CDU-Klausur: Merkel liefert vergiftete Wahlanalyse

Bei der CDU gibt NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mit der Hartz-IV-Reform das Thema vor. Er möchte Hartz IV teilweise wieder zurückdrehen.

Die beiden Landesfürsten Horst Seehofer (CSU) und Jürgen Rüttgers (CDU) können in der Union nicht einfach übergangen werden. Bild: dpa

BERLIN taz | Wenn der CDU-Vorstand zum Jahresauftakt in Klausur geht, schlägt stets die Stunde des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten. Voriges Jahr inszenierte sich Jürgen Rüttgers als Anwalt der Arbeitsplätze und rang seiner widerstrebenden Parteichefin einen Rettungsfonds für Unternehmen ab. Diesmal hat er mit einer Teilrücknahme der Hartz-IV-Gesetze erneut das Thema vorgegeben, und anders als im Vorjahr hat die Berliner Parteispitze in Gestalt von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen bereits Zustimmung signalisiert.

Die Durchschlagskraft des Themas erklärt sich daraus, dass Rüttgers im Mai jene Landtagswahl zu bestehen hat, die über das Wohl und Wehe der schwarz-gelben Bundesregierung entscheidet. Gleichzeitig lässt sich die noch immer orientierungslose SPD mit nichts so leicht in Panik versetzen wie mit der Bewältigung ihrer eigenen Hartz-Vergangenheit. Und schließlich ist die Debatte ums Arbeitslosengeld bestens geeignet, vom lästigen Steuerstreit mit der FDP abzulenken.

Gleich zum Auftakt der Klausur präsentiert Parteichefin Angela Merkel ihren Kritikern ein vergiftetes Geschenk. Anders als vor vier Jahren hat sie diesmal, eine Analyse des Wahlergebnisses zu liefern. Eingeladen hat sie zu diesem Zweck allerdings den Demoskopen Matthias Jung von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen, dessen Zahlen den Kurs der Kanzlerin stützen. "Die Kritik an der Modernisierungsstrategie zeigt eine gewisse Realitätsferne", sagte Jung vorab der Berliner Zeitung.

Mit 33,8 Prozent der Stimmen hatte die Union im letzten Jahr schlechter abgeschnitten als vier Jahre zuvor, auch wenn es diesmal für die Ablösung der großen Koalition und das angebliche Wunschbündnis mit der FDP reichte.

Im Anschluss kommen auf Einladung des neuen CDU-Generalsekretärs Hermann Gröhe die Spitzen der beiden großen christlichen Kirchen zur Klausur, die BischöfInnen Robert Zollitsch und Margot Käßmann. Damit will die Partei ein Signal an die Kirchentreuen senden, die sich durch Merkels Kritik am Papst im vorigen Jahr irritiert zeigen. Allerdings glaubt Meinungsforscher Jung, die Kirchentreuen seien wegen ihrer geringen Zahl für Wahlergebnisse "nicht relevant".

Im Vorfeld der Klausur hatten CDU-Politiker aus den Ländern der Kanzlerin vorgeworfen, sie führe zu wenig und vernachlässige das konservative Profil. Merkel sah sich genötigt, mehrere Bundesminister zur Abwehr der Vorwürfe vor die Presse zu schicken. Auch CSU-Vertreter lobten ausführlich die Verdienste der Regierungschefin, die nach elf Jahren Pause immerhin wieder eine schwarz-gelbe Mehrheit errungen habe. Der Hesse Roland Koch stützte Merkel ebenso wie Rüttgers, der in der Zeitschrift Stern Willy Brandt zitierte: "Wer auf den Tisch haut, tut nicht dem Tisch weh, sondern seiner Faust."

Um die harten Themen der Wirtschafts- und Finanzpolitik soll es dann am kommenden Freitag gehen. In einer "Berliner Erklärung" will die Parteispitze Sprachregelungen vorgeben, mit denen sie möglichst die Zeit bis zur nordrhein-westfälischen Landtagswahl Anfang Mai überbrücken kann. Die Abwehr des FDP-Wunschs nach niedrigeren Steuersätzen wird dabei ebenso eine Rolle spielen wie der Wunsch des Düsseldorfer Ministerpräsidenten nach Revisionen von Hartz IV. (RAB)

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