Continental/Schaeffler: Auch Finanzspritzen tun weh

Der Kampf um den Autozulieferer geht auf der heutigen Sitzung des Aufsichtsrates in eine neue Runde. Vorstandschef fordert Kapitalerhöhungen.

Firmeninhaberin Schaeffler und ihr Sohn Georg haben in China neues Geld aufgetrieben. Bild: ap

Für die einen ist es eine Kapitalspritze, für die anderen ein neuer Pfahl, der ihnen ins eigene Fleisch getrieben werden soll.

Continental-Vorstandschef Karl-Thomas Neumann wird am Donnerstag vor seinen Aufsichtsrat treten und erklären, die deprimierende Konzernlage sei nur durch die Ausgabe neuer Aktien, Verkäufe oder Fremdinvestoren zu beheben. Ihm gegenüber sitzen die Vertreter der Schaeffler-Gruppe. Ihnen gehört die Hälfte von Conti, sie haben weitere 40 Prozent bei Banken geparkt und eine Kapitalerhöhung würde ihre Macht verringern.

Aber: Das Unternehmen braucht dringend frisches Geld, um die Schwindsucht an der Börse einzudämmen. Außerdem müssen bis Jahresende Kredite im Wert von 3,5 Milliarden Euro abbezahlt werden. Neumann soll dem austrokanadischen Zulieferer Magna für einen Sack voll Dollars 50 Prozent am Geschäft mit Turboladern geboten haben.

Schaeffler dagegen hat Zeit und - wie kürzlich durchsickerte - in China neues Spielgeld aufgetrieben. Dafür will ein Konsortium mit 20, manche raunen sogar, mit 50 Prozent am Unternehmen beteiligt werden. Da ist eine Kapitalerhöhung bei Continental nur hinderlich.

Letztere droht die einzige Sicherheit, die der Kugellagerproduzent aus Herzogenaurach derzeit noch bieten kann, zu erschüttern - seine bei den Banken deponierten Anteile an der Continental AG.

Die beiden in tiefer gegenseitiger Abneigung verbundenen Zwangspartner drückt jeweils ein Schuldenberg von mehr als 11 Milliarden Euro. Den allerdings haben sie sich in bilderbuchschönem Größenwahn selber auf den Buckel geladen.

Die Hannoveraner sehen ihren Oberbürgermeister Stephan Weil nebst Ministerpräsident Christian Wulff noch auf Knien herumrutschen, als der damalige Conti-Chef Manfred Wennemer 2007 ein Reifenwerk schloss und alle Proteste mit dem Argument erstickte, die verschlafene Leinestadt sei wohl nicht das richtige Pflaster für einen Weltkonzern.

Weg ist bis jetzt nur Wennemer, der die Traditionsfirma durch den Kauf der Siemens-VDO-Sparte Grand-Canyon-tief in die roten Zahlen gerissen hatte. In seiner Not diente er der Familienunternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler ein paar Aktien an. Das brachte die Sippe auf eine viel bessere Idee. Über Strohmänner fischte sie 36 Prozent der Conti-Aktien vom Markt und ließ Wennemer am 12. Juni 2008 ausrichten, man werde Conti übernehmen.

Der Übertölpelte spukte Gift und Galle ("egoistisch, selbstherrlich und verantwortungslos"), was in Herzogenaurach die Korken nur umso lauter knallen ließ. Schaeffler bot den Aktionären pro Anteilsschein laue 75 Euro und sah genüsslich zu, wie Wennemer sein Büro ausräumte.

Doch im September war dann schon Finanzkrise. Die Aktienkurse stürzten, und 75 Euro waren plötzlich ein Spitzenpreis. Die Aggressoren wurden mit Conti-Papieren zugeschmissen. Die kosteten Schaeffler 13 Milliarden Euro, sechs Monate später war der Nennwert auf 2 Milliarden gesunken.

Seitdem herrschen Panik, Missgunst und schlechter Stil an allen Fronten. Frau Schaeffler, die im winterlichen Kitzbühel mit Nerz und Schampus-Glas posierte, rief nach Staatshilfe. Zwischen Horst Seehofer und Wulff glühten die Telefone, während das Fußvolk um seine Arbeitsplätze bangte.

Als am 18. Februar dieses Jahres 8.000 Schaeffler-Arbeiter für staatliche Hilfen demonstrierten, heulte die Chefin vor Rührung Rotz und Wasser. Fünf Tage später fraß sie Kreide. Auf Druck der Gewerkschaften muss sie den ersten Betriebsrat akzeptieren. Der Lohn: Im März übernahm Schaeffler-Berater Rolf Koerfer den Aufsichtsratsvorsitz bei Conti. Der Neue hatte kaum Guten Tag gesagt, da kündigte er Einsparungen von 250 Millionen im Personalbereich an. Das sind umgerechnet 4.500 Jobs.

Seitdem ist die Schaeffler-Offensive zum absurden Zermürbungskrieg geronnen. Es hagelt Anwürfe hin ("den Wert von Conti zerstört"), Vorwürfe her ("ungemachte Hausaufgaben") und surrealistische gegenseitige Kaufangebote. Vor einer Woche noch drohte Neumann mit der sofortigen Fusion der Firmen. Selbstredend unter Führung der Conti mit Firmensitz Hannover.

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