Schweizer Banken: Mythos Nummernkonto

Schweizer Banken verdienen weiterhin gut am Mythos von den völlig anonymen Nummernkonten. Doch die gibt es schon seit 1998 nicht mehr.

Eine Nummer allein reicht als Schlüssel nicht mehr. Bild: Brenda Clarke – Lizenz: CC-BY

Der Streit um die CD mit den Kontendaten deutscher Steuerhinterzieher auf Schweizer Banken beflügelt die Phantasie. Aus Rache für den Ankauf dieser CD durch die Bundesregierung legte ein Abgeordneter der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) den Entwurf für ein Gesetz vor zur Aufhebung des Bankgeheimnisses für die eidgenössischen Konten "deutscher Politiker, Parteien, Amtsträger und Gewerkschaften" vor.

Der Abgeordnete nimmt ausdrücklich Bezug auf Bundesfinanzminster Wolfgang Schäuble und dessen "entscheidende Rolle bei der Parteispendenaffäre der CDU". In Österreich lockt die Bank Jungholz neuerdings deutsche Steuerbetrüger an mit "Goldfinger-Nummernkonten - ganz wie in der Schweiz."

Doch wie einst James Bond oder in den 80er Jahren die CDU unter Helmut Kohl spurlos Geld auf völlig anonymen Schweizer Nummernkonten zu verstecken – das ist bereits seit zwölf Jahren zumindest gesetzlich nicht mehr möglich. Seit 1998 muß sich ausnahmlos jeder, der bei einem Schweizer Bank oder ihrer ausländischen Filiale ein Konto eröffnen will, per Personalausweis oder Paß identifizieren und auch eine gültige Anschrift vorlegen.

Die Bank muß die Anschrift überprüfen. Sämtliche persönlichen Daten werden bei der Bank gespeichert. Die Bank darf auf Wunsch des Kunden lediglich die Möglichkeit einräumen, daß das Konto nach außen, auf Formularen etc. unter einem Decknamen oder einer Nummer geführt wird.

Diese lediglich nach außen anynom geführten Konten heißen bei den Banken längst nicht mehr "Nummernkonten" sondern "Inhaberkonten". Seit Juli 2004 müssen sich Besitzer solcher Konten auch bei bei der Einzahlung oder Abhebungen von Geld ausweisen. Auslandsüberweisungen auf derartige Inhaberkonten sind nicht möglich, da hierfür die Angabe des tatsächlichen Namens und der Anschrift des Kontobesitzers vorgeschrieben sind.

Obwohl die Besitzeridentität eines Inhaberkontos im Ernstfall also weder vor staatsanwaltlichen Ermittlungen und zwischenstaatlichen Amtshilfeverfahren geschützt ist, noch vor Datendieben unter den Bankmitarbeitern, verdienen die eidgenössischen Geldinstitute verdienen weiterhin gut am Mythos von den anonymen Nummernkonten.

Rund 80 Prozent aller Privatkonten deutscher Privatbürger bei den beiden Großbanken UBS und Credit Suisse sind nach Informationen führender Bankmanager Inhaberkonten. Das entspricht dem Anteil der unversteuerten Gelder an den insgesamt 175 Milliarden Euro deutscher Privatvermögen, die auf Schweizer Banken liegen. UBS und CS berechnen für ein Inhaberkonto 1.500 Franken (1.000 Euro) Jahresgebühr – mehr als das zwanzigfache, wie für ein normales Konto.

Da lohnt für deutsche Steuerbetrüger sowie Parteien und Politiker mit Schwargeld in der Schweiz vielleicht doch ein Transfer ihrer Vermögen auf ein Nummernkonto in Österreich. Die rechtlichen Bedingungen sind dort zwar ähnlich wie in der Schweiz. Doch die Wiener Jungholz-Bank berappt für ihr "Goldfinger-Nummernkonto" lediglich 200 Euro Jahresgebühr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.