Frauenquote in Aufsichtsräten: Der Norden macht`s vor

Schweden will im Gegensatz zu Deutschland in der Frauenquote politisch aktiv werden: Wenn sie bis 2014 nicht verdoppelt wird, greift das Parlament ein. Norwegen ist da schon weiter.

Will sich über die Frauenquote profilieren: Fredrik Reinfeldt. Bild: reuters

STOCKHOLM taz | Schweden tritt für eine Quotierung ein. Der konservative Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt betonte bei einer Veranstaltung zum Frauentag: "Geht es nicht anders, versuchen wir das so." Sollte sich der Frauenanteil in den Aufsichtsräten nicht von jetzt 18 Prozent bis 2014 verdoppelt haben, werde dem Parlament der Vorschlag für eine gesetzlich verordnete Frauenquote vorgelegt. Auf diese Formel hatte es zuvor bereits Finanzminister Anders Borg gebracht. Im Parlament hätte er eine Dreiviertelmehrheit sicher.

Stellen Sozialdemokraten, Linke und Grüne - die Alternative zur jetzigen bürgerlichen Koalition - nach den Parlamentswahlen im September die Regierung, soll eine Quotenregelung nach norwegischem Vorbild bereits 2012 in Kraft treten.

Das Vorpreschen Reinfeldts, mit dem er keine Rücksicht auf das Nein seiner liberalen Regierungspartner nimmt, hat wohl auch mit diesen Wahlen zu tun. Laut Umfragen hat Rot-Rot-Grün bei Wählerinnen eine deutliche Mehrheit, bei Frauen unter 30 sogar mit 64 zu 29 Prozent. Die Frage der weiblichen Präsenz in Aufsichtsräten, seit 10 Jahren Gegenstand einer Debatte, die nicht vom Fleck gekommen ist, hat sich zu einer wichtigen Symbolfrage entwickelt.

Unter der Drohung einer gesetzlichen Quotenregelung während der sozialdemokratischen Regierungszeit war der entsprechende Frauenanteil von 2002 bis 2006 von 6 auf 19 Prozent gestiegen. Um nach der bürgerlicher Regierungsübernahme schließlich zu stagnieren. Eigentlich sollte das 60-Punkte-Programm "Neue Strategie für Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft" wieder für Bewegung sorgen. Es wurde letzten Sommer von der Regierung präsentiert.

Das Konzept, dem Reinfeldt nur neun Monate später bereits nicht mehr zu trauen scheint: Eine allgemeine Förderung von Frauen im Arbeits- und Wirtschaftsleben werde auch zur Verbesserung der Frauenpräsenz in der Führungsetage von Unternehmen führen.

Abgeguckt hatte man sich das von ähnlichen Programmen, die 2007 in Finnland und 2008 in Dänemark lanciert worden waren. Und die bislang ähnlich wenige Resultate zeigten wie ein 2008 erlassenes schwedisches Gesetz, das Aktiengesellschaften verpflichtet, auf ihren Websites und in den Jahresberichten Rechenschaft über ihre Gleichstellungsarbeit abzulegen. Kaum messbare Effekte, urteilt Ulla Eriksson-Zetterquist von der Universität Göteborg, auch über das von ihr ausgewertete EU-finanzierte "Women to the Top"-Programm. Damit versuchte man zwischen 2003 und 2005 in Schweden und Dänemark bessere Karrieremöglichkeiten für Frauen zu schaffen.

Effektiv war dagegen das am 1. Januar 2008 in Norwegen in Kraft getretenen Quotengesetz. Keine Sanktionen und keine Gerichtsverfahren waren nötig, um einen 40-prozentigen Frauenanteil in den Aufsichtsräten zu erreichen.

"In den Gremien kam es zu einer deutlichen Verjüngung, und das Ausbildungsniveau stieg", sagt Marit Hoel, Chefin des Center for Corporate Diversity in Oslo. Die Warnung der Kritiker, dass Unternehmen ihren Sitz aus Norwegen verlagern würden, habe sich nicht erfüllt: "Faktum ist, dass die Zahl ausländischer börsennotierter Unternehmen sogar gestiegen ist." Eine Untersuchung zeige, dass sich die Mehrheit der Aufsichtsrätinnen nicht als "Quotenfrauen" behandelt fühle. 95 Prozent gaben an, ihre Ansichten und Standpunkte würden ernst genommen, 85 Prozent sagten, ihre Vorschläge hätten Zustimmung gefunden und würden umgesetzt.

Aber jenseits der durch Quoten geregelten Aufsichtsräte hat es dieses praktische Vorbild bislang noch nicht vermocht, auch die Chefebenen von Aktiengesellschaften und anderen Unternehmen wesentlich weiblicher zu besetzen.

"Das ist vor allem für diese Firmen selbst ein Problem", sagt Liv Monica Bargem Stubholt, Direktorin von Aker Clean Carbon: "Sie nutzen die Ressourcen, die eine bessere Geschlechterbalance mit sich bringt, nicht aus."

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