Radikale bei den Wahlen: Keine rechte Freude

NPD und DVU gehen bei Bundestags- und Landtagswahlen unter. Für die DVU ist damit wohl das Aus besiegelt. Die NPD macht weiter - und könnte gefährlicher werden.

In bundesweiten Umfragen der vergangenen Jahre gingen rechtsextreme Einstellungen in der Bevölkerung zurück. Bild: dpa

Es klingt nach Zurücklehnen: Bei der Bundes- und den beiden Landtagswahlen am Sonntag spielten die Rechtsextremen - NPD, DVU und REPs - keine Rolle. Magere 1,5 Prozent holte die NPD im Bund, die Republikaner lagen bei 0,4 Prozent. Die DVU landet unter "ferner liefen" - 0,1 Prozent. Und das in Zeiten einer Wirtschaftskrise, in der rechtsextreme Parolen ("Arbeit zuerst für Deutsche") historisch betrachtet immer besser punkten. Am Sonntag taten sie es nicht.

Das größte Debakel erlebte am Sonntag die DVU in Brandenburg: In Bausch und Bogen flog sie dort aus dem Landtag, in dem sie sich seit 1999 festgesetzt hatte. Statt der 6,1 Prozent, die die DVU noch 2004 holte, kam sie diesmal auf vernichtende 1,2 Prozent. Damit ist die Partei bundesweit in keinem Landtag mehr vertreten - und wohl auch der Anfang vom Ende der DVU besiegelt, die zuletzt, siehe Europawahl (0,4 Prozent), nur noch Niederlagen kassierte.

Eine Krise allein nütze rechtsextremen Parteien gar nichts, so der Berliner Rechtsextremismusforscher Richard Stöss. "Erst in Verbindung mit den Themen Einwanderung und Multikulti könnten die Rechten profitieren." In ihren Wahlkämpfen hätten aber weder NPD noch DVU, noch die REPs irgendeine Kompetenz zur Bewältigung der derzeitigen Krise bewiesen.

Dirk Wilking, Chef des Mobilen Beratungsteams Brandenburg, verweist auf die gewachsenen zivilgesellschaftlichen Widerstände gegen die Neonazis. "In Brandenburg gibt es heute fast flächendeckend Protest, sobald die Rechtsextremen auftauchen." Das sei vor einigen Jahren noch ganz anders gewesen. Stöss bestätigt, dass in bundesweiten Umfragen der vergangenen Jahre rechtsextreme Einstellungen in der Bevölkerung zurückgingen. Der Nährboden für Rechtsaußen schrumpft.

Dazu zerlegt sich das rechtsextreme Lager momentan von selbst. Bis Ende Juni hatten NPD und DVU in einem "Deutschlandpakt" vereinbart, bei Wahlen nicht gegeneinander anzutreten. Dann kündigte die NPD das Bündnis auf, trat ebenfalls zur Brandenburger Landtagswahl an - und attackierte fortan unter dem Label "Die echte Rechte" die DVU. Daneben warb die NPD mit feister Hetze gegen Migranten: Im Osten plakatierte sie "Polen-Invasion stoppen", in Berlin versandte sie fingierte Ausreise-Aufforderungen an migrantische Politiker.

Die DVU wollte sich, zumindest nach dem Willen ihrer Bundesführung, als moderatere, rechtskonservative Kraft dagegen stellen. Eine durchaus erfolgversprechende Lücke, die im bundespolitischen Parteienspektrum nur temporär von etablierten Kräften (zuletzt Jürgen Rüttgers, zuvor Roland Koch) gefüllt wird. An der DVU-Basis war dieser Modernisierungskurs dagegen nicht durchzusetzen. In Brandenburg plakatierte die Partei - dumpf wie eh und je - "Der Osten wählt deutsch" und verteilte Flugblätter mit dem Titel "Pawel, bleib zu Hause". Als reformrenitente Phantompartei, bezeichnet Experte Stöss denn auch die DVU. Weder sei die Partei organisatorisch - in den Dörfern und Städten -, noch medial präsent. "Die DVU ist erledigt", so Stöss.

Bleibt die NPD, und damit ein Problem. Zwar scheiterte die Partei mit 0,9 Prozent in Schleswig-Holstein. In Brandenburg erzielte die NPD aber mit 2,5 Prozent einen Achtungserfolg. "Eine gute Basis, auf der wir aufbauen können", frohlockte Klaus Beier, Brandenburger NPD-Chef. Nun gelte es "Strukturen auszubauen wie in Sachsen".

Tatsächlich hat sich die NPD peu à peu im Osten etabliert: In Mecklenburg-Vorpommern sitzt sie im Landtag, in Sachsen schaffte sie kürzlich den Wiedereinzug. Hier holte sie auch mit 4,0 Prozent (Sachsen) und 3,3 Prozent (Mecklenburg-Vorpommern) ihre besten Landesergebnisse zur Bundestagswahl. In Thüringen verpasste die NPD Ende August die Fünfprozenthürde in den Landtag nur knapp. Mit ihren 1,5 Prozent im Bund und den 2,5 Prozent in Brandenburg kann die NPD nun auf mehr als eine Million Euro Wahlkampfkostenerstattung pro Jahr rechnen. Parteien, die über 0,5 Prozent im Bund oder 1,0 Prozent bei Landtagswahlen erzielen, stehen pro Votum 0,85 Euro zu.

Die NPD beansprucht das gesamte rechtsextreme Feld. "Erweitert die NPD ihre Ausrichtung auch auf rechtskonservative Kreise, könnte sie ihre Wählerpotenziale noch vergrößern", ist Experte Stöss überzeugt. Demokratiekämpfer Wilking sieht dann vor allem den ländlichen Raum gefährdet. "Dort fehlt es vielerorts noch an zivilgesellschaftlichen Gegenreflexen zu den Rechtsextremen." Zurücklehnen ist also nicht drin.

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