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U2-Konzert in BerlinGottes Werk und Bonos Beitrag

Ein Hauch von Kirchentag wehte am Samstag durchs Olympiastadion, als U2 zu einem Erweckungserlebnis aus Farbe, Licht und politischen Bekenntnissen lud.

Populärer als Papst Ratzinger: Bono - hier bei seiner Berliner Predigt. Bild: dpa

"Danke, dass ihr uns ein gutes Leben ermöglicht und uns erlaubt, diesen Wahnsinn zu schaffen", erklärte Bono in gespielter Bescheidenheit, als er sich zum ersten Mal ans Publikum im Berliner Olympiastadion wendete. "Wie gefällt euch unser Raumschiff?", fragte er dann mit Blick auf seine Megabühne und beantwortete die nächste Frage gleich selbst: "Warum wir das gebaut haben? Um näher an euch dran zu sein."

Eine halbe Stunde zuvor war zu "Space Oddity", David Bowies Song über den Raumfahrer "Major Tom", weißer Rauch aus den Ritzen des raketenähnlichen Monumentalbaus entwichen, dessen Spitze weit in den Berliner Nachthimmel ragte: Habemus Bono. Wortlos waren die vier Iren auf die Bühne getreten und hatten mit Songs vom aktuellen, etwas spröden Album "No Line on the Horizon" zum Kickstart ihres Konzerts angesetzt, bevor sie zu einem Hit-Reigen, von den Achtzigerjahren bis heute, übergingen.

Nach Bonos ersten Worten ans Volk wurde die Show abwechslungsreicher. Beim bluesigen "Angel of Harlem" etwa traten drei Nobodys hinzu: ein junger Mann im roten-T-Shirt lieh sich eine Gitarre von Bono, ein anderer assistierte Larry Mullen an den Drums. Es waren Fans aus dem Publikum, mit denen man den Auftritt offenbar vorher einstudiert hatte.

Später leitete Bono den Song in Michael Jacksons "Man in the Mirror" und "Dont stop (till you get enough)" über, eine kommentarlose Verneigung vor dem gerade verstorbenen "King of Pop". Und bei der Akustikversion von "Stay" verwies Bono darauf, wie viele U2-Songs doch in Berlin entstanden sind. So kam dort fast ein wenig Heimspielatmosphäre auf.

Der Star der "360 Grad"-Tour aber ist die Bühne, ihr schierer Umfang ließ das Olympiastadion förmlich schrumpfen. Zwei bewegliche Brückenstege führten zu einer äußeren Umlaufbahn, über die Bono sprintete oder seine Kollegen stolzierten. Auch der riesige Rundumbildschirm veränderte seine Größe und Form: der mobile Rahmen für ein Erweckungserlebnis aus Farbe und Licht.

Irgendwann senkten sich die LED-Waben wie ein gigantisches Teleskoprohr über der Bühne herab, flackerten mal in feurigem Rot, mal in gleißendem Weiß. Bei "Sunday, bloody Sunday" wechselten sie zu einem saftigen Grün, damit begann das Finale der politischen Bekenntnisse. In arabischen Lettern flimmerten die Songzeilen auf Farsi über die Bildschirme, eine Geste an die Opposition im Iran. Zu "Walk on" marschierte dann eine Parade von Menschen auf, die sich eine Maske von Aung San Suu Kyi vors Gesicht hielten, und Bono würdigte die Politikerin, die in Birma seit 20 Jahren unter Hausarrest steht. Später wurde noch eine Ruck-Rede von Südafrikas Bischof Desmond Tutu eingespielt, und am Ende rief Bono seine Zuhörer dazu auf, per SMS die Afrika-Kampagne "one.org" zu unterstützen.

Ein Hauch von Kirchentag wehte da durchs Olympiastadion, das sich durch Handys, Feuerzeuge, Wunderkerzen und Leuchtstäbe längst in einen bunten Sternenhimmel, der Stadionchor in einen Choral verwandelt hatte.

Ob Gott den vier Iren nicht trotzdem zürnt? Zwar schöpfen die bibelfesten Rockmusiker ihr Sendungsbewusstsein aus ihren christlichen Überzeugungen, doch mit ihrer riesigen Stadionbühne machen sie jetzt dem Turmbau zu Babel Konkurrenz. Und zählen Hochmut, Maßlosigkeit und Ruhmsucht nicht zu den berühmten "sieben Todsünden"? Vor dem Konzert hatte sich der Himmel über Berlin jedenfalls deutlich verdunkelt, die Temperatur war stark abgekühlt. Doch der befürchtete Platzregen blieb aus. Offenbar hatte der Allmächtige doch noch ein Nachsehen mit Bono. Mit gutem Grund: Schließlich hat der seinem anderen Stellvertreter auf Erden ja an Popularität mittlerweile den Rang abgelaufen.

Der Star aber ist die Bühne, ihr schierer Umfang ließ das Olympiastadion förmlich schrumpfen

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9 Kommentare

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  • M
    Martin

    Dieser Artikel ist leider völlig daneben. Wenn man ernsthaft eine Konzertkritik schreibt, sollte man vielleicht auch darauf eingehen, ob Bono seinen Job als Sänger gut gemacht, ob die Band gut gespielt hat, wie das Programm so ausgesehen hat, und wie die Show bei den Fans angekommen ist. Wenn man U2 und Bono nicht mag, dann ist natürlich auch logisch, dass man mit einem U2-Konzert nichts anfangen kann. Aber was ist dann der Sinn von so einer Konzertkritik? Soll das eine persönliche Abrechnung sein, damit man allen zeigen kann, dass man diese Band einfach nicht mag? Sachlich ist das in diesem Artikel alles leider nicht! Man kann Bono vorwerfen, dass er manchmal ein bisschen zuviel predigt. Das sagen zum Teil auch die eingefleischten Fans. Aber bei einer Band wie U2 und einer Produktion wie der aktuellen Tour ist das bestensfalls eine Randbemerkung wert. Denn der Hauptaspekt für eine Konzertkritik sollte auf die Musik gerichtet sein. Dass U2 aus der Geschichte der Popularmusik nicht wegzudenken sind, mit Alben wie "The Joshua Tree" und "Achtung Baby" ganz umumstritten Meisterwerke geschaffen haben, und auch nicht ohne Grund auch mit ihren neueren Veröffentlichungen nach wie vor überaus populär sind, sollte jedem klar sein, der sich auch nur ansatzweise mit Pop- und Rockmusik auskennt. Und genau deshalb wäre ein bisschen mehr Respekt vor den musikalischen Leistungen und den unzähligen Hits dieser Band angebracht. Ich hätte mir an dieser Stelle einen sachlichen Bericht gewünscht und keine persönliche Abrechnung. Aus einem sachlichen Bericht würde nämlich hervorgehen, dass die Band ihr Handwerk nach wie vor beherrscht, mit neuen und älteren Songs ein abwechslungsreiches Programm bietet und die Fans bei ihren aktuellen Konzerten auch mit der einfallsreichen Bühnenshow auf der ganzen Linie überzeugt. Aber wie gesagt: Wenn man eine Band und einen Sänger nicht mag und einen Konzertbericht nur dazu nutzt, um genau das zum Ausdruck zu bringen, dann kann man sich das Schreiben auch sparen! Bitte also lieber keine Berichte mehr in dieser Richtung!

  • V
    verifyn

    Diese Berichterstattung, Herr Bax, gehört leider zur armseligeren Kategorie. Am Thema, respektive allgemeinem Interesse, völlig vorbei. Sie hätten ihn vielleicht tatsächlich besser in irgendeinem Kirchenblättchen veröffentlicht, wobei selbst dort Informationsgehalt und Objektivität diesem ihrigen Werk mehr als nur das Wasser reichen kann... Schade um das bedruckte Papier und die versäumte Chance einer vernünftigen Wiedergabe der Ereignisse.

  • J
    Jogi

    Vielleicht wäre es das nächste Mal sinnvoller, tatsächlichen Journalismus zu betreiben. Zur Songauswahl, die unumstritten in einem Bericht einer der größten Musikgruppen der letzten 30 Jahre hinein gehört, wurde leider nur spärliches hinterlassen. Dafür rechnete Herr Bax auf sehr unangemessene und subjektive Art und Weise in Form eines fast schon anmutenden Privatkriegs mit Herrn Bono ab.

    Das ist mir zu wenig und eindimensional.

  • CP
    Chrille Pauliks

    Jeder Mensch der in der Öffentlichket steht und vielleicht wirklich etwas auf dem Herzen hat, muss wohl mit dem Spot der Menschen rechnen, die zu allem was zu sagen haben, aber selbst sich aus allen raushalten.Das ist einfach und bequem, und deshalb sind mir die Bonos dieser Welt immer noch lieber als all die grauen Mäuse, die nur dann den Mund aufmachen, wenn es was zu Meckern gibt.

    Bono ich höre dir gerne zu!

  • M
    maxima

    Veel respect voor onze Ierse boys! Super BONO,

    ga zo door! We maken er in Holland een mooi feestje van!

  • D
    Dante

    Droht uns die nächste Christianisierungstsunami aus Irland ?

     

    Diesmal ist meine Heimat Polen kein guter Platz für die Verfolgten wie in in der Zeit Kazimierz III Wielki ... leider.

  • V
    vic

    Mal nicht so streng und zynisch Herr Bax.

    Klar, Bono hat ein großes Ego, aber das hat Bowie und andere auch.

    Und Bono ist noch immer ein Guter unter vielen.

    Und ich glaube er steht hinter seiner Attitüde.

  • T
    Thomas.Sankara.in.memoriam

    Lehrer zur Klasse: "Was sind 2 ganz auffällige Unterschiede zwischen dem Papst und Bono?" Die Klasse schweigt. Alle grübeln. Der Lehrer holt sich inzwischen eine Africola (ein Schüler wird so lange mit der Aufsicht betraut), kommt 20 Minuten später wieder. "Und?" Rauchende Köpfe. "Ich hab's" jubelt eine Schülerin. "Der Papst hat eine weiße Mütze und ist ein bisschen leiser."

  • F
    felea

    Was bitte soll denn das?

    " Und zählen Hochmut, Maßlosigkeit und Ruhmsucht nicht zu den berühmten "sieben Todsünden"?"

     

    Also was genau will mir der Autor damit sagen?

    Ich finde es jedenfalls sehr unpassend!