Gemischte Reaktionen auf Weltfinanzgipfel: Zeitplan reicht nicht aus

Der DGB lobt die Beschlüsse des G20-Gipfels in Pittsburgh. Ökonomen und Attac gehen die Ergebnisse nicht weit genug. Ihr Urteil reicht von verhalten bis zu "gescheitert".

Spricht vor den G20-Chefs in Pittsburgh: US-Präsident Obama. Bild: reuters

BERLIN taz | Lob und Tadel nach dem G-20-Weltfinanzgipfel in Pittsburgh: Das Treffen der 20 größten Industrie- und Schwellenländer hat in Deutschland für sehr unterschiedliche Reaktionen gesorgt.

Man könne "stolz auf diese Regierung bei solchen Gipfelanlässen sein", lobte der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Michael Sommer, den womöglich letzten gemeinsamen Auftritt von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Steinbrück (SPD) auf internationalem Parkett. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hingegen erklärte das Treffen für "gescheitert".

Während Sommer in der Leipziger Volkszeitung davon sprach, dass die Bundesregierung immerhin Visionen von einer Finanzmarkttransaktionsteuer entwickelt habe, kritisierte Detlev von Larcher vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis, dass die zentralen Ursachen der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit den 30er-Jahren nicht angegangen worden seien.

"Es ist ein Trauerspiel, wenn 20 Staats- und Regierungschefs zwei Tage lang konferieren und als fast einziges konkretes Ergebnis strengere Regeln für Managerboni herauskommen", sagte der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete. Beschneidungen der Managervergütungen seien zwar nötig, stünden aber als alleinige Maßnahme in keinem Verhältnis zu den Dimensionen der weltweiten Wirtschaftskrise.

Dasselbe gelte für die Bereitschaft der USA, die Eigenkapitalregeln für Banken aus dem internationalen Basel-II-Abkommen zu übernehmen. "Wir brauchen nicht weltweit Basel II, sondern eine neue globale Finanzarchitektur", kritisierte von Larcher. Die Frage, wer für diese Krise zu zahlen habe, wurde hingegen nicht beantwortet.

Auch die ökonomische Fachwelt in Deutschland reagierte verhalten auf die Ergebnisse: Zwar sei bei den Absichtserklärungen einiges erreicht worden, sagte der Wirtschaftsethiker Friedhelm Hengsbach auf Deutschlandradio Kultur. Aber der Zeitplan sei zu weit gefasst. Wenn man beispielsweise eine strengere Regelung bei der Kreditschöpfung der Banken über zwei oder drei Jahre verschiebe, werde zunächst vieles laufen wie bisher.

"Möglicherweise sind dann schon wieder die Grundlagen für weitere euphorische Blasenentwicklungen gelegt." Die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro kritisierte in der Welt am Sonntag, dass "wichtige Fragen wie die globale Aufsicht über systemrelevante Banken oder eine grenzüberschreitende Insolvenzordnung" gar nicht erst auf der Agenda standen.

Peter Wahl von der entwicklungspolitischen Organisation Weed konnte dem Gipfel immerhin etwas Positives abgewinnen: Frankreich und Deutschland konnten durchsetzen, dass der Internationale Währungsfonds bis zum nächsten Gipfel so etwas wie die Einführung einer Finanztransaktionsteuer prüfen soll. Dies sei, so Wahl, ein "positiver Schritt".

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