Reformprozess in der Kirche: Im Klerus rollen Köpfe

Weltweit legen derzeit katholische Geistliche ihr Amt nieder. Der große Reformprozess in der Kirche bleibt allerdings aus.

Die Kirche bewegt sich erst dann, wenn es nicht mehr anders geht. Bild: ap

ROM taz | Im Klerus rollen die Köpfe. Plötzlich werden nicht bloß Priester suspendiert, die vorher jahrelang unbehelligt geblieben waren, selbst wenn sie wegen Kindesmissbrauchs verurteilt waren. Jetzt müssen Bischöfe gehen, weil sie entweder selbst zu Tätern wurden oder die Täter in ihren Diözesen deckten.

Erst am Donnerstag hatte der Papst dem Rücktrittsgesuch des 73-jährigen irischen Bischofs James Moriarty stattgegeben. Er soll jahrelang sexuelle Übergriffe auf Kinder vertuscht haben. Der Vatikan lässt sich selbst bei solch gravierenden Fällen oft monatelang Zeit. Papst Benedikt XVI. muss Rücktritte annehmen, erst dann kann mit der Suche nach einem Nachfolger begonnen werden. Kirchenexperten rechnen damit, dass im Fall Mixa die Entscheidung schneller fallen wird.

Vor Mixa hatte es ebenso Monsignor John C. Favolara erwischt. Der Bischof von Miami musste diese Woche seinen Stuhl räumen, weil er im Jahr 2002 diverse des Missbrauchs beschuldigte Priester gedeckt haben soll. Im März hatte aus demselben Grund der irische Bischof John Magee den Koffer packen müssen. Erst vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass Georg Müller, Bischof im norwegischen Trondheim, im Juni letzten Jahres aus dem Amt geschieden war, weil er selbst einen Minderjährigen missbraucht hatte. Großer Ärger steht auch den Legionären Christi ins Haus. Die weltweit aktive katholische Kongregation war von dem 2008 gestorbenen serbischen Missbrauchstäter Marcial Maciel Dellogado gegründet und jahrzehntelang geleitet worden. Jetzt erwägt der Vatikan, die Führungsspitze der Legionäre in die Wüste zu schicken.

Rücktritte von Bischöfen hatte es zwar schon früher gegeben; so musste 1998 der frühere Wiener Kardinal Hans Hermann Groer sein Amt als Benediktiner-Prior im österreichischen Maria Roggendorf niederlegen.

Doch anders als bei den früheren isolierten Einzelfällen scheint jetzt eine wahre Rücktritts- und Zwangspensionierungswelle in Gang zu kommen. Will die Katholische Kirche Ernst machen mit dem Versprechen einer radikalen Wende? Vom Kardinal Dario Castrillon Hoyos beispielsweise distanziert sich der Vatikan mittlerweile.

Der hatte sich am letzten Samstag öffentlich dafür gerühmt, dass er im Jahr 2001 einem französischen Bischof gedankt hatte, weil er einen des Missbrauchs schuldigen Priester gedeckt hatte. Aus dem Vatikan hieß es zwar, dies sei "nicht die Linie des Heiligen Stuhls". Sollte das stimmen, sind viele Geistliche nicht auf der Linie Roms: Ausgerechnet während Ratzinger auf Malta persönlich einige Missbrauchsopfer traf, lobte Hoyos die Kirche dafür, einen pädophilen Abt gedeckt zu haben. Im spanischen Murcia spendeten die anwesenden Geistlichen, unter ihnen diverse Bischöfe und Kardinäle, kräftig Beifall. Das alte Muster bleibt: Die Kirche bewegt sich erst dann, wenn es nicht mehr anders geht.

***

Dieser Text ist für Sie kostenlos verfügbar. Dennoch wurde er nicht ohne Kosten hergestellt! Wenn Ihnen der Text gefallen hat, würden wir uns freuen, wenn Sie der taz dafür einen kleinen Betrag bezahlen. Das können wenige Cent sein - wir überlassen es Ihnen.

Für unabhängigen Journalismus: taz-Konto 39316106 | BLZ: 10010010 | Postbank Berlin - Verwendungszweck "taz.de".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.