Kohlebranche will Gesetz: Neuer Anlauf für CO2-Lager
Die Kohlebranche fordert von der Bundesregierung ein Gesetz zur unterirdischen Lagerung von Kohlendioxid. Das ist bisher an Bürgerprotesten gescheitert.
BERLIN taz | Die Kohlebranche war guter Hoffnung. Nachdem das geplante Gesetz zur unterirdischen Lagerung von Kohlendioxid im vergangenen Sommer angesichts massiver Bürgerproteste und bevorstehender Wahlen überraschend gestoppt worden war, hatten sich Union und FDP im Koalitionsvertrag verpflichtet, die Voraussetzungen für die umstrittene Technik zu schaffen.
Doch seitdem ist nichts passiert, kritisierte Vattenfall-Chef Tuoma Hatakka am Donnerstag bei einem Kongress in Berlin. Ohne Gesetz könnte Vattenfall von der EU keine Fördergelder für sein geplantes Demonstrationskraftwerk Jänschwalde in Brandenburg bekommen, warnte Hatakka: "Wir brauchen den Rechtsrahmen zügig. Die Uhr tickt."
Vattenfall setzt große Hoffnungen in die sogenannte CCS-Technik (Carbon Capture and Storage). Dabei soll das klimaschädliche Kohlendioxid in Kohlekraftwerken abgeschieden und über Pipelines an Orte transportiert werden, wo es in unterirdische Hohlräume gepresst werden kann. An den vorgesehenen Lager-Standorten in Schleswig-Holstein und Brandenburg hatte es jedoch breite Proteste von Anwohnern gegeben, die einen Austritt des Gases und einen Verfall der Grundstückspreise befürchteten.
Zudem gibt es Kritik, weil die unterirdische CO2-Lagerung in den betroffenen Regionen eine Nutzung von Erdwärme unmöglich macht. Während die Landesregierung in Schleswig-Holstein sich kategorisch gegen Lager ausspricht, ist das rot-rot regierte Kohleland Brandenburg aufgeschlossener.
Im FDP-geführten Bundeswirtschaftsministerium, das gemeinsam mit dem Umweltministerium für das CCS-Gesetz zuständig ist, stößt die Kritik der Branche auf offene Ohren. Man arbeite bereits "geräuschlos" an einem neuen Gesetzentwurf, erklärte Staatssekretär Jochen Homann. Schon im Februar sind Gespräche mit den betroffenen Bundesländern geplant. "Hauptproblem ist die fehlende Akzeptanz der Bevölkerung." Um diese zu steigern, setzt das Ministerium neben Informationskampagnen offenbar auch auf finanzielle Anreize: Sowohl betroffene Gemeinden als auch Eigentümer, unter deren Grundstücken sich die CO2-Lager befinden, könnten finanziell entschädigt werden, heißt es im Ministerium.
Noch keine eindeutige Haltung zu einer möglichen Neuauflage des CCS-Gesetzes hat das ebenfalls beteiligte Umweltministerium: Minister Norbert Röttgen (CDU) hatte seine geplante Rede beim CCS-Kongress abgesagt und auch keinen Vertreter benannt. Der Minister, so heißt es in Regierungskreisen, habe sich noch keine abschließende Position gebildet und scheue neben der geplanten Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke einen weiteren gesellschaftlichen Konflikt.
Denn außer in den betroffenen Regionen stößt CCS auch bei Umweltschützern auf Skepsis. Während WWF und Nabu zumindest die Erprobung für sinnvoll halten, lehnen BUND und Greenpeace CCS als teures und unsicheres "Feigenblatt" für den Bau neuer Kohlekraftwerke ab.
Leser*innenkommentare
h.st.
Gast
Das ist, glaub ich, der von mir unten erwähnte gescheiterte Fall in Norwegen: http://www.aftenbladet.no/energi/olje/1128220/Skivebom_for_avfallsbroenner.html
ich kann nur kein norwegisch aber vielleicht jemand in der TAZ-Umweltredaktion...
LG
H
PS: gefunden hab ich den Artikel hier: http://www.kein-co2-endlager.de/infothek.html
(am unteren Ende unter: 14.05.2008)
Anna Luehse
Gast
Fördergelder von der EU,
im Klartext überwiegend vom bundesdeutschen Steuer- und Heizkostennachzahlungs-Zahler, das ist der wahre "Klimaschutz". Was machen eigentlich die wg. CO2 schmelzenden Himalajagletscher?
" ... als mit der inzwischen offiziell zurückgezogenen Behauptung vom Verschwinden der Himalaja-Gletscher ... bei der EU Millionenbeträge für eine wissenschaftliche Studie eingeworben wurden.
Die landeten inzwischen zum großen Teil beim indischen Forschungsinstitut Teri.
Dessen Chef Rajendra Pachauri ist Vorsitzender des IPCC. ..."
http://www.welt.de/die-welt/politik/article6044070/
Was-der-Forscher-nicht-weiss-macht-das-Klima-nicht-heiss.html
h.st.
Gast
Hier die Seite der Bürgerinitiative gegen das CO2-Endlager: http://www.kein-co2-endlager.de/
In Skandinavien ist ein ähnliches Projekt schon gescheitert, und der Boden/Untergrund wird als genauso "sicher" wie der in Schleswig-Holstein angesehen. Das Leck wurde übrigens nicht von dem supertollen Monitoring-System entdeckt sondern von einem Mitarbeiter der es zufällig fand...ich find nur leider den Text nicht mehr.. vielleicht könntet Ihr von der TAZ ja mal suchen
Neben Erdwärme würde auch die Druckluftspeicher-Technologie in Schleswig-Holstein verboten werden, die bei Windrädern angewandt wird um bei Wind Energie zu Speichern welche dann bei Flaut verfügbar ist.
Das Kraftwerk soll übrigens 500km entfernt gebaut(ich glaub Kölln) und mit einer Pipeline verbunden werden, das zahlt natürlich der Steuerzahler da er diese Technologie ja unbedingt möchte("Hauptproblem ist die fehlende Akzeptanz der Bevölkerung". Um diese zu steigern, setzt das Ministerium neben Informationskampagnen offenbar auch auf finanzielle Anreize: Sowohl betroffene Gemeinden als auch Eigentümer, unter deren Grundstücken sich die CO2-Lager befinden, könnten finanziell entschädigt werden, heißt es im Ministerium.")
mindzombie
Gast
Dann fällt ja auch die CO2 Steuer für Kohlekraftwerke weg, oder muss diese trotzdem bezahlt werden??!
Kommentator
Gast
"Ohne Gesetz könnte Vattenfall von der EU keine Fördergelder für sein geplantes Demonstrationskraftwerk Jänschwalde in Brandenburg bekommen".
Vattenfall will mal wieder Hektik verbreiten, um die Paragraphen möglichst fix und "geräuschlos" in seinem Sinne durchzudrücken. Diesmal ist die Aktion allerdings schon reichlich durchsichtig - denn die Gelder hat die EU schon längst genehmigt. Nur RWE ist leer ausgegangen, und hat dann sein Projekt in Hürth prompt auf Eis gelegt.
Offenbar hofft Hattaka noch mal wieder auf die Schlichtheit unserer Volksvertreter - das hat schließlich oft genug geklappt.
Karl
Gast
Thermodynamisch ist es Wahnsinn, juristisch mindestens fahrlässig und geologisch betrachtet recht eintscheidungsfreudig.
Erinnert mich an den Kommentar eines Franzosen der im Krimmkrieg die Attake der leichte Brigade kommentierte und der gerne, auch !, von Briten zitiert wird (allerdings nur selektiv): "..das ist großartig, aber es ist kein Krieg.....es ist Wahnsinn!"
Der zweite Satzteil gilt hier genauso!
Glück auf!
Karl
Filou
Gast
"Hauptproblem ist die fehlende Akzeptanz der Bevölkerung". Um diese zu steigern, setzt das Ministerium neben Informationskampagnen offenbar auch auf finanzielle Anreize: Sowohl betroffene Gemeinden als auch Eigentümer, unter deren Grundstücken sich die CO2-Lager befinden, könnten finanziell entschädigt werden, heißt es im Ministerium."
In anderen Ländern würde man das "Bestechung" nennen. Deutschland belegt nicht von ungefähr in Sachen internationaler Korruptionsvergleich den 14. Platz. Weitgehend unerwähnt blieb bisher in der Diskussion, dass nicht nur das Norddeutsche Becken, sondern z. B. auch das Alpenvorlandbecken, die Hessische Senke etc. Regionen mit geeigneten Speichermöglichkeiten darstellen. Für mindestens 17 Landkreise Niedersachsens hat E.on sogar schon die Konzession erhalten, für 1/3 der Fläche Mecklenburg-Vorpommerns RWE. Will das Ministerium alle entschädigen? Auch nicht erwähnt wurde bisher, dass die Endlager Jahrhunderte überwacht werden müssen, die Haftung aber nach höchstens 30 Jahren auf die Bundesländer übergehen soll.
t-claudius
Gast
"...und scheue neben der geplanten Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke einen weiteren gesellschaftlichen Konflikt."
Ist schon ein Eiertanz, so tun, als ob man "Volkspartei" wäre und gleichzeitig Politik für Großkonzerne auf Kosten des Volkes zu machen.
Da kann man entweder raten nicht so ängstlich zu sein (wo gehobelt wird, fallen schließlich Späne), oder es so zu machen, wie der Kollege von der FDP: heimlich arbeiten!
Aber keine Sorge, Herr Röttgen, das wird schon, der Wähler möchte schließlich verschaukelt werden.