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Mixa und der feine UnterschiedGewatscht, nicht geprügelt

Nachdem er mögliche Ohrfeigen zugebenen hat, wehrt sich Bischof Mixa gegen den Vorwurf, die Öffentlichkeit belogen zu haben. Sein Argument: Ein paar "Watschn" sind keine Prügel.

"Dass ich nicht geprügelt habe, dazu stehe ich auch heute noch", sagt Mixa. Bild: dpa

AUGSBURG/FRANKFURT/ MAIN dpa/apn | Erst hat er Prügel geleugnet, dann mögliche Ohrfeigen gegen Heimkinder eingeräumt. Jetzt versucht der wegen Misshandlungsvorwürfen massiv unter Druck geratene Augsburger Bischof Walter Mixa, seinen Ruf zu wahren und wehrt sich gegen Vorwürfe, die Öffentlichkeit zunächst belogen zu haben.

"Dass ich nicht geprügelt habe, dazu stehe ich auch heute noch", sagte Mixa der "Bild am Sonntag". Auf vereinzelte Ohrfeigen habe sich die Diskussion erst in den letzten Tagen zugespitzt. "Und dann habe ich eben so ehrlich gesagt, dass ich das nicht ausschließen kann. Daraus wird jetzt künstlich eine Lüge konstruiert." Mixa hatte gesagt, er könne es nicht ausschließen, in seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen möglicherweise "die eine oder andere Watsch'n" ausgeteilt zu haben. Nach dem "Ohrfeigen-Geständnis" hatte unter anderen die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth den Rücktritt des Bischofs gefordert.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, kündigte am Rande der Auftaktveranstaltung zur "Woche für das Leben" an, sich persönlich um Aufklärung in dem Fall zu bemühen. Mixa habe "versichert, alles von seiner Seite zu tun, was notwendig ist, um die Sache aufzuklären". Ein Gesprächstermin sei bereits vereinbart.

Die Kritik an Mixa hält unterdessen an. Der stellvertretende FDP- Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Jürgen Koppelin, forderte Mixa am Samstag auf, seine Aufgaben als Militärbischof niederzulegen. Seine Autorität sei untergraben und schwer beschädigt. Die öffentliche Diskussion sei für ihn zu einer Belastung als höchster katholischer Geistlicher für die Bundeswehr geworden. Statt offen mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen umzugehen, habe Mixa zu lange geschwiegen. Mixas Nachfolger in Schrobenhausen, Stadtpfarrer Josef Beyrer, sagte: "Es wäre hilfreich gewesen, wenn Mixa seine Handgreiflichkeiten 14 Tage früher eingeräumt hätte."

Inzwischen liegen sieben eidesstattliche Erklärungen früherer Heimkinder vor, die Mixa in seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen (1975-1996) brutale Prügelattacken vorwerfen. Der Schrobenhausener Sonderermittler Sebastian Knott hatte von einem weiteren Fall berichtet, bei dem Mixa 1976 einem damals 16-Jährigen "mit voller Wucht brutal ins Gesicht" geschlagen haben soll. Dies habe der Betroffene ebenfalls in einer eidesstattlichen Erklärung bekräftigt.

Mixa hat über einen Münchner Rechtsanwalt dem Sonderermittler mitgeteilt, er stehe nach wie vor zu einem Gespräch mit den mutmaßlichen Opfern zur Verfügung. Das lehnen diese aber ab. Eine 47- jährige Frau sagte der Nachrichtenagentur dpa, sie sei auf keinen Fall zu so einem Gespräch bereit und wisse von anderen Betroffenen, dass sie das Gesprächsangebot gerade nach Mixas Ohrfeigen-Geständnis ablehnen.

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19 Kommentare

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  • B
    Bastian

    @felsbrandung

    "Wären die angeblichen Opfer mit ihren Eidesstattlichen Versicherungen nicht zur Sueddeutschen gegangen, sondern zur Staatsanwaltschaft, würde ich diesen Leuten mehr Glauben schenken."

    So freundlich der Staat trotz allem mit den Kirchen umgeht, habe ich Verständnis dafür wenn diese Leute nicht auf Staatsdiener vertrauen. Zumal viele der Fälle verjährt dein dürften.

     

     

    @ Oliver und Leidkultur

    "wenn man sieht dass Leute auch nach Jahrzehnten eine Ohrfeige Nachtragen, dann kann man sich vorstellen, dass ein paar mehr geholfen hätten das Lebenn auf wichtige Dinge auszurichten."

    "Wenn ich mir das Ergebnis der 68 er "Erziehung" und unsere Gesellschaft im Allgemeinen anschaue, dann denke ich eher, dass es zu wenig Ohrfeigen gegeben hat."

     

    Die Auswirkungen kann von Schlägen kann man z.B. daran erkennen, wenn man Umfragen macht, wer als Kind geschlagen wurde. Im Knast sind es 90%, draußen weniger als 20%.

    Die grausam-autoritäre Erziehung im Kaiserreich und das nicht besser werden dieser durch Traumatisierungen Im 1.Weltkrieg indes führten direkt nach Auschwitz...

    Gewalt sollte nie ein Mittel sein, schon gar nicht gegen Schutzbefohlene, politisch zu Mindest nicht das der ersten Wahl.

     

    Ein Großteil der 68er Kinder hat übrigens keine großen Probleme, gehören sie größtenteils als Akademikerkinder doch zum Establishment.

    Es ist am ehesten in bildungsfernen Schichten Gang und gebe munter auf Kinder einzuprügeln. Und natürlich bei Stock-konservativen, die durch ihr Erbe (Und wenn es nur die Geburt in Akademikerkreise ist) abgesichert sind und nur dadurch nicht in die Kriminalität absinken. Da geifert, kotzt, lästert und hetzt man lieber die ganze Zeit gegen Ausländer, Linke oder überhaupt Andersdenkende, Unterschicht und sowieso jeden, der nicht ins Weltbild passt.

    Wehret den Anfängen.

  • G
    Grund

    Ich kenne Mixa nicht, aber die Ohrfeigen, die ergegeben hat, wo ich auch nicht dabei war, sind ein primitiver Grund, um ihn an die Luft zu setzen.

  • S
    Stefan

    Vorweg: Für Mixa oder Prügel habe ich nichts, aber auch gar nichts über - verstanden???

     

    Schäbig finde ich diese Hatz auf Mixa im Schatten der Debatte um SEXUELLEN Missbrauch von Kindern.

     

    Wenn jedoch die Bundes-Empörungs-Beauftragte Claudia Roth sich an Mixas "Watschen" abarbeitet statt sich um die Äußerungen des frühen Daniel Cohn-Bendit zum Thema Sexualität von/mit Kindern zu kümmern, dann ist das verlogen.

     

    Wie wäre es, wenn die Rücktrittforderungen mal an Claudia und Daniel gerichtet werden?

  • U
    Unzeit-gemäß

    Ich finde auch Ohrfeigen in der Kindererziehung inakzeptabel und den Herrn Mixa nicht gerade symphatisch. Aber: Merkwürdig ist schon, wie die ganze Republik gerade zu vergessen scheint, dass "körperliche Züchtigung" in der Erziehung bis in die 1970er Jahre hinein VÖLLIG 'NORMAL' (und auch legal) war, nicht nur in kath. Internaten, auch an öffentlichen Schulen und zuhause.

     

    Der Grund, warum in Fällen (nicht-sexueller) Misshandlung ehem. Heimkinder bis vor kurzem nie an die Öffentlichkeit gegangen waren, bestand doch gerade darin, dass in den Augen der Öffentlichkeit nicht die Erzieher, sondern die "ungezogenen" Heimkinder sich falsch verhalten hatten!

  • L
    Leidkultur

    Wenn ich mir das Ergebnis der 68 er "Erziehung" und unsere Gesellschaft im Allgemeinen anschaue, dann denke ich eher, dass es zu wenig Ohrfeigen gegeben hat.

  • W
    Wolfgang

    Und wieder spielen wir MIXA-ROULETTE:

    Nichts geht mehr!

  • JC
    Jürgen C

    Jede/r Bürger/in (besser: Einwohner/in) sollte bei Vorliegen der nötigen Voraussetzungen a u c h Strafanzeige wegen Untätigkeit gegen die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft wegen Untätigkeit stellen - natürlich mit der gebotenen Vorsicht.

  • KH
    Küchenteufel, Hölle

    Ach, ich armer Teufel!

     

    Auf allerallerhöchsten Befehl muss ich vielleicht schon bald Zähne ziehend zähen Mixa am Spieß servieren, vergeblich vorgegart in eklikger Zöllibazillensoße.

     

    Da werden mich meine Teufelgenossinnen und Teufelgenossen abwatschen für diesen Fraß, dass droben die Erde bebt und sogar die Vulkane kotzen und lange kein Flugzeug mehr starten kann.

     

    Und ich kann doch gar nichts dafür! Habt Mitleid und flucht für mich!

  • DH
    Dr. Harald Wenk

    "Abwatschen" im buchtäblichen, realen und oft auch symbolischen Sinne ist Ausdruck autoritären Beziehungs- und Erziehungsverständnisses und Erziehungspraxis. Der "Zeitgeist der 68er" war zweifelsohne und schon heute "sprichwörtlich" "anitiautoritär", auch in der Pädagogik.

    Dann die strafrechtlich relevanten Körperverletzungs- und Sexualdelikte bis in ihre höchsten Würdenträger hinein, die allesamt autoritär und konservativ bis auf die Knochen sind, den 68igern "in die Schuhe" zu schieben ist bei einer vom Intellekt und von der Moral "lebenden" Institution wie der Kirche eben der 34567897655443ste intellektuelle Sündenfall. Man kommt da in die Gefilde des tief verankerten "Gewohnheitsrechtes".

    Tat es "bei ersten Mal tasächlich weh" bei diesen perfiden intellkuellen Meuchelmorden?

    Fast jeder andere Sterbliche und Institution ist da in moralischen Dingen erheblich glaubwürdiger und sogar hochstehender. Und das will bei der harten Konkurrenz der Politiker udn Wirtschaftler sehr sehr viel heissen.

    Die meisten von ihnen sind offiziell kirchentreue Christen. Sogar in der Mafia ist man "streng katholisch".

    Da entzieht man sich der moralischen Diskussion recht "elegant".

  • F
    Fofi

    Schutz des ungeborenen Lebens! Das hören und lesen wir seit Jahrzehnten. Schutz des geborenen Lebens? Wer kümmert sich darum? Jetzt endlich erheben die ehemals schutzlosen Opfer ihre Stimme - und prallen an die altgewohnte Arroganz der Institution mit ihren prächtigen Gewändern, ihren imposanten Bauten und ihrem Anspruch auf Kirchsteuer.

  • F
    felsbrandung

    @Juergen K

    Wären die angeblichen Opfer mit ihren Eidesstattlichen Versicherungen nicht zur Sueddeutschen gegangen, sondern zur Staatsanwaltschaft, würde ich diesen Leuten mehr Glauben schenken. Bischof Mixa wollte ja ein Gespräch. Wurde sicherlich von der Süddeutschen verhindert.

  • M
    MLear

    Ah, wieder einmal "Neues vom Mixa".

     

    Ich hoffe, dass dieser Mann jetzt endlich aus der Öffentlichkeit verschwindet.

  • B
    Brigitte

    @Oliver: Ich habe schon (leider) erlebt, wie eine einfache Ohrfeige ein Trommelfell platzen liess. Wenn bei Herrn Mixa's Watschn keine bleibenden Schaeden bei Kindern zurueckgeblieben sind, war das einfach nur Glueck. Man schlaegt niemanden ins Gesicht oder sonstwohin. Vielleicht ist ihnen diese Form der "Erziehung" erspart geblieben, dann seien sie froh darueber, aber urteilen sie nicht ueber diejenigen, die solches nicht vergessen koennen, auch nicht nach Jahrzehnten.

  • P
    Peterchen

    Seit Bill Clinton wissen wir dass Oralsex gar kein Sex ist und Mixa erklärt uns nun dass Ohrfeigen keine Prügel sind.

  • C
    Christiane

    Tja, Herr Bischof, meine Großmutter oder meine Mutter hätten sie in diesem Fall, an den nächsten Garderobenhaken gehängt. Aber Heimkinder haben ja selten Eltern die sich um sie kümmern. Die sind bzw. waren ja Freiwild für wildgewordene "Erzieher".

     

    Sie und alle anderen Priester sind eine Schande für die Kirchen, egal ob katholisch oder evangelisch. Wer sich körperlich und/oder sexuell an Kinder vergreift, gehört ins Gefängnis. Genau das begreift, gerade die katholische Kirche nicht. Zum Glück wird das ganze schmutzige Drama jetzt endlich mal aufgedeckt. Denn das was passiert ist, und immer noch passiert, ist schon seit Jahrzehnten ein offenes Geheimnis. Nur bisher hat sich niemand getraut das anzuprangern, schon gar nicht die Medien und die Kirchen haben es unter den Teppich gekehrt.

     

    Hier bei uns in Südamerika, konnte vor einigen Wochen ein Priester nur mühsamm vor der Lynchjustiz von den Polizeikräften in Sichherheit gebracht werden, nachdem bekannt wurde, dass er einen Jungen vergewaltigt hatte. Die Südamerikaner wachen langsam auf und tolerieren die perversität Ihrer Kirche nicht mehr und das ist gut so....

  • S
    ^sophiea

    Und tschüss Herr Mixa - mir ist eigentlich egal warum sie gehen, hauptsache sie gehen !

  • O
    Oliver

    wenn man sieht dass Leute auch nach Jahrzehnten eine Ohrfeige Nachtragen, dann kann man sich vorstellen, dass ein paar mehr geholfen hätten das Lebenn auf wichtige Dinge auszurichten.

     

    so wenig ich Herrn Mixa mag, desdo weniger kann ich die aktuelle Diskussion verstehen.

  • N
    name

    ziemlich schlimm waren auch die bilder, als sich die justizministerin mit einem vertreter der kirche getroffen hat. die selbstgefällige art der kirche ist armselig, noch schlimmer aber ist, dass sie vom staat hofiert ist. der staat hat sich nicht mit kirchenvertretern zu treffen, sondern, falls diese verdächtif sind, anzuzeigen und festzunehmen. die verlogenheit der kirche zeigt sich auch daran, dass es noch keine einzige selbstanzeige gegeben hat und die offene diskrimminierung der opfer durch kirchenmänner, die als lügner dargestellt werden. denn die kirche glaubt ja garnicht an die justiz, oder an den sekulären staat, der für sie nur weltlich ist. als totalitäre institution glaubt sie über dem staat zu stehen. daher müssen die opfer nach ihrer misshandlung nun mitansehen, wie der staat der kirche gibt was will und in einem "arbeitskreis" kirchenvertreter zulässt. das einzige was die kirche bereut sind nicht die kindesmisshandlungen, sondern den imageverlust, den sie hinnehmen musste.

  • JK
    Juergen K

    Gibt es da eigentlich ein

     

    "Gesprächsangebot" von irgendeiner STAATSANWALTSCHAFT ?