Thomas de Maiziere zu innerer Sicherheit: Der leisere Schäuble

Bei seiner ersten großen Rede vor den Sicherheitsbehörden präsentierte sich der neue Innenminister als weniger laute Ausgabe seines Vorgängers. An den Überwachungsgesetzen will er wenig ändern.

Der Ton soll ein anderer werden: Innenminister Thomas de Maiziere. Bild: dpa

WIESBADEN taz | Der neue Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) will an den neuen Kompetenzen des Bundeskriminalamtes nicht rütteln. "Die Neuregelungen des BKA-Gesetzes bleiben in allen wichtigen Punkten bestehen", sagte de Maiziere in seiner Rede während der Herbsttagung des BKA in Wiesbaden. Zwar wolle die schwarz-gelbe Koalition einige Aspekte der Sicherheitspolitik prüfen, bei diesem Thema stehe das Ergebnis für ihn allerdings bereits fest.

Das BKA-Gesetz beinhaltet die umstrittene Online-Durchsuchung und gibt den Bundesbeamten darüber hinaus die gleichen präventiven Befugnisse wie den Kollegen in den Ländern.

In seiner ersten großen Rede vor den Sicherheitsbehörden versuchte de Maiziere den Eindruck zu zerstreuen, er werde eine völlig andere Politik machen als sein Vorgänger Wolfgang Schäuble. Er sprach von dessen "hervorragender Arbeit" und sagte bei der Bekämpfung des Terrorismus sei in den vergangen Jahren "vieles Notwendige geleistet worden." Dabei hätten die Sicherheitsbehörden auch nicht über die Stränge geschlagen: "Ich sehe nicht, dass hier des Guten zu viel getan worden wäre."

Mehrere Äußerungen de Maizieres in den letzten Wochen waren als indirekte Kritik an Schäuble aufgefasst worden, beispielsweise der Satz er sehe sich nicht nur als Sicherheits- oder Polizeiminister. Zudem hatte de Maiziere kurz nach seinem Amtsantritt vor vier Wochen den Staatssekretär August Hanning in den Ruhestand geschickt. Hanning steht wie kein zweiter für den Ausbau der Macht der Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren.

Dass de Maiziere die teilweise alarmistische Rhetorik von Schäuble nicht mochte, ist ein offenes Geheimnis. Ebenso wenig Verständnis hatte er für Hannings enges Verhältnis zu manchen Journalisten, welches des Öfteren mit dem Durchstechen von Informationen an Medien verbunden war. Auch die vielen Auftritte Hannings im Fernsehen waren de Maiziere ein Dorn im Auge. In einem taz-Interview sagte der damals im März 2008 noch als Kanzleramtsminister fungierende de Maiziere über die Motive von Politikern, welche vertrauliche Informationen an Medien weitergeben: "In der Regel ist es eine Mischung von Eitelkeit und dem Wunsch, sich wichtig zu machen." Zudem war August Hanning wahrscheinlich einfach zu mächtig für den neuen Innenminister.

Öffentlich enthielt sich de Maiziere bisher jeder Kritik an Schäuble und die Demission von Hanning kommentierte er auch in Wiesbaden auf Nachfrage nicht. Wie in anderen Auftritten machte er vor allem klar, dass der Ton ein anderer werden solle. Staatliche Handlungsmöglichkeiten müssten mit Augenmaß an neue Herausforderungen angepasst werden, dabei sei "nicht alles gleich eine Frage neuer Gesetze." Doch inhaltlich setzt de Maiziere offenbar auf Kontinuität.

Er betonte mehrfach, die Sicherheitsbehörden müssten technisch auf dem gleichen Stand sein wie die Kriminellen und Terroristen. Bisher war dies eine der Standardbegründungen für Überwachungsmaßnahmen wie Online-Durchsuchung oder Vorratsdatenspeicherung. Unter dem neuen Innenminister wird das voraussichtlich so bleiben.

So sagte de Maiziere beispielsweise zur der Kritik, dass die Zahl der Überwachung von Internet- und Telefonkommunikation 2008 gegenüber dem Vorjahr um elf Prozent gestiegen ist, dies bedeute keine ausufernde staatliche Kontrolle: Die Zahl der Verfahren sei in den letzten acht Jahren einfach nur "prozentual etwa im selben Umfang gewachsen, wie die Zahl der Telefonanschlüsse insgesamt." Damit die Botschaft auch jeder verstand, folgte noch eine Sportmetapher: "Wenn mehr Fußball gespielt wird, braucht man mehr rote und gelbe Karten." Die Zahl der Karten allein sage gar nichts.

Auch würde de Maiziere die angeblich gestiegene Gewalt gegen Polizisten gern härter bestrafen - "ich halte das für nötig" - auf der nächsten Innenministerkonferenz werde es dazu "intensive Beratungen" geben. Er watschte nebenbei auch die Forscher des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen ab, die derzeit eine Studie zur Gewalt gegen Polizisten erstellen. In den ersten Fragebögen waren offenbar Fragen zum Privatleben der Beamten enthalten - etwa ob sie in Jugend oder Kindheit selbst Opfer von Gewalt waren. Damit würde suggeriert, die Polizisten trügen selbst Verantwortung für gegen sie gerichtete Gewalt, sagte de Maiziere. Es werde "diese Fragen, die das Privatleben ausforschen" mit ihm nicht geben.

Zu einer anderen wichtigen Entscheidung sagte der Innenminister ebenfalls nichts: "Zum Vorhaben der Bündelung von Überwachungstechnik beim Bundesverwaltungsamt werde ich bald meine persönliche Entscheidung treffen." Dabei geht es um die Frage, ob der Abhörzentrale neben dem BKA und der Bundespolizei noch der Verfassungsschutz angeschlossen wird. Auch auf Nachfrage wurde de Maiziere hier nicht genauer. Dieses Thema wird einer der ersten Prüfststeine sein, bei dem dann an tatsächlichen Entscheidungen zu sehen sein wird, ob Thomas de Maiziere wirklich nur anders reden will als Wolfgang Schäuble. Oder ob er auch etwas anders macht.

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