Völkermord in Ruanda: "Schlächter von Butare" gefasst

Nach 15 Jahren auf der Flucht verhaftet: Idelphonse Nizeyima, einer der höchstrangigen Militärs in Ruanda während des Genozids 1994, ist in Uganda festgenommen worden.

15 Jahre ist der Völkermord in Ruanda her - jetzt wurde einer der Hauptverantwortlichen gefasst. Bild: ap

Nach 15 Jahren fand seine Flucht ein abruptes Ende: Am gestrigen Dienstagvormittag wurde der Ruander Idelphonse Nizeyimana im Exotic Inn Hotel der ugandischen Hauptstadt Kampala verhaftet. Nizeyimana zählt zu den letzten hochrangigen Tätern des ruandischen Genozids 1994, die noch immer auf freiem Fuß waren. Das Ruanda-Tribunal der UNO im tansanischen Arusha (ICTR) sucht ihn mit Haftbefehl, bei Interpol steht er auf der Most-wanted-Liste, in den USA sind 5 Millionen Dollar auf ihn ausgeschrieben.

Nizeyimana lebte die vergangenen Jahre im Ostkongo. Dort arbeitete er unter dem Decknamen Sebisogo im Büro des zweiten Vizepräsidenten der FDLR, Gaston Iyamuremye. Die im Ostkongo militärisch aktive ruandische Hutu-Milit FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) ist die Nachfolgeorganisation der ehemaligen ruandischen Armee und der Interahamwe-Milizen, die 1994 in Ruanda für den Tod von über 800.000 Tutsi und moderaten Hutu verantwortlich waren; in ihr tummeln sich zahlreiche Planer und Täter des Genozids.

Nizeyimana war während der Massaker 1994 die Nummer zwei der Unteroffiziersakademie ESO im südruandischen Butare, eine wichtige Kaderschmiede des damaligen ruandischen Militärs. Zahlreiche ESO-Absolventen bestätigen in Zeugenaussagen, dass er das eigentliche Machtzentrum innerhalb der ESO darstellte, unabhängig von seinem Chef Tharcisse Muvunyi, der bereits in Arusha einsitzt. Nizeyimana wird verdächtigt, 1994 Soldaten aus seiner nordwestruandischen Heimatregion rekrutiert zu haben, die in Butare ein Netzwerk von Straßenblockaden errichteten, an denen dann systematisch Tutsi getötet wurden. In Butare wurden zwischen April und Juli 1994 über 100.000 Menschen ermordet.

Zudem wird Nizeyimana beschuldigt, Massaker an der Universität in Butare sowie am Universitätskrankenhaus initiiert und kontrolliert zu haben. Höchstpersönlich soll er sich im Krankenhaus mehrfach vergewissert haben, dass dort kein Tutsi überlebt. Daher erhielt er den Spitznamen "Der Schlächter von Butare".

Der Berufsmilitär, der die Militärakademie in der ruandischen Hauptstadt Kigali absolviert hatte, hatte noch vor dem Genozid in Ruanda ein Stipendium erhalten, um in Deutschland seine Ausbildung zu vertiefen. Vermutlich absolvierte er an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg ein zweijähriges Offizierstraining.

Nach dem Genozid war er in den Kongo geflohen, und er blieb unentdeckt, bis er am 3. Oktober unter dem Decknamen Hitman Karobo die Grenze von Ostkongo nach Uganda überquerte. Er passierte den Grenzposten Bunagana mit einem "Passierschein", den er an der Grenze gekauft hatte. Der Tipp, dass sich Nizeyimana in Uganda aufhielt, erhielt die Polizei von Interpol, bestätigt die ugandische Polizeisprecherin Judith Nabakooba. Angeblich habe er sich lediglich auf der Durchreise nach Kenia befunden.

Nach einer Nacht in einer schäbigen Gefängniszelle in der Polizeistation entlang der Jinja Road außerhalb Kampalas Innenstadt, wurde der 46-Jährige gestern Vormittag nach Arusha ausgeflogen, wo ihm nun vor dem ICTR der Prozess gemacht werden soll.

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