: Bush empfiehlt China Taiwan als Vorbild
Zu Beginn seiner achttägigen Asienreise ruft der US-Präsident von Japan aus die Volksrepublik zu politischen Reformen auf und fordert Religionsfreiheit. Er übt auch Kritik an Birma und Nordkorea. Keine Einigung mit Tokio im Rindfleischstreit
AUS TOKIO MARCO KAUFFMANN
US-Präsident Georg W. Bush forderte am Mittwoch von der chinesischen Regierung, den „legitimen Forderungen der Bürger nach Freiheit und Offenheit“ nachzukommen. „Chinas Führer können so helfen, dass ihr Land zu einer modernen, blühenden und zuversichtlichen Nation wächst“, sagte Bush zum Auftakt seiner achttägigen Asienreise in der japanischen Stadt Kioto. Der US-Präsident reiste gestern Abend weiter nach Südkorea zu dem Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (Apec). Am Samstag wird er in Peking erwartet, danach in der Mongolei. In Japan kam es nur zu kleineren Protestveranstaltungen gegen Bush.
In seiner Rede zu den amerikanisch-asiatischen Beziehungen lobte Bush Taiwan, das den Übergang von der Repression zur Demokratie erfolgreich vollzogen habe. „Das Volk lebt in Wohlstand in einer freien chinesischen Gesellschaft.“ Wenig überraschend reagierte China verärgert, das Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet. Sein Land dulde keine Einmischung in innere Angelegenheiten, empörte sich Außenminister Li Zhaoxing laut der Nachrichtenagentur AFP. Taiwan sei untrennbarer Teil Chinas. Die „Ein-China-Politik“, derzufolge Peking für Festlandchina und Taiwan spricht, stellte Bush allerdings nicht in Frage.
Wenig Rücksicht auf Pekings Empfindlichkeiten hatte der US-Präsident bei der Vorbereitung seiner achttägigen Asientour genommen. Er lud den Dalai Lama zum Tee ins Weiße Haus ein. Peking betrachtet das geistliche Oberhaupt der Tibeter als Aufwiegler. Der US-Präsident, der in Kioto mit Japans Ministerpräsident Junichiro Koizumi einen buddhistischen Tempel besuchte, mahnte in seiner anschließenden Rede explizit zur Religionsfreiheit in China. Die Bürger wollten ihren Glauben ohne staatliche Kontrolle ausüben, „die Bibel und andere heilige Texte drucken“, ohne Furcht bestraft zu werden.
Vor einer Woche war ein protestantischer Pfarrer, der religiöse Schriften vertrieben hatte, zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Wenn China seine Wirtschaft reformiere, meinte Bush weiter, „wird es feststellen, dass die Tür zur Freiheit, wenn sie nur einen Spalt geöffnet ist, nicht mehr geschlossen werden kann“.
In seiner Tour d'Asie streifte Bush auch Nordkorea und Birma, die im Unterschied zu China nicht einmal erste Schritte zur Freiheit unternommen hätten. Satellitenbilder zeigten in Nordkorea „Gefangenenlager von der Größe ganzer Städte“. Das Streben der Regierung in Pjöngjang nach Atomwaffen bedrohe die Stabilität in Nordostasien. Bush verzichtete jedoch diesmal darauf, Machthaber Kim Jong Il als „Tyrannen“ zu bezeichnen, und lobte Chinas Vermittlungsbemühungen. In Birma, so der US-Präsident weiter, lebten die Menschen in der Dunkelheit der Tyrannei, doch leuchte das Licht der Freiheit in ihren Herzen.
Die Allianz der USA zu Japan umschrieb Bush als Säule der Stabilität und Sicherheit in Asien. Ministerpräsident Junichiro Koizumi schmeichelte er mit der Bezeichnung als „einer meiner besten Freunde in der internationalen Gemeinschaft“. Dennoch gelang es den beiden Spitzenpolitikern während ihres 90-Minuten-Gesprächs nicht, den einzig namhaften Streitpunkt in den bilateralen Beziehungen zu beseitigen. Eine verbindliche Aussage, wann Japan seinen Markt wieder für US-Rindfleisch öffnen wird, machte Gastgeber Koizumi nicht.