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Buback-Mord immer noch nicht geklärtErkenntnis ja, Beweise nein

Verena Becker ist verhaftet, die ARD zieht die Doku "Bubacks Mörder" auf Mittwoch vor. Sie folgt dem Sohn bei der Spurensuche - zieht jedoch andere Schlüsse als dieser.

32 Jahre danach: Die ARD sucht in einer Dokumentation wieder den Mörder Siegfried Bubacks. Bild: ap

Was für ein Timing: Kaum wurde die Ex-RAFlerin Verena Becker verhaftet, weil sie 1977 an der Ermordung von Siegfried Buback beteiligt gewesen sein soll, schon wartet die ARD mit einer differenzierten Dokumentation auf. Doch dies ist vor allem ein glücklicher Zufall. Schon seit Monaten recherchierte der Filmemacher Egmont R. Koch. Eigentlich sollte sein Film "Bubacks Mörder" erst in einigen Wochen ausgestrahlt werden, doch aufgrund der aktuellen Ereignisse zog die ARD den spannend gemachten Film sofort vor.

Michael Buback, der Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts, hält Verena Becker für die Todesschützin und er glaubt, dass sie bei den Ermittlungen gedeckt wurde, weil sie damals eine Informantin des Geheimdienstes war. Filmemacher Koch folgt Buback junior bei dessen Nachforschungen. Aber er folgt ihm nicht blind, sondern hat sich ein eigenes Urteil gebildet. Dabei hat Koch mit vielen wichtigen Protagonisten von damals gesprochen und zeigt sie auch im Bild.

Einige Erkenntnisse sind sogar ganz neu. So sehen wir den Kriminalbeamten Bernd Scholten, der wenige Tage nach dem Buback-Attentat in Köln einen Bankraub aufzuklären hatte. Als Täter stellen sich die RAFler Günter Sonnenberg und Verena Becker heraus. Sonnenberg galt schon damals als Fahrer des Tatmotorrads beim Buback-Mord. Waren er und Becker ein eingespieltes Team? Immerhin haben sie sich anschließend zusammen in die Schweiz abgesetzt und wurden wenige Wochen später zusammen in Singen verhaftet. "Ich habe Becker und Sonnenberg immer für die Täter von Karlsruhe gehalten", sagt Polizist Scholten. Seine Erkenntnisse spielten im damaligen Prozess gegen Becker aber keine Rolle. Die RAF-Frau wurde nur wegen einer Schießerei bei ihrer Verhaftung angeklagt.

Neu sind auch die Aussagen von Winfried Ridder, dem angeblich besten RAF-Kenner beim Verfassungsschutz. Für ihn kann es "keinen Zweifel" geben, dass Becker am Buback-Attentat beteiligt war. Dass sie geschossen hat, sagt er freilich nicht. Außerdem hält er es für "abwegig", dass Becker schon 1977 eine Informantin des Verfassungsschutzes gewesen sei. Das war zu erwarten.

Für Filmemacher Koch steht und fällt Bubacks Theorie mit den Zeugen, die eine "zierliche Person" als Beifahrer auf dem Tatmotorrad gesehen haben wollen. Deren Aussagen wurden damals, so Buback junior, manipuliert und unterdrückt.

Koch hat die Zeugen jetzt angehört, zweifelt aber an ihren heutigen Aussagen. Dabei geht es letztlich um Details. So will eine Frau von ihrem Arbeitszimmer aus gesehen haben, wie das Motorrad der Mörder mehrfach den Wagen Bubacks umkreiste, wobei die zierliche Person von allen Seiten geschossen habe. Das widerspricht aber nicht nur anderen Zeugenaussagen, es sei auch nur von rechts geschossen worden, so Koch.

Der Journalist glaubt deshalb, dass Buback sich mit seiner Verschwörungstheorie verrannt hat. Wer hat dann geschossen? Auch Egmont Koch hält Knut Folkerts, der einst als Schütze angeklagt war, nicht für den Mörder. Schließlich sei Folkerts Linkshänder gewesen und hätte gar nicht von rechts schießen können.

Sein Verdacht fällt auf Stefan Wisniewski, den der Ex-RAFler Peter Jürgen Boock für den Schützen hält. Auch Verena Becker hatte Wisniewski Anfang der 80er-Jahre in einer geheimen Aussage gegenüber dem Verfassungsschutz als Schützen angegeben. Allerdings gibt es bisher keinerlei handfeste Spuren, die auf Wisniewski hindeuten. Hier bleibt nun auch Koch oberflächlich.

"Bubacks Mörder" löst also das Rätsel um das Karlsruher Attentat auch nicht, aber der Film geht den entscheidenden Fragen anschaulich und präzise nach. So gut ist Fernsehen selten.

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5 Kommentare

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  • S
    schlegel

    @ vic

     

    "Die Tat selbst kann man Frau Becker nicht nachweisen"

    Woher haben Sie denn diese Erkenntnis? Um diese Frage geht es in dem Verfahren ja gerade.

     

    Und man kann von dem Sohn Bubacks halten was man will. Mich würde allerdings auch interessieren, wer meinen Vater ermordet hat. Auch wenn einige hier ja etwas großzügiger zu sein scheinen, was die Ermodung naher Angehöriger angeht

  • V
    vic

    Ich wüsste auch nicht was das bringen soll. Die Tat selbst kann man Frau Becker nicht nachweisen und wegen Beteiligung saß sie ja bereits ein.

    Also ist das wohl eher als Wahlkampfschmankerl in Sachen Terrorismus zu sehen, auf das wir uns des Bösen immer bewusst sind.

    Dem von links versteht sich.

  • M
    Me.

    Erkenntnis ja, Beweise auch !

     

    Warum sollte jemand eine Fernsehzeitung kaufen wenn er gar keinen Fernseher besitzt?

     

    Zugegeben: Der Fall Ver(fassungschutz)ena Becker ist mehr als brisant.

     

    Eine Fernsehzeitung kauft jemand der keinen Fernseher hat, weil diese Fernsehzeitung Vorgänge zur Sprache bringt, die andere Zeitung gemieden haben wie der Teufel das Weihwasser.

     

    Die Rede ist von TV Hören und Sehen.

    Thema:

    "Der 11. September 2001: Offiziell ist der grösste Kriminalfall der Geschichte gelöst - doch jetzt tauchen Geheimdokumente und Zeugenaussagen auf, die gegen die Version von CIA und Pentagon sprechen"

     

    Gut möglich dass das Blatt morgen Abend ausverkauft ist.

     

    Early Bird picks the Worm.

     

    grüsse

  • H
    Holgi

    Bei allem Respekt oder wie auch immer, aber der Sohnemann Buback geht mir dergestalt auf den Sender mit seinem Anspruch auf "Rechtsstaatliche Sonderbehandlung" und seinem persönlichen "Ich-will-wissen-Feldzug", der auch noch in/von allen Medien goutiert wird. Wie viele Angehörige anderer Opfer von Straftaten gibt es, die "aus ermmittlungstaktischen Gründen" auch nicht alles über den Tod ihres Verwandten erfahren. Aber wer aßer ihm erfährt solche Aufmerksamkeit in den Medien?

    Sind die Buback-sen.-Mörder nun Terroristen und schlussfolgert sein Sohn daher ein Recht auf Sonderbehandlung? Dann aber bitte auch seitens Justitia in der Betrachtung der Taten.

    Oder sind es einfache Kriminelle, Mörder? Dann, lieber Sohn Buback, einfach mal Fresse halten, selbst die rechtsstaatlichen Prinzipien anerkennen, die scheinbar vom Vater qua Erbhof erworbenen Sonderrechte ignorieren und die Ermittler die kriminaltechnische Arbeit machen lassen.

  • R
    reblek

    "Verena Becker ist verhaftet..." Christian Rath weiß sehr gut, dass es eine "Verhaftung" nur in schlechten Krimis gibt. Das deutsche Recht kennt nur die "Festnahme", die sich allerdings leider so spektakulär anhört bzw. liest, was auch für das "Verhör" gilt, das dem deutschen Recht auch unbekannt ist, in dem es nur die "Vernehmung" gibt. Aber "Verhaftung" und "Verhör" machen mehr her beim Sensationsheischen.