Nach Wahlschlappe: Althaus tritt zurück
Dieter Althaus ist als Ministerpräsident und Landeschef der CDU in Thüringen zurückgetreten. Damit wird eine große Koalition mit der SPD wahrscheinlich. Die Linke bietet der SPD offene Gespräche an.
ERFURT ap | Vier Tage nach dem Wahldebakel der Thüringer CDU ist Ministerpräsident Dieter Althaus von seinem Posten als Partei- und Regierungschef zurückgetreten. "Mit sofortiger Wirkung trete ich als Ministerpräsident des Freistaats Thüringen und als Landesvorsitzender der CDU Thüringen zurück", erklärte Althaus am Donnerstag in Erfurt. Weitere Angaben machte er zunächst nicht. Mit seinem Rückzug ist eine Koalition mit der SPD wahrscheinlicher geworden.
Althaus war nach den massiven Verlusten am Sonntag in die Kritik geraten. Vereinzelt wurden Rufe nach seinem Rücktritt laut. Unter anderen erklärte der Präsident des Gemeinde- und Städtebundes in Thüringen, Michael Brychcy, Althaus solle sich freiwillig zurückziehen. "Wenn man den Neuanfang will, dann geht es nicht anders", wurde das langjährige CDU-Mitglied zitiert. Auch der CDU-Landtagsabgeordnete Günter Grüner forderte Althaus auf, notfalls zurückzutreten, um eine schwarz-rote Regierung zu ermöglichen.
Die Linken und die Grünen in Thüringen begrüßten den Schritt. Linkspartei-Spitzenkandidat Bodo Ramelow bezeichnete den Rücktritt als "tragisches Ende eines tragischen Ministerpräsidenten". Er habe nicht die Größe gehabt, am Sonntag nach der Landtagswahl zurückzutreten. Nach seiner Einschätzung musste Althaus auf Druck der eigenen Partei zurücktreten. Auch die Grünen erklärten, der Rückzug sei "die richtige Konsequenz aus dem rundum verunglückten Wahlkampf der CDU Thüringen".
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch dankte Althaus für die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. "Es ist bedauerlich, dass die politischen Umstände so sind, dass Dieter Althaus es für nötig hielt, im Interesse seines Landes und seiner Partei diesen schwierigen Entschluss zu fassen."
Zu den genauen Gründen für den Rücktritt war zunächst wenig bekannt. Der Thüringer Bauminister und Vertraute von Althaus, Gerold Wucherpfennig, erklärte im Sender N24: "Dieter Althaus wollte den Verhandlungen, die jetzt geführt werden, nicht im Wege stehen."
Linkspartei-Kandidat Ramelow sieht nach eigenen Worten trotz des Rücktritts keine größeren Hürden für eine Koalition zwischen Linken und Sozialdemokraten. Die Schnittmengen zwischen SPD und Linkspartei seien viel größer als mit der CDU, sagte er der Nachrichtenagentur AP. "Die CDU muss in die Opposition. Es kommt auf die Inhalte an und nicht auf das Personal."
Die CDU stürzte bei der Wahl am Sonntag um zwölf Punkte auf 31,2 Prozent ab und ist erstmals seit zehn Jahren auf einen Koalitionspartner angewiesen. Eine Regierungsmehrheit kann sie nur mit der SPD unter Spitzenkandidat Christoph Matschie erreichen.
Auch eine Koalition zwischen SPD und Linkspartei ist möglich. Die Parteien blockieren sich bislang, weil sowohl Ramelow als auch Matschie Ministerpräsident werden wollen. Ramelow betonte am Donnerstag aber, dass man am Freitag ohne Bedingungen in die Sondierung mit der SPD gehen werde.
Noch am Mittwoch erhielt Althaus Rückendeckung aus der CDU-Landtagsfraktion in Erfurt und von der Bundes-CDU. Im vergangenen Jahr wurde er ohne Gegenstimmen zum Landesvorsitzenden wiedergewählt. Allerdings verursachte der passionierte Sportler an Neujahr einen schweren Skiunfall in Österreich, bei dem eine Frau ums Leben kam und er schwer verletzt wurde. Nach langem Klinikaufenthalt kehrte erst vor vier Monaten in die Politik zurück. Sein Umgang mit dem Unfall sorgte bei der Opposition für großen Unmut.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip