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Archiv-Artikel

REICHE ZAHLEN KAUM FÜR DIE SOLIDARISCHE GESUNDHEITSVERSORGUNG Ulla Schmidt verteilt Placebos

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt will die Zahl der Krankenkassen reduzieren, um Geld zu sparen. Das macht durchaus Sinn. Selbst für die Vorstände kleiner oder abgewirtschafteter Krankenkassen sind Jahresgehälter von 200.000 Euro nichts Ungewöhnliches. Rechtfertigen lässt sich das nicht. Denn anders als in der privaten Wirtschaft werden die Vorstandsbezüge nicht aus erwirtschafteten Gewinnen finanziert, sondern aus öffentlichen Beiträgen. Mit jährlich über 8 Milliarden Euro geben die Kassen für ihre eigene Verwaltung so viel Geld aus wie für die gesamte zahnärztliche Behandlung. Die Versicherten profitieren von den aufgeplusterten Apparaten kaum: Die Kassenleistungen sind vorab festgelegt.

Auch Ulla Schmidts zweiter Plan klingt gut: Eine neue Gebührenordnung soll die Arzthonorare von gesetzlichen und privaten Kassen angleichen. Das wird die sozialdemokratische Seele wärmen. Gemessen an der Notwendigkeit einer Finanzierungsreform wirken die beiden Vorschläge jedoch wie ein Placebo.

Angesichts der durch Medizinfortschritt und gesellschaftlicher Alterung wachsenden Gesundheitsausgaben gehört eine Grundsatzfrage auf die Tagesordnung: Soll Deutschland an einem Sozialsystem festhalten, das für jeden ein Minimum an gesundheitlichen Lebenschancen eröffnet? Bejaht man dies, müssen grundsätzlich neue Finanzierungswege gefunden werden. Vor allem ein Relikt gehört abgeschafft: Just jene, denen es am besten geht, beteiligen sich nicht an der gemeinsamen Versicherung. Es ist ethisch nicht begründbar und finanziell ruinös, dass Gutverdienende oberhalb einer bestimmten Einkommensgrenze von der Solidarpflicht gegenüber gesundheitlich Benachteiligten befreit sind und auch über Steuern kaum zur Finanzierung des Systems beitragen.

Doch von einem solchen gesundheitlichen Solidarpakt ist weit und breit nichts zu sehen. Die auf die Interessen der „neuen Mitte“ zurechtgestutzte SPD-Bürgerversicherung würde dies nicht leisten und das CDU-Kopfgeld schon gar nicht.

HARRY KUNZ