Die 24 Stunden von Fortuna Düsseldorf

Drittligist Düsseldorf gewinnt sechs Punkte innerhalb eines Tages und beendet vorzeitig den Abstiegskampf. Angesichts guter Leistungen in Serie stellt sich für die Landeshauptstädter die Frage nach dem Saisonziel in der Regionalliga neu

DÜSSELDORF taz ■ Neben der Müllverbrennungsanlage in Flingern wurde am Samstag der Ost-West-Konflikt befriedet – mit einer Mauer. Nach dem 3:1-Erfolg von Fortuna Düsseldorf gegen den FC Carl Zeiss Jena standen sich die Fans beider Teams entlang eines deeskalierenden Schutzwalls aus Polizeibeamten und Einsatzwagen gegenüber. Während einige der 500 mitgereisten Thüringer mit der Staatsmacht rauften, waren die Fortuna-Anhänger einfach nur besoffen. Die 6.000 Düsseldorfer rund um das Paul-Janes-Stadion jubelten nicht nur wegen Altbier und Glühwein, sondern feierten auch sechs Punkte innerhalb von 24 Stunden. Drei Punkte hatten die Rot-Weißen soeben am Flinger Broich gewonnen, drei weitere tags zuvor am grünen Tisch.

Freitag. 14.30 Uhr. In Frankfurt nahm das DFB-Sportgericht unter Leitung des ehrwürdigen Richters Rainer Koch die Verhandlung über einen haarsträubenden Dopingfall auf. Bei einer Kontrolle nach dem Regionalligaspiel zwischen Düsseldorf und Kickers Emden am 17. September war in der A-Probe des Emder Spielers Falk Schindler die verbotene Substanz „Carboxy-Finasteride“ nachgewiesen worden. Schindler hatte ein Haarwuchsmittel benutzt, in dem die heikle Chemikalie enthalten ist. Der Nachweis von Carboxy-Finasterid „entspricht der Verabreichung der verbotenen Substanz Finasterid, einem maskierenden Wirkstoff“, stellte der DFB dazu fest. Emden hatte das Spiel am Rhein 2:1 gewonnen – Schindler war dabei ein Tor gelungen.

Es war bereits Abend geworden, als das DFB-Sportgericht am Freitag nach stundenlanger Verhandlung entschied, Schindler für sechs Monate zu sperren und den 2:1-Auswärtserfolg der Kickers in einen 2:0-Sieg für Düsseldorf umzuwandeln. Emder Vereinsvertreter zeigten sich „enttäuscht“ von dem Urteil. Finstere Verschwörungstheorien machten die Runde: Der Weltverband FIFA habe Druck gemacht, im Dopingfall Schindler hart durchzugreifen. Ein möglicher Einspruch gegen das Urteil gilt als chancenlos, zumal es im April einen Präzedenzfall beim Zweitligaspiel Erfurt gegen Unterhaching (2:0) gegeben hatte. Erfurt waren ebenfalls aus Doping-Gründen Punkte abgezogen worden. Ein Erfurter Spieler soll die verbotene Substanz Fenoterol inhaliert haben, als er seinem Sohn den Gebrauch eines Asthmasprays zeigte.

Samstag. 14 Uhr. Ausgestattet mit dem Punktepolster der Fußball-Justiz ging die Fortuna eher defensiv in das Heimspiel gegen die auswärtsstarken Jenenser. Nach zuletzt sechs Erfolgsspielen in Serie war Fortuna die geduldigere, stabilere, mittelfeldgesättigtere Elf. In der zweiten Hälfte schlug die spielerische Seriosität der Düsseldorfer dann um in Kreativität. Erst traf der altersweise Offensivspieler Marcus Feinbier mit einem altmodischen Drehschuss zum 1:0. Jenas darauf folgenden Ausgleich konterte Fortuna mit großwürfigen, schnellen und gefährlichen Angriffen, die wiederum meist Feinbier eingefallen waren. Andreas Lambertz und Marcel Pod-szus sicherten dieser Logik folgend im letzten Drittel des Spiels das verdiente 3:1.

Fortuna-Trainer Uwe Weidemann – dem die Vereinsführung trotz eines miserablen Saisonstarts treu geblieben ist – hofft nun, dass die Erfolgsserie der Landeshauptstädter „noch lange“ anhält. Tabellensiebter ist die Fortuna jetzt, der Abstiegskampf scheint vorzeitig beendet. Sollte Düsseldorf die nächsten Spiele bei den Spitzenteams Kiel und Osnabrück auch noch gewinnen, dürfte sich für den vor sechs Jahren aus der 2. Bundesliga abgestiegenen Traditionsclub die Frage nach dem Saisonziel neu stellen. MARTIN TEIGELER