Versuchter Mord vor Berliner Landgericht: "Du Zecke wirst nicht mehr aufstehen"

Discothek Jeton, Berlin Friedrichshain: Vier gegen einen. "Du Zecke wirst nicht mehr aufstehen", sollen sie gesagt haben. Heute hat der Prozess begonnen.

Das "Jeton" wurde in den Tagen nach dem Übergriff von Linken angegriffen und zum Teil "entglast". Bild: Tobias Hoffmann – Lizenz: CC-BY-SA

BERLIN taz | Es ist einer der kleineren Säle des Berliner Kriminalgerichts, in dem der Fall um Jonas K. verhandelt wird. Doch das Medieninteresse ist so groß, dass Journalisten auch die Zuschauerbänke auffüllen. Bislang ist Weniges sicher: Nach einem Diskobesuch in Berlin-Friedrichshain waren die vier angeklagten Neonazis in eine Schlägerei verwickelt, an deren Ende der 22-jährige Student Jonas K. mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus kam.

Der Staatsanwalt warf den vier Männern im Alter von 20 bis 26 Jahren versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Sie hätten versucht Jonas K. umzubringen, um dem "vermeintlichen politischen Gegner" ihre Macht zu demonstrieren. Der Hauptbeschuldigte Oliver K. soll den Bewusstlosen auf einen Fahrradweg gezerrt und versucht haben, ihn mit einem sogenannten Bordsteinkick zu töten. "Du Zecke stehst heute nicht mehr auf", soll einer der vier laut Anklageschrift gerufen haben.

Zu Verhandlungsbeginn ließ Oliver K. seinen Anwalt eine Erklärung verlesen. In der Nacht sei er auf dem Heimweg gewesen, als er hinter sich Geschrei hörte und gesehen habe, wie sein Freund Michael L. von fünf bis sechs Personen angegriffen wurde. Er sei zurückgerannt, um L. zu helfen, und dabei von dem späteren Opfer angegriffen worden. "Mir war nicht klar, wie verletzt K. war", ließ er verlesen. "Das es so schlimm war, tut mir leid." Auch seine drei Begleiter sagten aus, sie hätten den am Boden liegenden Jonas K. gesehen, allerdings nicht, was mit ihm geschehen sei. Die Beschimpfung "Zecke" will keiner gehört haben.

Übereinstimmend erzählten sie, überfallen worden zu sein, vermutlich weil Michael L. eine Jacke der bei Neonazis beliebten Marke "Thor Steinar" trug. Diese sei aber kein politisches Statement, so L. Er bestreitet eine politische Dimension des Vorfalls. "Wir hätten L. gegen jeden verteidigt", ließ Oliver K. vorlesen. Sein Opfer will er nicht als Linken erkannt haben.

Es gibt Bilder, auf denen die vier Männer mit SS-Helmen, NPD-Plakaten oder den Hitlergruß zeigend zu sehen sind. Allerdings ist umstritten, ob sie vor Gericht gezeigt werden dürfen. Laut den Verteidigern wurden sie gestohlen.

Der Prozess dauert zunächst bis Ende Januar. Drei Angeklagten droht bei einer Verurteilung lebenslange Haft. Einer könnte nach dem Jugendstrafrecht zu höchstens zehn Jahren Haft verurteilt werden.

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