Interna des Innenministeriums: "Jedes Augenmaß verloren"

Das Innenministerium will nach der Wahl polizeiliche Befugnisse für den Verfassungsschutz einfordern. SPD, FDP und die Gewerkschaft der Polizei warnten davor, die historisch bewährte Trennung aufzuheben.

Schäubles Ministerium will dem Verfassungsschutz auch Lausch- und Spähangriffe in Privatwohnungen erlauben. Bild: ap

BERLIN rts/dpa | Das Bundesinnenministerium bereitet sich einem Zeitungsbericht zufolge mit weitreichenden Forderungen zur inneren Sicherheit auf Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl vor. So solle der Verfassungsschutz nach den Vorstellungen mehrer Referate des Ressorts von CDU-Minister Wolfgang Schäuble zahlreiche neue Kompetenzen erhalten, zitierte die Süddeutsche Zeitung am Freitag aus einem internen Konzept.

Unter anderem werde in dem Katalog mit dem Titel "Vorbereitung Koalitionspapier" gefordert, dass der Inlandsgeheimdienst künftig Computer online durchsuchen dürfen, was bisher ausschließlich dem Bundeskriminalamt zustehe. Auch auf die Daten der Vorratsdatenspeicherung solle er zugreifen dürfen. Ferner sollten dem Verfassungsschutz Lausch- und Spähangriffe in Privatwohnungen erlaubt werden. Der genetische Fingerabdruck solle laut dem Papier als "erkennungsdienstliche Standardmaßnahme" erfasst werden statt wie bisher nur bei Straftaten von erheblicher Bedeutung und auf Anordnung eines Richters.

Den Vermerken auf dem Papier zufolge seien damit mehrere Abteilungen des Innenministeriums befasst gewesen, berichtet die Zeitung weiter. Es sei vom Abteilungsleiter für Öffentliche Sicherheit gebilligt worden. Schäubles Büroleiter Bruno Kahl sagte dem Blatt, das Dokument sei bisher nicht zur Leitungsebene des Ministeriums gelangt. Es handle sich nicht um ein Papier für Koalitionsverhandlungen, sondern nur um eine Art interne Wunschliste der Referate.

Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Stefan Paris, wies am Freitag Berichte zurück, wonach die Aufgaben von Geheimdienst und Polizei zusammengefasst werden sollen. "Der Verfassungsschutz bleibt Verfassungsschutz. Die Polizei bleibt Polizei", sagte er und betonte, das Papier habe nicht "die Willensbildung des Hauses durchlaufen".

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, warf Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor, jedes Augenmaß verloren zu haben. "Er überschreitet die roten Linien einer rechtsstaatlichen Innenpolitik." Die FDP-Rechtspolitikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einer "Horrorliste". Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte davor, die historisch bedingte und bewährte Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten aufzuheben.

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