Rohstoffe deutscher Firmen: Germanium im Visier

Deutsche Firmen kümmern sich zu wenig um ihre Versorgung mit Rohstoffen, sagen Experten. Die Politik muss für freien Marktzugang sorgen, kontert die Industrie.

Neodym ist Bestandteil hochwirksamer Magneten, die etwa in Windkraftanlagen benötigt werden. Bild: dpa

BERLIN taz | Neodym? Germanium? Kennt keiner? Sind aber Rohstoffe, die in der Industrie dringend benötigt werden. Neodym ist Bestandteil hochwirksamer Magneten, die etwa in Windkraftanlagen oder Hybridmotoren benötigt werden. Germanium verwenden Hersteller von Glasfaserkabeln und Infrarottechnik, die unter anderem in Nachtsichtgeräten eingesetzt wird. Jetzt hat die Bundesanstalt für Geologie und Rohstoffe (BGR) Alarm geschlagen und in einem Positionspapier auf die "erhöhten Versorgungsrisiken" in den nächsten Jahrzehnten für diese beiden Stoffe hingewiesen.

Neodym gehört zur Gruppe der sogenannten seltenen Erden, die heute zu 97 Prozent in China gefördert werden. Der Name täuscht zwar - aus geologischer Sicht sind die Metalle nicht selten. Doch sind sie meist nur in wenigen Ländern verfügbar, im Falle von Neodym in China. Und Peking plane weitere Exportbeschränkungen und schicke sich an, existierende Abbaubegrenzungen strenger durchzusetzen, heißt es in dem BGR-Papier. Dadurch könne bis ins Jahr 2030 eine Versorgungslücke entstehen. Ähnlich beim Fall des Halbmetalls Germanium. Vorräte besitzen vor allem China, Russland, die Ukraine, die USA und Kanada. Weil der Bedarf stetig steigt, rechnet die BGR mit einem geringeren Angebot bei steigenden Preisen.

Der Warnruf der BGR richtet sich an die deutsche Industrie. "Die Unternehmen verweigern sich dieser Thematik", sagt Harald Elsner, einer der Autoren des Papiers. Wenn, wie derzeit im Falle von Eisenerz, ein Rohstoff knapp oder deutlich teurer würde, riefe die Industrie nach politischen Lösungen. Dabei sei es ein Fehler, dass die deutschen Unternehmen sich nicht mehr in der Rohstofferzeugung engagierten und das Thema Recycling vernachlässigten.

Noch sind die Metalle nämlich so billig, dass es sich weder lohnt, sie eigenständig zu gewinnen - meist sind sie ein Nebenprodukt etwa bei der Zink- oder Aluminiumherstellung -, noch lohnt sich für die Unternehmen ein nennenswertes Recycling. "Das kann man nicht automatisiert lösen", sagt Dirk Diederich, der mit dem Göttinger Institut für Glas- und Rohstofftechnologie Unternehmen unter anderem in Verfahrenstechniken berät. So würden die seltenen Erden bei der Wiederverwertung in Stäuben anfallen, die per Hand abgesaugt werden müssten. "Das bezahlt keiner", sagt Diederich.

Für eine politische Lösung setzt sich Werner Schnappauf, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, ein. "Das Problem sind heute vor allem Ausfuhrbeschränkungen der Förderländer, etwa China", sagte er der taz. "Sie lassen sich nur auf politischer Ebene abbauen." Dazu zähle auch der kommende G-20-Gipfel, der die Rohstoffproduzenten und die Industrie- und Schwellenländer zusammenbringe.

Michael Ritthoff vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie setzt woanders an. Zunächst sei es notwendig, den möglichen Bedarf knapper Rohstoffe zu analysieren und sie nur dort einzusetzen, wo sie wirklich unumgänglich seien, sagt er. Eine solche systematische Analyse stünde jedoch noch aus.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.