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US-Krankenversicherung war zu teuerFolk-Musiker Vic Chesnutt ist tot

Er saß im Rollstuhl, seitdem er 18 Jahre alt war und gehörte zu den bedeutenden Indie-Folk-Musikern der USA. Vic Chesnutt starb im Alter von 45 Jahren. Eine Krankenversicherung konnte er sich nicht leisten.

Geprägt von Schmerz und Humor, Bitterkeit und Ironie: Musiker Vic Chesnutt. Bild: blue roses records

ATHENS (USA) apd |Der amerikanische Singer-Songwriter Vic Chesnutt ist im Alter von 45 Jahren gestorben. Chesnutts Plattenfirma Constellation Records erklärte auf ihrer Website, der in Athens im Südstaat Georgia lebende Musiker sei am Freitag gestorben. Der im Rollstuhl sitzende Folkrocker veröffentlichte noch im zu Ende gehenden Jahr zwei weitere Alben. Seine Musik war geprägt von Schmerz und Humor, Bitterkeit und Ironie. Die Texte mit zuweilen autobiografischem Hintergrund zeichnete eine verquere, anrührende Poesie aus.

Mit 18 Jahren fuhr Chesnutt betrunken an einen Baum und war seitdem gelähmt. Mit 25 nahm er mit Hilfe seines Mentors Michael Stipes von R.E.M., der ihn im "40 Watts Club" im gemeinsamen Wohnort Athens getroffen hatte, sein erstes Album auf. Das sei für ihn der Beginn des Erwachsenwerdens gewesen, sagte Chesnutt einmal. Danach folgten weitere Alben, auf denen er viel Trauer abarbeitete, aber auch mit großartigem Sarkasmus glänzte.

Auf seiner MySpace-Seite erklärte er, der Autounfall 1983 habe ein völlig neues Verständnis von Musik bei ihm ausgelöst. Erst kürzlich tourte er noch mit seiner Vic-Chesnutt-Band, an der auch mehrere Mitglieder kanadischer Musikgruppen sowie der Gitarrist Guy Picciotto von der Punkband Fugazi beteiligt waren.

Zuletzt musste sich Chesnutt laut einem Zeitungsbericht der Klage eines Krankenhauses erwehren, nachdem wegen Operationen Klinikkosten von 70.000 Dollar (fast 50.000 Euro) aufgelaufen waren. Er könne sich eine Krankenversicherung, die auch Operationen umfasse, nicht leisten und sei mit dem Bezahlen der Rechnungen in Verzug geraten, sagte der Musiker. Seine kanadischen Bandkollegen seien über dieses Problem verblüfft gewesen: "Sie verstehen nicht, wie eine Gesellschaft ihrer Bevölkerung so etwas antun kann."

Anders als in Kanada und den meisten anderen Industriestaaten gibt es in den USA keine allgemeine Krankenversicherung. Selbstständige Musiker mit Vorerkrankungen wie Chesnutt können sich eine adäquate private Krankenversicherung häufig nicht leisten. US-Präsident Barack Obama hat eine Reform des Gesundheitswesens zur obersten innenpolitischen Priorität erhoben und ist diesem Ziel nach einer wichtigen Senatsabstimmung an Heiligabend einen guten Schritt näher gekommen.

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4 Kommentare

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  • J
    jan

    ich glaube, dem artikel entnommen zu haben, daß vic chesnutt gestorben ist.

    und das ist sehr traurig.

  • MH
    Michi Hartmann

    Ja Denninger, klar kann man sich eine private nicht leisten, aber dafür haben wir eben eine staatliche, so dass jeder BürgerIn medizinisch versorgt ist, und das ist doch wohl der Unterschied! In Amiland gibts eben nix und dann stirbst du halt...

  • J
    jemand

    @denninger

     

    Ähm, ich glaube du vergisst dabei aber, dass ein deutscher Selbstständiger aber die öffentlichen Krankenkassen wählen kann!??

     

    Und warum sollte die Regierung unter Obama nicht in der Lage sein einen Krankenversicherungsschutz für alle zu organisieren? Er ist kein Messias, aber ein Politiker der eben genau dafür kämpft.

     

    Immer wieder Lustig. Auf der einen Seite die in Obama den Messias sehen und auf der anderen Seite diejenigen die ständig erzählen Obama wäre kein Messias und dabei alles politische vergessen...

  • D
    denninger

    "Selbstständige ... mit Vorerkrankungen ... können sich eine adäquate private Krankenversicherung häufig nicht leisten."

    Das ist auch in Deutschland so!

    Daran wird auch der Messias Obama nichts ändern können.