German Open im Rollstuhl-Tennis: Reifenspuren im roten Sand

Katharina Krüger strebt mit Macht unter die Weltbesten ihres Sports. Die 19-Jährige trainiert fast jeden Tag. Die Berlinerin, 19, ist seit vier Jahren Deutschlands beste Rollstuhltennisspielerin.

Mit sieben Jahren stand Katharina Krüger bereits auf dem Tennisplatz. Bild: reuters

Reifenspuren im roten Sand

VON JOHANNES KOPP

Es ist das letzte Training vor den German Open in Essen: Auf der einen Seite des Platzes hinterlässt Tennislehrer Karsten Weigelt seine Fußspuren, auf der anderen Seite zieht Katharina Krüger ihre Kreise durch den roten Sand. Die Berlinerin, 19, ist seit vier Jahren Deutschlands beste Rollstuhltennisspielerin. Nur für Sekundenbruchteile, wenn sie im Spiel ihr Sportgerät blitzschnell um die eigene Achse drehen muss, verschwindet der Filzball aus ihrem Blickfeld.

Krüger ist eine geübte Pirouettenfahrerin. Aufgrund einer embryonalen Fehlentwicklung ist sie von Geburt an querschnittsgelähmt. Mit sieben Jahren stand sie bereits auf dem Tennisplatz, so früh wie kaum jemand in der Szene. Dennoch spricht sie nach dem Training auf der Anlage der Zehlendorfer Wespen von fahrtechnischen Defiziten. Und sie ist unzufrieden mit ihren Schlägen. Also kein guter Tag heute? "Schlechte Tage gibt es nicht. Es kommt immer auf einen selbst an, was man aus ihnen macht."

Das klingt schon ziemlich professionell. Ihr Spiel ist in dieser Saison stabiler geworden. Schneller, als sie selbst erwartet hat, schob sie sich in der Weltrangliste bis auf Platz acht. "Ich habe eine Supersaison gespielt", sagt die angehende Abiturientin. Bei den German Open wird sie heute ihren ersten Auftritt haben. Obwohl es in Essen nur wenige Weltranglistenpunkte zu gewinnen gibt, erklärt sie: "Jedes Turnier, jedes Match, jedes Training ist wichtig." Ihr Pensum ist beeindruckend. Unter den Top-25-Spielerinnen gibt es in dieser Saison keine, die so viele Wettkämpfe wie Krüger, genau 20, bestritten hat. Bereits mit 13 spielte Krüger ihre ersten internationalen Turniere. Bei den Zehlendorfer Wespen kümmern sich gleich zwei Trainer um Krüger - und ihre tennisbegeisterten Eltern. Fünfmal die Woche rollt sie über den Platz. Dazu kommen Kraft- und Ausdauertraining. "Ich bin Leistungssportlerin, weil es mir Spaß macht", betont sie. "Nicht einmal über Weihnachten kann ich aufhören."

Auf der Tour ist ihre Mutter, Petra Krüger, ihre stetige Begleiterin und Trainerin. Auch in Berlin verfolgt sie die Übungseinheiten ihrer Tochter mit Argusaugen und greift korrigierend ein. Sie ruft: "Du musst mehr zum Ball hinfahren." Für den Laien erklärt sie: Die richtige Positionierung des Rollstuhls zum Ball entscheide mindestens zu 50 Prozent über Sieg und Niederlage. Da nütze einem die beste Schlagtechnik nichts. Und auch wenn beim Rollstuhltennis der Ball zweimal aufhüpfen darf, versuchen die Besten den Ball möglichst nach einem Bodenkontakt zu treffen.

Krüger gehört neuerdings der absoluten Elite an. Erstmals in ihrer Karriere ist sie im November bei den Tennis Masters in Amsterdam im November dabei, bei denen nur die ersten acht der Weltrangliste antreten dürfen. Nach der Qualifikation für die Paralympics in Peking ist das bislang ihr größter Erfolg. Rückt sie noch einen Ranglistenplatz nach oben, ist sie künftig auch für die Grand-Slam-Turniere (Australian-, French- und US-Open) sicher qualifiziert.

Derzeit rangieren unter den Top acht der Frauen fünf Niederländerinnen. Rollstuhltennis hat dort mit 500 Aktiven Breitensportcharakter. Esther Vergheer, die Beste, verlor ihr letztes Spiel im Jahre 2003. Vergheer einmal zu schlagen, das ist ein langfristiges Ziel, das Katharina Krüger verfolgt. In Peking verlor sie noch mit 0:6, 1:6.

Aber langfristige Pläne sind eine heikle Angelegenheit. Ende 2008 etwa wusste die Familie Krüger nicht, wie sie die jährlich anfallenden Tourkosten von 35.000 Euro stemmen sollte. Das Budget steht auf wackeligen Beinen. Ihr Verein hat für Krüger und zwei männliche Rollstuhlsportler einen Fond gegründet. Zudem organisierte der Club für seine Spitzenspielerin Unterstützung aus der Berliner Wirtschaft. Die Sporthilfe zahlt, die Patentante auch - jeweils überschaubare Summen.

Krüger hofft, dass nach dem Ende der Winter-Paralympics im März 2010 die Sportfördertöpfe auch wieder ein wenig für sie geöffnet werden. Als Top-acht-Spielerin würde sie bei den Paralympischen Spielen in London 2012 nicht sofort wie in Peking auf Esther Vergheer treffen.

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