurden, wollte JusProg nicht angeben - weil diese extrem umfangreich und komplex seien. Der Gesprächspartner lehnte es ab, namentlich zitiert zu werden, blieb die Beantwortung einer schriftlichen Anfrage jedoch bis zum Redaktionsschluss der taz schuldig.

Auch auf der Homepage jugendschutzprogramm.de fehlt ein Kriterienkatalog - außer dem Verweis, dass JusProg auf Basis der internationalen Filtersoftware ICRA basiert. "Unsere Jugendschützer bewerten die Webseiten sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen", heisst es dort. Wenn eine Seite fälschlicherweise auf der Liste gelandet sein sollte, kann per Onlineformular Beschwerde dagegen eingelegt werden.

Ungenau beantwortete der Verein JusProg telefonisch auch, wer genau die zu sperrenden Websites prüft: Von einer Filtersoftware und selbst ausgebildeten Mitarbeiter war die Rede. Gelegentliche Fälle von "Overblocking" würden derzeit geprüft.

Hinter dem gemeinnützigen Vereins JusProg/jugenschutzprogramm.de stehen mehrere Erotikportale. So ist der Vorsitzende des Vereins Jusprog, Mirko Drenger, hauptberuflich als Geschäftsführer des Erotikportals fundorado.de tätig - eine Tochtergesellschaft des Erotikversands Orion und des Onlineanbieters Freenet.

Folgerichtig finden sich unter den Förderern von JusProg neben Freenet und Orion auch die Erotik- und Sexbetriebe Coupé, Beate Uhse und Praline. Kein Grund für die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), JusProg nicht als Filtersystem zu einem Modellversuch zuzulassen.

Heisst konkret: JusProg könnte als erster Filter von staatlichen Jugendschützern anerkannt werden. Angesichts der Tatsache, dass selbst die Websites politischer Parteien unterschiedlich bewertet werden, bleibt abzuwarten, ob die KJM JusProg auszeichnen wird.

In der Blogosphäre hat JusProg für wütende und sarkastische Reaktionen gesorgt. Geheime Kriterien für kinderschützende Sperrlisten: Für viele zeigen sich hier, wie akut die Bedrohung unkontrollierter Sperrlisten ist - gerade wenn es sich dabei nicht um eine freiwillige Jugendschutzsoftware handelt, sondern um Sperrlisten des BKA im Kampf gegen Kinderpornografie im Internet.

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