Die Macht der Ratingagenturen: Falsche Bewertung von Giftpapieren

Standard & Poors, Moodys und Fitch dominieren das Geschäft mit Zensuren für Firmen und Länder - und damit die Finanzmärkte.

Moodys-Chef Raymond W. McDaniel und die Ex-Präsidentin von Standard & Poors, Kathleen Corbet, vor dem Untersuchungsausschuss der Senats in Washington. Bild: ap

BERLIN taz | Eigentlich sagen sie nur ihre Meinung. Zum Beispiel über die von ihnen berechnete Finanzstärke eines Landes oder eines Unternehmens. Doch wenn sich eine der drei großen Ratingagenturen skeptisch zur Bonität von Griechenland äußert, wird sie vom Beobachter zum Akteur an den Finanzmärkten. Denn die Devisen- und Anleihenmärkte reagieren sofort und schaffen spätestens damit die Fakten zur Analyse der Ratingagentur. Am Dienstag hatte Standard & Poors Griechenland auf "Junk" herabgestuft. Das heißt, dass Griechenland seine Anleihen auf den Finanzmärkten kaum noch los wird.

Das Geschäft mit den Zensuren für Unternehmen wird dominiert von drei Agenturen: Moodys, Standard & Poors und Fitch. Sie legen zwar großen Wert auf ihre Unabhängigkeit, sind aber zum Teil mit namhaften Finanzinvestoren verknüpft. So gehören 17 Prozent von Moodys dem US-Investor Warren Buffet, der Konkurrent Fitch dem französischen Milliardär Marc Ladreit de Lacharrière. Standard & Poors ist Teil des US-Medienkonzerns McGraw-Hill.

Die Wurzeln der Agenturen liegen unter anderem im Eisenbahnbau der USA, bei dem sie Investoren Informationen über die beteiligten Firmen lieferten. Doch schon bald weiteten sie ihr standardisiertes Bewertungssystem auch auf andere Branchen aus.

Die US-Börsenaufsicht legte 1975 fest, dass sich Unternehmen, die in den USA an der Börse gelistet werden wollen, ein Rating von mindestens zwei der drei Agenturen vorlegen müssen, andere Agenturen sind dafür nicht zugelassen. Das erklärt die Bedeutung von Moodys, Fitch und Standard & Poors, die sich aus den zum Teil fünfstelligen Gebühren für ihre Expertisen finanzieren. Die Kosten trägt in der Regel das begutachtete Unternehmen oder Land.

Spätestens seit der Finanzkrise sind die Agenturen jedoch stark in der Kritik, da sie auch die später wertlosen Pakete aus Hypothekenkrediten als sichere Anlage auswiesen. Sowohl die Transparenz als auch die Unabhängigkeit der Agenturen wird in Zweifel gezogen.

Erst am Wochenende waren im Rahmen der Untersuchungen des US-Senats bezüglich der Ursachen der Finanzkrise E-Mails an die Öffentlichkeit geraten, die zeigten, wie die Ratingagenturen dem zunehmenden Druck von Banken ausgesetzt waren.

Und am Dienstagabend hatte ein US-Bundesgericht in New York eine Klage gegen Standard & Poors und Moodys angenommen. Die Kläger werfen den Ratingagenturen eine bewusst falsche Bewertung von Giftpapieren vor.

Die Politik arbeitet nun an einer strengeren Kontrolle der Agenturen. Bis Jahresende sollen sie erstmals den europäischen Finanzaufsichtsbehörden unterstellt werden. Eine unabhängige europäische Ratingagentur, die die Macht der großen drei brechen könnte, ist nicht in Sicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.