Hintergrund Mehrwertsteuer: Ausnahmen über Ausnahmen

Bundesrat entscheidet über ermäßigten Satz von sieben Prozent auf Hotelübernachtungen. Hundefutter und Schnittblumen sind günstiger, Babywindeln nicht. Fachleute beklagen Bürokratie

Welpe "Adonis" nascht Hundefutter (sieben Prozent Mehrwertsteuer). Bild: dpa

BERLIN apd/taz | Wenn am Freitag der Bundesrat über die ermäßigte Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen entscheidet, werden die Politiker sich nochmal mit der verwirrenden Staffelung dieser Steuersätze beschäftigen. Auf bestimmte "Waren des täglichen Bedarfs" verlangt der Staat nur den ermäßigten Steuersatz von 7 statt der regulären 19 Prozent.

Während aber Taxifahrten, Theaterkarten, Hundefutter, Rennpferde oder Schnittblumen lediglich mit 7 Prozent besteuert werden, wird auf Babywindeln, Schuhe, Apfelsaft, Strom, Gas oder Heizöl der volle Steuersatz gepackt. Und am Freitag kommt ein weiterer Bonus dazu: Übernachtungen in Hotels und auf Campingplätzen werden ab 2010 wohl ebenfalls staatlich begünstigt.

Das neue Steuergeschenk wird mit Wettbewerbsgründen gerechtfertigt. Außer in Dänemark sind Hotelbetten im gesamten EU-Ausland mit ermäßigten Steuersätzen belegt. Die Verringerung des Mehrwertsteuersatzes sei "die Kröte, die wir schlucken müssen, die uns von der CSU und FDP vor allem eingebrockt wurde", räumt der niedersächsische CDU-Ministerpräsident Christian Wulff ein.

Die Steuersätze sind ein Sammelsurium: Zugfahrten im Nahverkehr sind mit 7 Prozent Steuer belegt, im Fernverkehr aber mit 19. Lebensmittel wie Kaffeebohnen und -pulver werden niedriger besteuert, eine Tasse aufgebrühter Kaffee dagegen voll. Auch Taxifahrten sind steuerlich reduziert, die Bahncard ist es aber nicht.

Was immer wieder für mächtig Ärger zwischen Finanzämtern und Imbissketten sorgt: Die Bockwurst oder der Hamburger zum Mitnehmen ist steuerlich günstiger eingestuft als der gleiche Snack, der im Restaurant oder am Stehtisch beim Metzger sofort gegessen wird. Tippt der Verkäufer versehentlich die "To-go-Taste", streicht er den 12-Prozent-Vorteil ein, wie Klaus Grieshaber vom Bund der Steuerzahler in München erläutert. Der Fachmann meint: Das sind steuerliche Auswüchse, die noch dazu jede Menge Bürokratie verursachen.

Das werden auch Hoteliers und Campingplatzbetreiber zu spüren bekommen. Ihr Frühstück wird ebenfalls zur Ausnahme von der Ausnahme: Künftig müssen sie zwei Abrechnungen ausstellen, eine für die 7-Prozent-Übernachtung und eine für das voll besteuerte Morgenmahl.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.