Der Wochenendkrimi
: Praktisch, putzig, pittoresk

„Wilsberg – Ausgegraben“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF „Tatort: Der doppelte Lott“, So., 20.15 Uhr, ARD

Münster, Stadt der kurzen Wege und unmotorisierten Ermittler. Wer einen Mörder sucht, braucht nicht weit zu gehen; meist ist er sowieso schon einmal über den Täter gestolpert. Die hier produzierten Krimiserien setzen ganz auf den Charme des Provinziellen, wie an diesem Wochenende die Episoden von „Wilsberg“ und dem WDR-„Tatort“ zeigen. Praktisch, putzig, pittoresk mutet das Areal an, auf dem die Ermittler hier wie dort ihre Arbeit verrichten – umso mehr sticht die Sperrigkeit des jeweiligen Schnüfflers heraus: Hier Knautschgesicht Wilsberg, dort Quadratkopf Thiele. Zwei Muffelköppe vor hübscher Kulisse.

So richtige Einzelgänger sind die beiden Sonderlinge dann aber doch nicht. Dem mauligen Privatdetektiv Wilsberg (Leonard Lansink) etwa stand bislang immer Manni zur Seite. Der Verwaltungsbeamte, der in einer Folge auch schon mal darüber nachdachte, städtische Bordelle einzurichten, um die öffentlichen Kassen zu füllen, ergänzte Wilsberg nicht nur durch sein freiherziges Bürokratieverständnis – er besaß eben auch ein fahrtüchtiges Auto. Doch nun ist Manni weg. In dem Steuerbeamten Ekki (Oliver Korittke) findet die Schnüfflerschlampe Wilsberg immerhin einen Partner mit Mannis Bügelfaltenakkuratesse – und eigenem Auto. „Ausgegraben“ (Regie: Peter F. Bringmann, Buch: Timo Berndt) dient so weniger dazu, einen raffinierten Plot auszurollen als den neuen Sidekick zu installieren. Das Hickhack um Grabräuber und alten keltischen Schmuck kommt als umständlicher Ratekrimi daher. Bei „Wilsberg“ neigt man sowieso zur Biederkeit.

Da erzielt der WDR-„Tatort“ mit seiner galligen Heiterkeit meist stärkere Wirkung. In ihren besseren Momenten erinnern sie schon mal an den Provinzkrimifürsten Claude Chabrol. Münster erscheint auch hier als Soziotop, in dem alles irgendwie zusammenhängt. Und es ist eine effiziente Konstellation, dass dem zugereisten und ewig nölenden St.-Pauli-Fan Thiele (Axel Prahl) die distinguierte einheimischen Labertasche Börne (Jan Josef Liefers) zur Seite gestellt wird, die ihn in die gesellschaftlichen Arrangements der örtlichen High Society einführt.

In „Der doppelte Lott“ (Regie: Manfred Stelzer, Buch: Stefan Cantz, Jan Hinter) geht es nun um einen Unternehmer (Alexander Held), der mit ausländerfeindlichen Parolen in die Kommunalpolitik drängt. Ein eindimensionaler Rechtspopulist – für dessen Enttarnung Thiel allerdings durch Schwulenvarietés, Russenbars und Countryclubs streunt. Münster ist beim WDR-„Tatort“ immer ein schönes kleines Durcheinander: bieder und bizarr zugleich. CHRISTIAN BUSS