Gewalt gegen Beamte: Scheingefechte um Polizei-Studie

Hamburgs Innensenator Ahlhaus begründet den Ausstieg aus einer Studie zur Gewalt gegen Polizisten mit allzu intimen Fragen. Doch die sind laut Auskunft des Forschungsinstituts schon lange gestrichen.

Unbestritten ist, dass die Gewalt gegen Polizisten zunimmt - strittig dagegen die Forschung dazu. Bild: dpa

Hamburg bleibt, abgesehen vom Freistaat Sachsen, das einzige Bundesland, das sich nicht an der Studie zur Gewalt gegen Polizisten beteiligt. "Das ist unverständlich, weil es gerade in Hamburg ein Riesenproblem damit gibt", sagt Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, das mit der Studie betraut ist.

Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) hatte den Ausstieg aus dem Projekt am Donnerstag mitgeteilt. Er begründete das mit dem Fragenkatalog, den die teilnehmenden PolizistInnen - anonym - beantworten sollen. "Intime, sehr persönliche Fragen zu moralischen Prinzipien und früheren Gewalterfahrungen in der eigenen Familie verletzten die Persönlichkeitsrechte der Polizisten in unerträglicher Weise", sagte der Senator. Nur: Laut Christian Pfeiffer sind die Fragen zu persönlichen Gewalterfahrungen schon lange gestrichen. Dennoch bleibt Ahlhaus bei seiner Position. Er bemängelt eine Verkehrung der Opfer in Täter: "Wir brauchen keine Studie mit diskriminierenden Fragestellungen". Ob das Akzeptanzproblem jedoch tatsächlich, wie von ihm behauptet, bei den PolizistInnen liegt, ist strittig: Christian Pfeiffer sagt, dass die Änderungswünsche am Fragenkatalog nicht von den Testpersonen aus der Polizei, sondern aus der Politik kamen.

Die Rückendeckung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) kann Hamburgs Innensenator jedenfalls nicht für sich in Anspruch nehmen. Deren Vorsitzender Konrad Freiberg nannte die Gründe für die Entscheidung "Heuchelei". Auch könne Ahlhaus keineswegs für die gesamte Polizei Deutschlands sprechen.

Nach Paragraph 113 des Strafgesetzbuchs wird Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Als widerständig gilt, "wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zu Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet oder ihn dabei tätlich angreift".

In besonders schweren Fällen, wenn der Täter eine Waffe mitführt oder der Angegriffene schwer verletzt wird oder in Todesgefahr gerät, liegt der Strafrahmen bei sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Beifall kam dagegen von der - kleineren - Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Die Fragebögen seien von Anfang an "skandalös" gewesen. Man habe die politische Auffassung der Polizeibeamten ausspionieren wollen, wie etwa deren Auffassungen zu Migranten, sagte DPolG-Vorsitzender Rainer Wendt. Die dabei monierte Frage ist laut Pfeiffer bereits gestrichen.

Die Verfechter der Studie betonen, wie wichtig genauere Erkenntnisse über die Hintergründe der Gewalt gegen Polizisten seien. Erst sie ermöglichten es, Polizisten besser auf diese Situation einzustellen, sagte etwa der Bremer Innensenator und Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Ulrich Mäurer (SPD). So liefert die Kriminalstatistik zwar die Information, dass der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent zugenommen hat - sie schlüsselt dabei aber nicht zwischen Polizisten und anderen Beamten auf.

Hamburgs Innensenator setzt derweil allein auf die Verschärfung der Strafen. Skeptische Stimmen aus der Gewerkschaft merken dazu an, dass eine Studie, die möglicherweise eine bessere Ausstattung der Polizei und einen höheren Personalschlüssel nahe legt, nicht jeden erfreut.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.