Sanierung von bankrotten Instituten: Bankenabgabe statt Finanzsteuer
Die Bundesregierung begnügt sich mit einer bescheidenen Krisenabgabe für Banken, die jährlich 1,2 Milliarden Euro aufbringen sollen. Frankreich dagegen prüft eine umfassende Finanzmarktsteuer.

Einig sind sich die französische und die deutsche Regierung darin, ein "Abwicklungsregime" für marode Banken zu entwickeln. Bild: dpa
Die deutsche und die französische Regierung sind uneins, ob die umstrittene Bankenabgabe die richtige Antwort auf die Finanzkrise ist. Nachdem das Bundeskabinett am Mittwoch solch eine Abgabe beschlossen hat, sagte die französische Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde, Frankreich prüfe auch die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen.
"Wir planen eine maßvolle Abgabe, die sich an den Risiken der Bankgeschäfte orientiert", erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble während der gemeinsamen Pressekonferenz mit Lagarde. Die französische Ministerin hatte zuvor als erstes ausländisches Regierungsmitglied an einer Kabinettssitzung in Berlin teilgenommen. Der deutsche Bankensektor inklusive Sparkassen und Volksbanken solle pro Jahr "bis zu 1,2 Milliarden Euro" aufbringen, erklärte Schäuble. Den Großteil davon, möglicherweise 900 Millionen Euro, sollen die großen Privatbanken bereitstellen. Das Geld werde in einen Fonds fließen, um für künftige Finanzkrisen vorzusorgen, so Schäuble. Damit will die Regierung verhindern, dass die Steuerzahler für sämtliche Kosten von Spekulationskrisen aufkommen müssen. Bis zur Sommerpause soll ein Gesetzentwurf dazu vorliegen.
Die französische Ministerin begrüßte einerseits "die Stabilitätsabgabe". Andererseits sagte sie aber auch, dass die französische Regierung weiterdenke. "Ich will das bestmögliche Instrument", so Lagarde. Das sei möglicherweise nicht die Bankenabgabe, sondern eine Steuer auf bestimmte Finanztransaktionen, die Lagarde gegenwärtig prüfen lässt. Als Vorteile einer solchen Steuer nannte sie, dass nicht nur Banken, sondern auch andere Finanzinvestoren wie Hedgefonds erfasst würden. Außerdem würden die Einnahmen nicht nur in einen Fonds für die Zukunft fließen, sondern schon bald im Staatshaushalt zur Verfügung stehen. Lagarde betonte, die Regierungen müssten "innovative Finanzierungsquellen" finden, um den globalen Klimaschutz und die Entwicklungshilfe bezahlen zu können.
International geht die Diskussion hin und her. Die österreichische Regierung plädiert für die Einführung einer internationalen Transaktionssteuer auf eine Vielzahl von Finanzgeschäften. Das belgische Parlament hat vor Jahren bereits ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Und im November sprach sich selbst der britische Premier Gordon Brown für die Steuer aus. US-Finanzminister Timothy Geithner ist dagegen, Präsidentenberater Paul Volcker, wie man hört, aber dafür. Der Internationale Währungsfonds wird demnächst einen Bericht zu den unterschiedlichen Varianten vorlegen. Die EU plant ein gemeinsames Vorgehen, eine Lösung steht aus.
Vor diesem Hintergrund forderte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß die Bundesregierung auf, ebenfalls eine Finanzmarktsteuer einzuführen. Diese könne bis zu 10 Milliarden Euro jährlich allein für den deutschen Staatshaushalt erbringen. Wirtschaftsverbände sowie Sparkassen und Volksbanken kritisierten dagegen selbst die Abgabe von 1 Milliarde Euro. Die kleinen Institute gehörten nicht zu den Verursachern der Finanzkrise, argumentierte Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken.
Einig sind sich die französische und die deutsche Regierung darin, ein "Abwicklungsregime" für marode Banken zu entwickeln. Auch das will die Bundesregierung in einem Gesetzentwurf regeln. Im Krisenfall müsse es leichter werden, Pleitebanken "entweder zu restrukturieren oder abzuwickeln", so Schäuble. Die Bankenaufsicht wird mehr Eingriffsrechte erhalten, um die Teile von Instituten, die für das Funktionieren des gesamten Systems wichtig sind, zu verstaatlichen und zu sanieren. Die Rechtsposition der Anteilseigner und Gläubiger einer Bank wird beschnitten, die Haftung der Vorstände verstärkt. Die Abwicklung oder Sanierung von bankrotten Instituten soll in der Hand der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung liegen, die heute schon den Bankenrettungsfonds Soffin verwaltet.
Leser*innenkommentare
Martin
Gast
Ich bin normal gegen Spam, aber hier muß ich es tun:
http://www.manager-magazin.de/koepfe/artikel/0,2828,686972,00.html
Wo kommen denn diese 4 Milliarden Gehalt für einen einzelnen Menschen her? Kritik ist immer leicht, hier aber sicherlich berechtigt, hier stinkt gewaltig etwas.
TAZ, das solltet Ihr aufgreifen.
Was soll man da noch berichten über Ackermanns im Vergleich läppisches Millionengehalt?
Laures
Gast
Wie formulierte es Volker Pispers so schön:
Wenn man bedenkt das die jetzige Kriese den Steuerzahler bisher 170 Mrd. € gekostet hat, ist der Fond schon in 170 Jahren für die nächste Kriese bereit.
Na dann bin ich ja beruhigt.
vic
Gast
Die Bankenabgabe; Peanuts für Banken und ein Placebo für´s dumme Stimmvieh.
An einer Finanztransktionssteuer führt kein Weg vorbei. Leider steht Vernunft bei Gelb-Schwarz nicht auf der Agenda.
Dieter Wüffel
Gast
Daran merkt man, dass das System nach wie vor für ganz bestimmte Leute funktioniert.
Thomas Fluhr
Gast
Was das kostet, sieht man ja bei der HRE Bank. Was soll da die Bankenabgabe bringen, oder entlasten? Ein weiterer Witz.
testy
Gast
"we live in a wonderful world..."
Jan
Gast
Wieso anstatt? Das Eine hat doch mit dem anderen gar nichts zu tun. Die FinanzTRANSAKTIONSsteuer soll für Umverteilung und als Bremse gegen die Minutengeschäfte dienen, die Absicherung der Banken sollte ohnehin deren Sache sein und nicht unsere. Wir fordern die Steuer auf Geldgeschäfte, und solange die nicht auf der Höhe der Mehrwertsteuer angelangt ist, können die Finanzdinosaurier froh sein! Und wir lassen uns nicht
ein X für ein U verkaufen.
Eser
Gast
1,2Mrd... eine unvorstellbar hohe Summe.... zum Glück aber muss dieser Betrag zusammenkommen von allen Banken, nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die HRE 1,2Mrd von den 100Mrd abgeben müsste, die sie von uns bekommt.
Dann könnten sich die Banker ihre dritte Marmorstatue auf den Malediven nicht mehr bauen.... das wäre unmenschlich.
Nigredo
Gast
Mal schauen...da wird also eime "Krisenabgabe" eingeführt, mit der in Zukunft Banken, die gegen die Wand gefahren sind, geholfen werden soll...da stellt sich doch die Frage: wer fährt vorsichtiger? Der mit Sicherheitsgurt und Airbag oder der ohne?
Nur eine Bank, die evtl durch die Windschutzscheibe direkt kopfzuvorderst in die Mauer kracht, wirtschaftet auch verantwortlich - die Regierung muss nur dafür sorgen, dass die Mauer nachher renoviert wird. Heisst: Sie muss die einzelne Banken fallen lassen, statt Milliarden in ihre Rettung zu investieren; diese Millionen muss sie stattdessen dafür einsetzen, die Kunden (d.h. auch andere Banken) vor den Folgen zu schützen.
end.the.occupation
Gast
Bei einem geschätzten Gesamtschaden der letzten Krise von mehr wie 150 Milliarden Euro, sollte die nächste Bankenkrise also möglichst erst im 22'sten Jahrhundert auftreten...
Und wieviele Milliarden werden im Moment durch Zentralbank-Niedrigstzinsen in die Taschen der Banken gespült? Nur das zehnfache - oder ist es mehr?
Da zeigt sich mal wieder: Merkel und Co., die tun was für unsere Banken.