: Der Marktöffner
Früher war es für die Fußballer vom HSV wichtig, einen Dänen in der Mannschaft zu haben. Heute ist die Auslandsvermarktung noch wichtiger, aber der einzige Däne beim HSV ist Sportdirektor Frank Arnesen. Und in dessen Vermarktungskonzept heißt Dänemark Südkorea.
Der Schlüssel zu der aufstrebenden Wirtschaftsmacht trägt nicht erst seit gestern den Namen Heung Min Son. Seit der südkoreanische Nationalspieler Samstag mit zwei Treffern entscheidend zum Sensationserfolg bei Borussia Dortmund beigetragen hat, steht die Tür zum asiatischen Markt offener denn je.
Fast wöchentlich zahlt sich die weitsichtige Kooperation mit dem südkoreanischen Fußballverband mehr aus, infolge derer Son 2008 als Sechzehnjähriger in das HSV-Internat einzog. Im Oktober 2010 erzielte er gleich in seinem ersten Bundesliga-Einsatz sein erstes Tor und ist damit der jüngste Bundesliga-Torschütze des HSV überhaupt. Sein damaliger Trainer Armin Veh nannte ihn „Juwel“.
Son wurde zur Symbolfigur des Umbruchs beim HSV. Entgegen der Befürchtung, ihm würde zu viel Verantwortung aufgebürdet, gehört er jetzt schon zu den Leistungsträgern. Und sorgt für die besonderen Momente, wie mit seinem Tor beim Derby-Sieg gegen Werder vor zwei Wochen oder den insgesamt drei Toren bei den beiden Siegen gegen Borussia Dortmund in dieser Saison. „Diese Schüsse, wie zum 2:1, habe ich sehr, sehr oft geübt – das zahlt sich jetzt aus“, sagt Son.
Ausgezahlt hat sich auch, dass er nicht zurückkeilte, als Mannschaftskollege Slobodan Rajkovic ihn während der Saisonvorbereitung attackierte. Trainer Torsten Fink hätte ihn schwerlich wie den Serben suspendieren können. Kurz danach startete der HSV zu einer lukrativen Südkorea-Reise, die ohne Son genauso wenig denkbar gewesen wäre wie die zwei Werbeverträge mit südkoreanischen Firmen, denen Marketing-Vorstand Joachim Hilke gern einen dritten folgen lassen würde.
Um den Zustrom weiterer Talente aus Südkorea sicherzustellen, hat der HSV im letzten Jahr in Chuncheon den Grundstein für die Asia Football Academy gelegt, wo Talente aus ganz Korea gefördert werden sollen und in der Sons Vater als Trainer arbeitet. Aktuell trainieren noch zwei weitere südkoreanische Spieler im HSV-Nachwuchszentrum. Aber noch ruht alle Vermarktungs-Last auf Sons Schultern – und das bringt die HSV-Offiziellen in die Bredouille: Sollen sie ihn mit Rücksicht auf die Sponsoren halten oder ihn teurer an einen der Interessenten aus der Premier League verkaufen, um die angespannte Finanzlage zu entschärfen? Letzteres wäre kein gutes Signal für die Mannschaft. Ist aber wohl kaum zu vermeiden. RALF LORENZEN
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