Kommentar Deutsch im Grundgesetz: It's Germany here!

Ein neuer Artikel im Grundgesetz soll lauten: "Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch". Schluss also mit Hompages, Software & Co. Au weia!

So schnell kann es gehen in der Politik. Erst vor zwei Wochen weigerte sich FDP-Chef Guido Westerwelle, einem BBC-Journalisten auf Englisch zu antworten ("Es ist Deutschland hier"). Und jetzt soll seine trotzig-demonstrative Unfreundlichkeit auch noch im Grundgesetz verankert werden. "Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch", soll es künftig in Artikel 22 der Verfassung heißen. Das beschlossen jetzt Unterhändler aus CDU/CSU und FDP bei den Koalitionsgesprächen.

Eigentlich kommt die Forderung vom Verein Deutscher Sprache. Er will, dass deutsche Politiker die Bürger nicht mehr mit englischen Begriffen belästigen. Begriffe wie "Software" und "Homepage" müssen dann wohl aus dem Sprachgebrauch der Bundesregierung gestrichen werden - wie bei der NPD. Außerdem soll in steuerfinanzierten Bereichen die Verwendung der deutschen Sprache verbindlich sein. Dürfen deutsche Professoren bald also nicht mehr auf Englisch publizieren?

Bisher haben die Führungen von CDU und FDP solches Hinterwäldlertum abgelehnt. Und jetzt ist es eines der ersten Projekte, auf das sich die neue Koalition für ein "modernes und dynamisches Deutschland" einigen konnte. Das ist so peinlich wie Westerwelles BBC-Affront.

Auch für die Integration von Zuwanderern verheißt die geplante Verfassungsänderung nichts Gutes. Natürlich weiß jeder, dass Integration besser gelingt, wenn die Leute schnell Deutsch lernen. Gefördert wird das aber eher durch Offenheit und Toleranz, nicht durch Sanktionen und Staatspflichten. Oder soll bald jeder zum Verfassungsfeind gestempelt werden, der nicht fleißig genug Deutsch lernt?

Dabei ist die Initiative wohl nur heiße deutsche Luft: Für Grundgesetzänderungen ist immer noch eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.