Elbphilharmonie: Machtkampf um den Glaspalast

Die Elbphilharmonie wird teurer und später fertig. Das geht aus einem Schreiben des Bauunternehmens Hochtief hervor. Jetzt streiten sich die Architekten, Stadt und Bauunternehmer über Schuld, Zeit und Geld.

Doch besser zuschütten? Über das Millionengrab Elbphilharmonie wird immer mehr gestritten. Bild: dpa

Wie immer will keiner Schuld sein. "Ohne Pläne können wir die Elbphilharmonie nicht bauen", sagte am Donnerstag Hochtief-Sprecher Bernd Pütter, deswegen könnte sich die Eröffnung des Konzerthauses verschieben. Die Architekten aber weisen die Vorwürfe über fehlende Pläne entschieden zurück. "Wir haben unsere Planungsbeiträge vertragsgemäß geleistet, die diesbezüglichen Behauptungen von Hochtief sind nicht nachvollziehbar", sagte Meike Schmidt, Sprecherin des Schweizer Planungsbüros Herzog de Meuron (HdM) am Freitag. "Hochtief droht mit späterer Baufertigstellung, um Geld von der Stadt zu erpressen. Aber wir werden uns von Hochtief nicht erpressen lassen", sagte der Hamburger GAL-Fraktionschef Jens Kerstan dem Sender 90,3.

Da stehen sich nun drei zankende Seiten gegenüber, ein Ende des Streits ist nicht in Sicht. Auf 323 Millionen Euro ist der städtische Anteil für den Bau der Elbphilharmonie inzwischen gestiegen. Die Eröffnung war für das Frühjahr 2012 geplant; seit neuestem ist von einer einjährigen Verzögerung die Rede.

Nun kann man anführen, dass noch kein Konzertsaal der Welt je im Budget geblieben oder pünktlich fertig geworden wäre. Und dass es immer Machtspiele zwischen Bauherren, Architekten und Baufirmen gibt, die die Kosten hochtreiben.

Die Hochtief Aktiengesellschaft, gegründet 1875, ist ein börsennotierter, internationaler Baukonzern mit Sitz in Essen.

Der Konzern beschäftigte 2008 rund 64.000 Mitarbeiter und machte einen Gewinn von 75 Millionen Euro.

Zu seinen Bauprojekten zählen der Zeche Zollverein in Essen, der neue Elbtunnel in Hamburg, die Bosporus-Brücke, der Frankfurter Messeturm und die Öresund-Brücke.

Ärger hat Hochtief nicht nur mit der Elbphilharmonie, sondern auch mit dem "Weser Tower" in Bremen. Wegen Überziehung des vertraglich festgelegten Fertigstellungstermin kündigte der Investor den Vertrag mit Hochtief.

Bei der Elbphilharmonie ist dieser Streit allerdings besonders brisant. Denn der elitäre Bau war angesichts klammer Kassen bei den Hamburger Bürgern stets umstritten. Doch die Politiker wollen das Projekt unbedingt - Druckmittel zur Genüge für den Bauunternehmer Hochtief, der für sein nicht eben zügiges Agieren bekannt ist. Vor wenigen Tagen erst wurde Hochtief wegen Bauverzögerung aus dem Bremer "Weser Tower"-Projekt gekickt. Und für Verzug beim Umbau der Kölner Rheinhallen wird Hochtief einen zweistelligen Millionenbetrag zahlen müssen.

Jetzt ist also Hamburg an der Reihe: Nachforderungen von 22,4 Millionen Euro hat das Unternehmen jüngst gestellt; vor wenigen Wochen waren es noch 6,8 Millionen gewesen. Die neuen Forderungen seien "alle mit der Stadt abgesprochen", sagt Hochtief-Sprecher Pütter.

Die Stadt bestreitet das. Punkt für Punkt werde man die Forderungen niederkämpfen, ist von der Realisierungsgesellschaft Rege zu hören. Sollten Hochtiefs Ansprüche allerdings gerechtfertigt sein, wird es schwierig: Hamburgs Senat hat sich qua Beschluss auf einen Kostenstopp für die Elbphilharmonie geeinigt, und der "Topf für Unvorhergesehenes" enthält nur 20 Millionen Euro. Im Ernstfall also 2,4 Millionen zu wenig.

Damit nicht genug: Auch Bauverzögerungen "um viele Monate" hat Hochtief der Stadt angedroht, "falls sich nicht etwas bewegt", sagt Pütter. Will sagen: Falls die Architekten nicht die Tragwerkplanungen für den großen Konzertsaal lieferten. Ob man andere Bauabschnitte vorziehen kann? "Das haben wir angeregt. Denn vielleicht haben die Architekten die Pläne hierfür bereits in der Schublade", sagt Pütter.

Diese Situation erinnert fatal an jene Argumente, die Hochtief für sein Scheitern am "Weser Tower"-Projekt ins Feld führt. Der Bauherr habe dort, "rechtswidrige Rauchabzüge einbauen wollen, und das haben wir nicht mitgemacht", sagt Pütter. Der eigentliche Streit drehte sich - abgesehen vom Zeitfaktor - aber um die Frage, wer welche technischen Veränderungen zu verantworten habe.

Ein interessantes Szenario für die Elbphilharmonie, bei dem es auch um das Rückgrat der Stadt gehen wird. Denn zwar habe man bislang "keine der Forderungen anerkannt, weil wir nicht einmal die Begründung kennen", sagt Kulturbehördensprecher Karl Olaf Petters. Ob die Stadt aber über die juristischen Kapazitäten verfügt, um Hochtief zu verklagen - und ob man überhaupt mit Auftragsentzug drohen könnte, steht dahin.

Immerhin einer bleibt optimistisch: Der Generalintendant der Elbphilharmonie Christoph Lieben-Seutter geht nach wie vor von einer Eröffnung des Konzerthauses am 17. Mai 2012 aus. Alle Berichte über eine mögliche Verschiebung des Eröffnungstermins seien "pure Vermutung".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.