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Rainald Grebe über Indianer"Ich bin Universaldilettant"

Am Mittwoch wird Rainald Grebes neues Stück am Centraltheater in Leipzig aufgeführt. Ein Gespräch über den Karl-May-Kult, Ost-Indianer und Puppentheater-Tempo.

Rainald Grebe: "Man sucht sich irgendetwas Verstaubtes und schaut, was schlägt da noch Funken, was geht da von heute rein." Bild: r. arnold/centraltheater
Interview von Torben Ibs

taz: Ihr neuer Theaterabend "Die Karl-May-Festspiele Leipzig" wird heute im Centraltheater aufgeführt. Was finden die Deutschen so toll an Indianern?

Rainald Grebe: Ich würde eher sagen fanden. Ich sehe das Ganze eher wie ein Mausoleum. Da geht es viel um Vergangenheit. Die Karl-May-Zeit ist schon lange vorbei. Geblieben sind Erinnerungen.

Treten Sie gerne mit Federschmuck auf?

Das war einmal. Als Kind hatte ich auch einen Indianerfederschmuck. Mein Vater war so ein Karl-May-Spezialist. Er ist ein richtiger Experte und hält auch Vorträge. Ich selbst bin aber kein Fan …

Rainald Grebe

Rainald Grebe ist einer der umtriebigsten Musikkabarettisten im deutschsprachigen Raum. Geboren 1971 in Köln ist er bekannt geworden durch seine Songs über Brandenburg und Thüringen und begeistert mit seiner Kapelle der Versöhnung seit 2005 das Publikum mit hintergründig-politischen Songs.

2008 entwickelte er mit seiner Klimarevue "Alle reden vom Wetter" seinen ersten großen Theaterabend am Centraltheater in Leipzig. Am Mittwoch, den 16 Dezember 2009, hat sein neuestes Werk "Karl-May-Festspiele Leipzig" am Centraltheater Premiere.

Aber trotzdem gab es ja die Idee, aus dem Stoff was zu machen.

Ich hatte schon mal eine Winnetou-I-Lesung gemacht. Was schön ist, denn dieser Originaltext ist so kitschig, er trieft und ist unglaublich. Man kennt ja nur die Filme, wenn überhaupt, aber die Texte von diesem Menschen sind hanebüchen. Seine Frau hat die dann frisiert. Der arme Mann! Seitenweise haben die das umfrisiert. Besonders die anzüglichen Stellen. In der Nazizeit wurde das Ganze nochmals rassisch umfrisiert.

Auch die Filme und die Produktionen auf den Freilichtbühnen der Republik sind ja bestenfalls frei nach Karl May.

Total frei. Aber er war ja auch sehr frei. Diese Winnetou-Bände, das gab es ja alles vorher schon mal in irgendwelchen Zeitungen. Er hatte tausend Anfänge und dann hier und da einen Handlungsstrang zugefügt. Er hat selber geklebt, geklaut und abgeschrieben.

Wie sieht denn nun Winnetou nach Grebe aus?

Es werden keine Lieder von mir auftauchen. Ich ziehe mich eher zurück, und lasse die Schauspieler singen und spielen. Wir haben auch Rollen diesmal, es gibt eine Geschichte, einen roten Faden. Das ist keine Nummernrevue, sondern es geht um Winnetou I.

Ist das Theater für Sie eine Art weiteres Standbein neben den Touren mit der Kapelle der Versöhnung und Ihren Büchern?

Es ist eins von vielen. Ich finde, alles, was wir machen, gehört eigentlich ins Theater. Wir spielen das zwar auch im Autohaus, aber ich finde, es ist immer Theater, was wir machen - Musiktheater. Es ist ja nicht nur Rockkonzert oder Kabarett. Es ist ja immer so ein gesamtes Ding. Thematische Shows.

Was wäre dann das Etikett, das man dem Künstler Grebe anhängen kann?

Universaldilettant. So etwas in der Art. Dieses ständige Ausprobieren, die Form wechseln und wandeln, das ist das Schöne und der Luxus. Das ist ja so geil, dass man hier so eine Firma, so ein Haus mit Zügen und Statisten zur Verfügung hat. Wo gibt es denn so was? Das ist toll, dass ich, bevor hier alles abgewickelt wird in Deutschland, so etwas machen kann.

Welche Rolle spielt in Ihren Konzepten das zeitkritische Moment? Es liegt ja immer irgendwie drunter, zum Beispiel beim Programm "1968", ohne aber direkt angesprochen zu werden.

Ich suche mir immer irgendetwas Abgelegtes. 1968 ist das ja auch letztlich. Oder eben Winnetou. Man sucht sich irgendetwas Verstaubtes und schaut, was schlägt da noch Funken, was geht da von heute rein. Die Grundlage ist immer etwas Modriges, Altes, was aber jeder kennt. Es geht mir immer auch um dieses Volksgut. Das, was viele kennen oder zumindest meinen zu kennen. Und dass man damit spielt, also letztlich mit so Emblemen.

Spielt dabei auch die Ost-West-Wahrnehmung eine Rolle?

Selbstverständlich. Gerade bei diesem Abend hier werden ja verschiedene Sachen verschnitten. Wir erzählen auch die Geschichte des Ostens und der Wende mit, aber über die Indianer. Da gibt es dieses Buch "Sozialistische Cowboys" und einer der Autoren sitzt mit im Boot und versorgt uns mit Material. Der Anlass zu dem Abend war ja 20 Jahre Wiedervereinigung. Da sollte ich was zu machen. Da habe ich mich aber sehr gescheut, gerade hier in Leipzig. Ich, als alter Westler, was soll ich dem noch hinzufügen? Und über Umwege kam es dann zu diesem Thema.

Sie haben in Berlin, wo Sie jetzt leben …

Ich wohne in Berlin, wie alle, die nicht wissen, wohin.

Sie haben dort an der Ernst-Busch-Hochschule Puppentheater studiert und mit Diplom abgeschlossen. Trotzdem taucht das in Ihrer Arbeit nicht auf.

Ich finde, das sieht man jedes Mal. Letztlich habe ich was gegen dieses Naturalismus-Schauspiel. Das mochte ich nie, das war mir immer zu wenig. Puppenspieler wechseln ja immer die Rolle und das in einer Geschwindigkeit … Auch wenn da jetzt keine Holzköppe auftauchen, finde ich immer, das Tempo kommt vom Puppenspiel. Es geht da im Grunde um Formenreichtum. Also das Wechseln des Puppenspielers, der da alleine diese ganzen Rollen spielt.

Und was kommt nach Winnetou?

Erst mal geht es ans Gorki-Theater in Berlin, da darf ich jetzt auch inszenieren, "Zurück zur Natur. Ein Konzert für Städtebewohner" im Januar, und danach ist erst mal Pause.

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