EU-Subventionsunsinn: 1,3 Millionen Euro für Butterberg
Die EU lagert überschüssige Milchprodukte, um die Preise zu stabilisieren. Das kostete seit Oktober 2008 1,3 Millionen Euro. Verschwendung, finden kritische Bauern.
Statt die Milchproduktion stärker zu begrenzen, steckt die Europäische Union Millionenbeträge in Lagerhäuser für die Überschüsse. Allein in den neun Monaten bis Ende Juni zahlte sie 1,3 Millionen Euro, um zu viel produzierte Butter und Milchpulver aufzubewahren, wie die EU-Kommission der taz mitteilte.
Nachdem die EU vor wenigen Jahren ihre Butter- und Milchpulverberge abgetragen hatte, setzt sie seit März wieder auf eine umgekehrte Politik: Seitdem hat sie rund 80.000 Tonnen Butter und 230.000 Tonnen Magermilchpulver aufgekauft. So will die Kommission das Angebot verknappen, um die Preise für die Bauern zu steigern. Die Landwirte erhalten derzeit nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) für ihre Lieferungen nur die Hälfte der Produktionkosten. Viele der allein in Deutschland 97.000 Milchbauern sehen deshalb ihre wirtschaftliche Existenz bedroht. Umweltschützer befürchten, dass in erster Linie exportorientierte Agrarfabriken die Krise überstehen werden.
Um Druck aus dem Markt zu nehmen, will die Kommission in diesem Haushaltsjahr bis zu 600 Millionen Euro für den Aufkauf von Überschüssen und für Exporte zu Dumpingpreisen ausgeben. In Deutschland bezahlt sie laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Platz für Butter in fünf Kühlhäusern. Das lässt sich Brüssel 215.000 Euro kosten. Die deutschen Magermilchlager haben bisher mit 350.000 Euro zu Buche geschlagen.
Anders als für den konservativen Deutschen Bauernverband ist das für den BDM, der ein Drittel der deutschen Milchbauern vertritt, Verschwendung. "Die Interventionskäufe", sagt Sprecher Hans Foldenauer, "wirken nicht nachhaltig." Schließlich müssten die Lagerbestände irgendwann wieder verkauft werden - und dann drückten sie auf die Preise. "Die EU könnte das Geld sinnvoller einsetzen, indem sie Bauern dafür bezahlt, dass sie weniger produzieren", erklärt Foldenauer.
Für diese und andere Forderungen gingen auch am Dienstag wieder Landwirte in mehreren Bundesländern auf die Straße. Vor dem Agrarministerium in Kiel kippten sie mehrere hundert Liter Milch in ein Becken. Auf Plakaten hatten die rund 100 Demonstranten "Menge runter, Preise rauf" oder "Wer Bauern quält, wird nicht gewählt" geschrieben.
Die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft forderte von der EU, die Produktionsmenge mithilfe des derzeitigen Quotensystems zu senken. Die Quote gibt vor, wie viel die Bauern liefern dürfen. 2015 wollen die EU-Staaten die Mengen aber freigeben.
Bei diesem Beschluss müsse es bleiben, sagte Kommissionssprecher Michael Mann. "Auf lange Sicht wird der Bedarf an Milchprodukten steigen." Dann wäre es nachteilig, wenn die Wirtschaft wegen der Quote ihre Produktion nicht genügend steigern könnte. Außerdem hätten sich viele Bauern schon auf den Fall der Quote eingestellt. Mann verteidigte auch die Interventionskäufe. Sie wirkten: "Und die Preise steigen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies