Programm gegen Extremismus: Schwere Geburt

Auch Thüringen will nun ein Programm für Weltoffenheit und Toleranz auflegen. Die Inhalte sind nebulös, der Schwerpunkt soll aber bei den Rechtsextremisten liegen.

Protest in Pößneck gegen das "Fest der Völker" 2009. Bild: dpa

DRESDEN taz | Die CDU-SPD-Koalition in Thüringen war noch nicht besiegelt, da nutzte der Landtag Ende September 2009 ein günstiges Zeitfenster und beschloss in seiner konstituierenden Sitzung ein Landesprogramm für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz.

Die CDU, die ein solches von SPD, der Linkspartei und den Grünen gefordertes Programm immer abgelehnt hatte, gab ihren Widerstand auf. Sie befand sich nach der Wahlniederlage in der Defensive und musste um den Koalitionspartner SPD werben. Die Thüringer Linke hatte bereits ein eigenes Konzept erarbeitet. Nun hat Sozialministerin Heike Taubert (SPD) mit einer Kabinettsvorlage das Landesprogramm offiziell angekündigt.

Die NPD hatte bei der Landtagswahl am 31. August im vergangenen Jahr zwar mit 4,3 Prozent den Einzug in den Landtag verfehlt, legte aber deutlich zu. Und rechte Großveranstaltungen wie das "Fest der Völker" haben auch im bislang relativ ruhigen Thüringen die Sensibilität gegenüber zunehmenden rechtsextremen Tendenzen geschärft.

Es klingt nach einer Konzession an die CDU, wenn Ministerin Taubert nun "gegen jede Form von Extremismus" vorgehen will. Zugleich stellt sie aber klar, dass "der Schwerpunkt auf der Bekämpfung des Rechtsextremismus liegt". Das Sozialministerium ist in Thüringen für dieses Programm zuständig, weil hier bislang auch die Landesstelle für Gewaltprävention angesiedelt war.

Inhaltlich ist allerdings bislang nur sehr wenig zu erfahren. Die Ministerin spricht allgemein von der Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und der Zivilgesellschaft, der Weiterentwicklung bisheriger Projekte und davon, dass man spezielle Beratungen anbieten wolle. Auch ihr Staatssekretär Hartmut Schubert kann mehr über den Fahrplan als über das Konzept sagen. Es solle jedenfalls mehr als ein reines Finanzierungsprogramm werden und auch präventive Akzente setzen.

Zwei Arbeitsgruppen befassen sich einerseits mit der Evaluierung bestehender Initiativen und Beratungen, andererseits mit Kontakten zu den sogenannten gesellschaftlich relevanten Gruppen. Genannt werden Kirchen, kommunale Spitzenverbände, Tarifpartner, Parteien und der Verfassungsschutz. Erst für September ist für die Initiative ein Kabinettsbeschluss geplant, die Umsetzung könnte dann etwa ab Oktober erfolgen.

Etwas konkreter sind die Vorstellungen des ehemaligen Juso-Landesvorsitzenden und SPD-Landtagsabgeordneten Peter Metz. "Die Stärkung der Zivilgesellschaft muss ein regionalisierter Prozess sein", sagt er. Metz wird sich in der kommenden Woche anschauen, wie das beispielsweise in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern läuft. Lokale Aktionspläne sollten weiterlaufen, Büros und Beratung vor Ort Lücken schließen. Ergänzt werden müsse diese Unterstützung durch einen antirassistischen Bildungsplan und repressive Polizeimaßnahmen. Das Programm könnte nach den Vorstellungen von Metz mit 1,4 Millionen Euro ausgestattet werden.

Bei künftigen Nutznießern gibt es allerdings Bedenken, ob die Akteure vor Ort auch gehört werden. Luise Zimmermann vom Aktionsnetzwerk Jena begrüßt zwar grundsätzlich die Absicht eines Programms, befürchtet aber erneut eine Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus.

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