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Kommunalwahlkampf im RheinlandSozialdemokrat erfreut Rechtsradikale

Bei Köln wirbt ein langjähriger Bundestagsabgeordneter der SPD mit markigen Sprüchen im Kommunalwahlkampf. Dafür schätzen ihn die lokalen Rechten.

"Sauberkeit und Sicherheit": SPD-Tugendwächter Lennartz. Bild: Pascal Beucker

KÖLN taz | SPD-Mann Klaus Lennartz weiß, wie Wahlkämpfe geführt werden müssen. Auch wenn es für den Exbundestagsabgeordneten bei der Kommunalwahl am 30. August nur noch um ein Mandat im Hürther Rat oder dem Kreistag des Rhein-Erft-Kreises geht. Seine Botschaft auf Großplakaten und in Anzeigen: "Sauberkeit und Sicherheit. Dafür arbeite ich."

Es ist eine für einen Sozialdemokraten recht eigentümliche Wahlkampagne, mit der der 65-Jährige im Kölner Umland auf Stimmenfang geht. So trugen die von ihm geschalteten Anzeigen Überschriften wie "Haut ab von der Straße, ihr Halunken!" - "Ihr Ferkel versaut die Stadt!" oder "Schnaufen statt Saufen!". Die Parolen sorgten umgehend für Begeisterung - allerdings von unangenehmer Seite: Lennartz mache mit seiner "durchweg konservativen und wertverbundenen Wahlkampagne" Politik in ihrem Geiste, jubilierte die rechtsradikale "Bürgerbewegung Pro NRW". Von "handfesten Zielen und klaren programmatischen Inhalten", die der SPD-Mann vertrete, schwärmte die "Pro Köln"-Ratsfraktionschefin Judith Wolter.

Die örtliche SPD zeigt sich indes wenig erfreut von dem mit ihr nicht abgestimmten Wahlkampf ihres Genossen, der dem Seeheimer Kreis angehört. Von "einen großer Enttäuschung, dass er sich solch einer Wortwahl bedienen muss", spricht der Hürther Stadtverbandsvorsitzende Hans-Günter Reiners. "Lennartz stößt sein eigenes Denkmal um." Und der Vorsitzende der SPD im Rhein-Erft-Kreis, Guido van den Berg, sagte der taz: "Da hat er sich vergriffen. Wir haben das kritisiert, und Lennartz hat die fraglichen Slogans von seiner Webseite genommen." Damit sei für ihn "die Sache erst einmal erledigt", so van den Berg. Der frühere Landrat und Ehrenvorsitzende der Rhein-Erft-SPD habe halt seine "Ecken und Kanten", sei jedoch "keinesfalls ein Rechtsradikaler". Lennartz gehörte 22 Jahre lang dem Bundestag an und sorgte dort vor allem durch seine Verwicklung in die Bonusmeilen-Affäre 2002 für Schlagzeilen.

Mit Rechtspopulismus, sagt Lennartz, habe seine Kampagne nichts zu tun. "Meine Auffassung ist, Themen anzusprechen, die die Menschen interessieren und berühren", sagte Lennartz trotzig in einem Radiointerview. Derzeit prangt nur noch ein Anzeigenspruch auf seiner Homepage: "Lehrjahre sind keine Herrenjahre!" Darunter verkündet er: "Die alten Tugenden wie Disziplin, Fleiß und Pünktlichkeit sind hochaktuell."

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32 Kommentare

 / 
  • S
    Sozialdemokrat

    Wer mit Parolen wie "Sicherheit für die Bürger" in den Wahlkampf geht, ist ganz klar rechtsextrem, und muß daher verboten werden, vielleicht sogar 5 Jahre hinter Gittern wegen Volksverhetzung, denn er hetzt ja gegen die vielen kriminellen Ausländer. Wie sagte der PDS-Kandidat für das Bundespräsidentenamt richtig: "Auch in einer Demokratie muß man falsche Meinungen verbieten". Nur Rechtsextremisten wollen Sicherheit. Daher: Kurzen Prozeß machen: Ab in den Gulag. Nur so können wir unsere Freiheit verteidigen.

  • AR
    Andreas R.

    Brr. Auch wegen so etwas wird inzwischen häufiger vorgeworfen, "Links sei das eigentliche Rechts", bzw. in der Extremform gar "Die Nazis waren links."

     

    Freilich, davon ist Herr Lennartz noch Lichtjahre entfernt - trotzdem tolle Geschichte. Zumal eine, gegen die man Stellung beziehen sollte - bevor sich das noch weiter verbreitet.

  • MD
    Monika Debus

    Die SPD ist ziemlich konservativ. Ich hab schon öfter gehört, dass sie Ausländer bei der Stellensuche diskriminieren.

  • T
    transformer

    "lehrjahre sind keine herrenjahre"...was eine gemeinheit...

    nur weil so viele menschen in ihrer jugend und kindheit gequält wurden/werden, heißt das nicht, das die erwachsenen damit im recht gewesen wären

  • AB
    andrea berger

    warum spricht sich denn jörg uckermann von pro köln auf seinem blog (www.ju-ehrenfeld.de) gegen diese werbung aus? (zitat: ..."erscheinen selbst npd-parolen harmlos")...

  • JG
    Jürgen Gojny

    Über Worte läßt sich immer trefflich streiten. In der Endabrechnung zählen die Taten. Die Frage ist doch, was der Spezialdemokrat unter "Sauberkeit und Sicherheit" meint. Darüber wäre zu reden und nicht darauf zu schauen, ob Extreme diese Worte auch verwenden. Wenn die Extremisten auf einmal Demokratie auf ihre Fahnen schreiben können ihre Gegner wohl schlecht mit Diktatur antworten.

  • C
    Christian

    Mir sind solche Sprüche im Wahlkampf generell suspekt. Eine plakative Aussage, Stimmenfang, mehr nicht. Grundsätzlich sehe ich jedoch keinen Widerspruch zwischen einem linken Weltbild und den sog. "Sekundärtugenden". Heute sagen wir "Professionalität" und meinen genau das gleiche, nur in einem etwas anderen Rahmen. Selbst die SPD verdankt ihren sagenhaften Erfolg im Kaiserreich nicht nur der Vollendung der Industriellen Revolution und damit der Schaffung eines breiten, relativ klassenbewussten Proletariats, sondern auch der beharrlichen, disziplinierten Arbeit selbst der kleinsten Funktionäre.

  • H
    Hansjuergen

    Es ist traurig, dass die taz unterschwellig versucht einen ehrbaren und verdienten Sozialdemokraten als Faschisten zu denunzieren. Das funktioniert zwar (siehe Kommentar u. a von vic), doch unterstützenswert ist das freilich nicht.

  • W
    wahlplakatliebhaber

    "Derzeit prangt nur noch ein Anzeigenspruch auf seiner Homepage"

     

    "Professionell" entfernt wurden die anderen Ergüsse - indem man sie einfach aus dem Quelltext, aber nicht vom Server entfernte.

     

    Insofern findet man hier die drei weiteren Exemplare:

     

    http://www.klauslennartz.de/images/werbeplakat.jpg

    http://www.klauslennartz.de/images/werbeplakat_2.jpg

    http://www.klauslennartz.de/images/werbeplakat_3.jpg

     

    Als "schöne" Kompilation gibts alle auch hier zu bestaunen:

    http://yfrog.com/05lennartzwerbeplakatej

  • A
    Amos

    Dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind, das stimmt-, aber

    es stimmt auch, dass Politikerjahre Volksvertreterjahre

    sind und nicht nur Herrenjahre.

  • T
    thorsten

    "Meine Auffassung ist, Themen anzusprechen, die die Menschen interessieren und berühren" Kling doch sehr nach Springer-Presse. Das ist doch ein PR-Gag.

  • BS
    Burkard Schulte-Vogelheim

    Solche Typen beweisen, daß die Clementitis in der SPD noch lange nicht überwunden ist, sie also nicht wählbar ist.

    Vergessen, warum, und vor allem, mit Recht, Laurenz Meyer seinerzeit zum Skinhead befördert wurde? Eben, weil seine Aussagen NPD-kompatibel waren.

    Es stinkt in der einstigen Arbeiterpartei. Es geht der Mief der Adenauer-Republik um.

  • N
    Nigredo

    Nur folgerichtig:

     

    Die rechten und wirtschaftsliberalen Parteien wildern seit einiger Zeit und besonders in dieser Finanzkrise populistisch im linken und sozialistischen Milieu, weil der Kapitalismus sich (mal wieder) als infunktional herausgestellt hat, ohne das auch nur ansatzweise umsetzen zu wollen - warum sollte da ein SPD-Mann nicht im rechtsradikalen Spektrum Stimmen abgraben und dieses stattdessen lieber Leuten wie Koch und Schäuble überlassen?

    Es geht hier doch immerhin nicht um gesunden Menschenverstand, sondern um Politik.

  • V
    vic

    "Der frühere Landrat und Ehrenvorsitzende der Rhein-Erft-SPD habe halt seine "Ecken und Kanten", sei jedoch "keinesfalls ein Rechtsradikaler".

    Aber nein, da hat der Faschist einfach nur tief in´s Schatzkästlein der Seeheimer gegriffen.

     

    Auf diese Weise kann man natürlich auch verhindern, dass die NPD zu viele Stimmen erhält.

  • DB
    Daniel Bär

    Die Überschrift wundert mich doch sehr. Klaus Lennartz macht keinen Kommunalwahlkampf in Köln, sondern im Rhein-Erft-Kreis, zu dem Köln nicht gehört. ALso bitte richtigstellen. Klaus Lennartz macht Kommunalwahlkampf in NRW - das wäre treffender ;)

  • RD
    Richard Detzer

    Wer sagt denn, daß Herr Lennartz rechtsradikale Themen besetzt. Vielleicht will er nur eine bürokratiefreie Zone. Da kann man verstehen, daß man zu so harten Formulierungen greift. Was sagt der Pirat: SPD muß kämpfen lernen!

  • S
    Sozialdemokrat

    Wer mit Parolen wie "Sicherheit für die Bürger" in den Wahlkampf geht, ist ganz klar rechtsextrem, und muß daher verboten werden, vielleicht sogar 5 Jahre hinter Gittern wegen Volksverhetzung, denn er hetzt ja gegen die vielen kriminellen Ausländer. Wie sagte der PDS-Kandidat für das Bundespräsidentenamt richtig: "Auch in einer Demokratie muß man falsche Meinungen verbieten". Nur Rechtsextremisten wollen Sicherheit. Daher: Kurzen Prozeß machen: Ab in den Gulag. Nur so können wir unsere Freiheit verteidigen.

  • AR
    Andreas R.

    Brr. Auch wegen so etwas wird inzwischen häufiger vorgeworfen, "Links sei das eigentliche Rechts", bzw. in der Extremform gar "Die Nazis waren links."

     

    Freilich, davon ist Herr Lennartz noch Lichtjahre entfernt - trotzdem tolle Geschichte. Zumal eine, gegen die man Stellung beziehen sollte - bevor sich das noch weiter verbreitet.

  • MD
    Monika Debus

    Die SPD ist ziemlich konservativ. Ich hab schon öfter gehört, dass sie Ausländer bei der Stellensuche diskriminieren.

  • T
    transformer

    "lehrjahre sind keine herrenjahre"...was eine gemeinheit...

    nur weil so viele menschen in ihrer jugend und kindheit gequält wurden/werden, heißt das nicht, das die erwachsenen damit im recht gewesen wären

  • AB
    andrea berger

    warum spricht sich denn jörg uckermann von pro köln auf seinem blog (www.ju-ehrenfeld.de) gegen diese werbung aus? (zitat: ..."erscheinen selbst npd-parolen harmlos")...

  • JG
    Jürgen Gojny

    Über Worte läßt sich immer trefflich streiten. In der Endabrechnung zählen die Taten. Die Frage ist doch, was der Spezialdemokrat unter "Sauberkeit und Sicherheit" meint. Darüber wäre zu reden und nicht darauf zu schauen, ob Extreme diese Worte auch verwenden. Wenn die Extremisten auf einmal Demokratie auf ihre Fahnen schreiben können ihre Gegner wohl schlecht mit Diktatur antworten.

  • C
    Christian

    Mir sind solche Sprüche im Wahlkampf generell suspekt. Eine plakative Aussage, Stimmenfang, mehr nicht. Grundsätzlich sehe ich jedoch keinen Widerspruch zwischen einem linken Weltbild und den sog. "Sekundärtugenden". Heute sagen wir "Professionalität" und meinen genau das gleiche, nur in einem etwas anderen Rahmen. Selbst die SPD verdankt ihren sagenhaften Erfolg im Kaiserreich nicht nur der Vollendung der Industriellen Revolution und damit der Schaffung eines breiten, relativ klassenbewussten Proletariats, sondern auch der beharrlichen, disziplinierten Arbeit selbst der kleinsten Funktionäre.

  • H
    Hansjuergen

    Es ist traurig, dass die taz unterschwellig versucht einen ehrbaren und verdienten Sozialdemokraten als Faschisten zu denunzieren. Das funktioniert zwar (siehe Kommentar u. a von vic), doch unterstützenswert ist das freilich nicht.

  • W
    wahlplakatliebhaber

    "Derzeit prangt nur noch ein Anzeigenspruch auf seiner Homepage"

     

    "Professionell" entfernt wurden die anderen Ergüsse - indem man sie einfach aus dem Quelltext, aber nicht vom Server entfernte.

     

    Insofern findet man hier die drei weiteren Exemplare:

     

    http://www.klauslennartz.de/images/werbeplakat.jpg

    http://www.klauslennartz.de/images/werbeplakat_2.jpg

    http://www.klauslennartz.de/images/werbeplakat_3.jpg

     

    Als "schöne" Kompilation gibts alle auch hier zu bestaunen:

    http://yfrog.com/05lennartzwerbeplakatej

  • A
    Amos

    Dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind, das stimmt-, aber

    es stimmt auch, dass Politikerjahre Volksvertreterjahre

    sind und nicht nur Herrenjahre.

  • T
    thorsten

    "Meine Auffassung ist, Themen anzusprechen, die die Menschen interessieren und berühren" Kling doch sehr nach Springer-Presse. Das ist doch ein PR-Gag.

  • BS
    Burkard Schulte-Vogelheim

    Solche Typen beweisen, daß die Clementitis in der SPD noch lange nicht überwunden ist, sie also nicht wählbar ist.

    Vergessen, warum, und vor allem, mit Recht, Laurenz Meyer seinerzeit zum Skinhead befördert wurde? Eben, weil seine Aussagen NPD-kompatibel waren.

    Es stinkt in der einstigen Arbeiterpartei. Es geht der Mief der Adenauer-Republik um.

  • N
    Nigredo

    Nur folgerichtig:

     

    Die rechten und wirtschaftsliberalen Parteien wildern seit einiger Zeit und besonders in dieser Finanzkrise populistisch im linken und sozialistischen Milieu, weil der Kapitalismus sich (mal wieder) als infunktional herausgestellt hat, ohne das auch nur ansatzweise umsetzen zu wollen - warum sollte da ein SPD-Mann nicht im rechtsradikalen Spektrum Stimmen abgraben und dieses stattdessen lieber Leuten wie Koch und Schäuble überlassen?

    Es geht hier doch immerhin nicht um gesunden Menschenverstand, sondern um Politik.

  • V
    vic

    "Der frühere Landrat und Ehrenvorsitzende der Rhein-Erft-SPD habe halt seine "Ecken und Kanten", sei jedoch "keinesfalls ein Rechtsradikaler".

    Aber nein, da hat der Faschist einfach nur tief in´s Schatzkästlein der Seeheimer gegriffen.

     

    Auf diese Weise kann man natürlich auch verhindern, dass die NPD zu viele Stimmen erhält.

  • DB
    Daniel Bär

    Die Überschrift wundert mich doch sehr. Klaus Lennartz macht keinen Kommunalwahlkampf in Köln, sondern im Rhein-Erft-Kreis, zu dem Köln nicht gehört. ALso bitte richtigstellen. Klaus Lennartz macht Kommunalwahlkampf in NRW - das wäre treffender ;)

  • RD
    Richard Detzer

    Wer sagt denn, daß Herr Lennartz rechtsradikale Themen besetzt. Vielleicht will er nur eine bürokratiefreie Zone. Da kann man verstehen, daß man zu so harten Formulierungen greift. Was sagt der Pirat: SPD muß kämpfen lernen!