Kommentar Griechenland: 40 fehlende Milliarden

Ob das Griechenland--Hilfspaket wohl reichen wird? Die Investoren glauben unverändert, dass Griechenland bankrottgeht. 150 Milliarden sind nötig, erst 110 sind zugesagt.

Deutschland wird den Griechen helfen. Die Bundesregierung geht von 22,4 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren aus. Der Kreditbedarf könnte aber noch steigen.

Doch das Problem daran liegt nicht dort, wo es viele vermuten. Die SPD etwa skandalisiert den Fakt, dass EU und Internationaler Währungsfonds vereinbart haben, kein Land dürfe mit den griechischen Krediten Verluste machen. Dieser Fall könnte bei Portugal eintreten, das selbst als gefährdet gilt und daher an den Finanzmärkten hohe Zinsen zahlen muss. Denkbar wäre, dass Griechenland für Portugals Hilfskredite die international vereinbarten 5 Prozent bezahlt - während Portugal diese Darlehen zu einem weit höheren Zinssatz refinanziert. In diesem grotesken Sonderfall müssten andere Euroländer Portugal die Zinsdifferenz erstatten. Für Deutschland wäre dies jedoch kein Verlustgeschäft - macht doch die Bundesregierung mit ihren Griechenland-Krediten satten Gewinn: Sie bekommt nämlich Geld schon für knapp 3 Prozent, das sie dann an Griechenland für 5 Prozent weiterreicht.

Trotzdem ist möglich, dass die 22,4 Milliarden nicht reichen. Denn die Investoren glauben unverändert, dass Griechenland bankrottgeht. Die Risikoaufschläge auf griechische Staatsanleihen sind astronomisch - und ihre Besitzer offenbar verzweifelt. Zum Teil wird eine Verzinsung von 17 Prozent gewährt, nur um eine griechische Staatsanleihe loszuwerden.

Die Investoren haben ausgerechnet, dass rund 150 Milliarden nötig sind, um Griechenland über die nächsten drei Jahre zu hieven. Bisher haben die EU und der IWF aber nur 110 Milliarden an Krediten zugesagt, weil sie glaubten, dass irgendwann auch die privaten Investoren wieder griechische Staatsanleihen kaufen würden. Doch danach sieht es derzeit nicht aus.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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