Vierschanzentournee in Oberstdorf: Comeback mit Botschaft

Janne Ahonen wird beim ersten Springen der Vierschanzentournee Zweiter. Seine erfolgreiche Rückkehr begleiten Bekenntnisse über Hungerkuren und Fressattacken.

Der finnische Skispringer Janne Ahonen schafft in Oberstdorf den zweiten Platz. Bild: dpa

Der deutsche Skisprung-Cheftrainer Werner Schuster darf sich als Prophet fühlen. Janne Ahonen, gab Schuster zu bedenken, werde sich bei seiner Rückkehr auf die Schanzen doch ganz sicher nicht auf x-beliebige Weltcups "in Lillehammer oder Engelberg" konzentrieren, sondern auf die Großereignisse Vierschanzentournee und Olympia. Und tatsächlich: Nach eher mittelmäßigen Weltcupauftritten, die die Spötter schon auf den Plan riefen mit der Frage, ob ein Comeback mit 32 wirklich eine gute Idee sei, ersprang sich Ahonen beim Tourneeauftakt in Oberstdorf Rang zwei. Der Österreicher und Dritte, Thomas Morgenstern, sagte: "Es ist so wie immer: Die Tournee hat angefangen, und Janne Ahonen ist wieder auf dem Podest."

Ahonen selbst sagt über den Coup von Oberstdorf, den nur der Tagessieger Andreas Kofler aus Österreich störte: "Der zweite Platz ist ein unglaubliches Gefühl. Ich bin schon ein wenig überrascht." Natürlich muss man sagen, dass die Witterungsbedingungen am Schattenberg Ahonen begünstigten, andere dagegen hemmten - er hat im heiklen Wettkampf einfach die Nerven behalten und seine große Routine ausgespielt, während andere ob der wechselnden Windböen nervös wurden.

2008 hatte Ahonen nach fünf Tourneesiegen, 36 Weltcupsiegen und zwei WM-Einzeltiteln seine Karriere beendet, es war ein Abschied, wie ihn sich viele Sportler wünschen: Noch voll in der Weltspitze stehend, verkündete er, sich fortan um die Familie kümmern zu wollen und um das Hobby Motorsport. Aber offensichtlich ist es ihm schnell langweilig geworden daheim in Lahti. Ahonen trainierte wieder und kündigte eine Rückkehr an. Er sehe das Jahr als Auszeit, als Erholung für den stark beanspruchten Körper, sagte er. Dazwischen hat er zusammen mit einem finnischen Journalisten ein Buch veröffentlicht. In Oberstdorf ist die deutsche Ausgabe der Biografie mit dem Titel "Königsadler" präsentiert worden. Neben allerlei Infos aus dem Privatleben versucht Ahonen auch zu schildern, wie es hinter den Kulissen der Skisprungszene zugeht: Da werden schon einmal Wettkämpfe verpatzt, weil am Tag zuvor zu viel gebechert worden ist. "Hätte ich beim Schreiben des Buchs gewusst, dass ich wieder zurückkehre, hätte ich manches vielleicht weggelassen", sagt Ahonen und lächelt ein bisschen.

Viel ernster als die Alkoholeskapaden junger Männer ist das Thema Gewicht. Ahonens Buch hat die Debatte über ungesunde Hungerkuren im Schanzensport wieder entfacht, er schildert, wie er bei seinem ersten WM-Sieg 1997 noch sieben Kilo mehr wog als bei seinem fünften Tourneesieg 2008, wie die Mannschaft unter der Ägide des Trainers Mika Kojonkoski heimlich futterte, weil das Hungergefühl zu groß wurde. Ahonen folgert zu Recht, dass das Skispringen um sein Image fürchten müsste, würden manche Praktiken zur Gewichtsreduzierung bekannt. Um abzunehmen, aß Ahonen höchstens 200 Kalorien am Tag, ernährte sich von Tabletten, Magerjoghurt und Energydrinks.

Um allzu krasses Niedriggewicht zu verhindern, hat der Weltskiverband FIS die BMI-Regel eingeführt, mit dem Untergewicht mit einer kürzeren Skilänge bestraft wird. Ahonen geht das noch nicht weit genug, er fordert: "Man müsste die Skilänge weiter reduzieren und den BMI anheben." Eine klare Botschaft - auch wenn Ahonen selbst wieder abgenommen hat für die Rückkehr auf die Schanze. Noch kann er sich den Mechanismen nicht entziehen, er sagt: "Ich liebe einfach das Skispringen." Und nun hat er eine realistische Chance auf den Tourneesieg.

SKISPRINGER THOMAS MORGENSTERN

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