PRIMARSCHULE: Schulstreit geht in Verlängerung

Verhandlungen mit "Wir wollen lernen" wieder vertagt. Initiative soll Zugeständnisse gemacht haben, verneinte dies aber. CDU und GAL drohen mit Abbruch.

Scheuerl machte die Hoffnungen zunichte: Einig wurde man sich auch im fünften Anlauf nicht. Bild: dpa

Die schwarz-grüne Regierung hat gestern zum fünften Mal Gespräche mit der Volksinitiative "Wir wollen lernen" (Wwl) geführt und eine Fortsetzung für Mittwoch angekündigt. Man tue dies, weil es "Signale gibt, dass sich die Initiative bewegen wird", sagte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan im Anschluss vor der Presse.

Bis Mittwoch sollen beide Seiten Experten fragen, wie schnell die Evaluierung der freiwillig startenden Primarschulen möglich wäre. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, sollen CDU und GAL gestern mit Abbruch der Gespräche gedroht haben. Daraufhin führte Moderator Michael Otto Einzelgespräche. Die Initiative soll Otto dann angeboten haben, die verbindliche, flächendeckende Einführung der Primarschule für 2012 zu akzeptieren, wenn eine Expertenkommission bis dahin die bereits gestarteten Schulen - so umfangreich wie es eben geht - evaluiert. Doch man habe später "den Sack nicht zumachen" können. Während des weiteren Gesprächs habe die Zustimmung der Initiativenvertreter "angefangen zu bröseln".

Unstrittig ist, dass bei einer Evaluation "Input-Kriterien" wie kleine Klassen oder Lehrerbildung überprüft werden können. Strittig war gestern aber, ob in so kurzer Zeit auch ein aussagekräftiger "Output"-Vergleich der Schülerleistungen möglich wäre.

Initiativensprecher Walter Scheuerl hatte seit Wochenbeginn immer wieder den Vorschlag der Handelskammer eines dreijährigen Schulversuchs gepriesen und erklärt, ihm bekannte Professoren wie der Berliner Rainer Lehmann hätten gesagt, dass die Schülerleistung auch schon nach drei Jahren evaluiert werden könne.

GAL-Schulsenatorin Christa Goetsch zitierte dagegen Wissenschaftler, die von einer wesentlich längeren Zeitspanne ausgehen. Als Scheuerl vor die Presse trat, bezog er sich darauf und machte die Hoffnung auf oben erwähnte Zustimmung zunichte. "Wenn ein solider Vergleich innerhalb von drei Jahren nicht möglich ist, heißt das, es gibt keine flächendeckende Einführung vor 2012." Dabei lässt er außer Acht, dass wichtige Studien für eine längere Grundschulzeit sprechen. Scheuerl griff die GAL an, sie sei eine Partei "mit nur 150 bis 200 aktiven Mitgliedern", die nicht das Schicksaal von 200.000 Schülern bestimmen dürfe.

Nach diesem Auftritt machte sich unter den CDU und GAL-Verhandlern Ernüchterung breit. Der CDU-Schulpolitiker Marcus Weinberg brachte es auf den Punkt, indem er sagte, die ständige Verschiebung würde von den Hamburgern bald als "Farce" empfunden. Die Koalition sei bereits "an die Grenzen des pädagogisch zumutbaren" gegangen.

Wie weit, das wurde gestern anhand einer neuen Vorlage von CDU und GAL vom 2. Februar bekannt. So soll die Primarschule noch weiter gestreckt und nicht in drei, sondern in vier Tranchen eingeführt werden, wovon die letzte erst im Sommer 2012 mit Primarschulkonzept in Klasse 4 startet. Dass würde bedeuten, dass noch drei Jahre lang parallel zur Primarschule fünfte Klassen an Gymnasien eingerichtet werden und die flächendeckende Umsetzung der Reform in der Hand einer dann neu gewählten Regierung liegt.

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