Missbrauch in der Kirche: Der Papst wird selbstkritisch
Vor seinem Portugal-Besuch spricht Benedikt XVI. deutliche Worte: Er macht die Kirche selbst für den Skandal um pädophile Priester verantwortlich – und nicht länger einen "äußeren Feind".
LISSABON apn | Mit ungewöhnlicher Deutlichkeit hat Papst Benedikt XVI. die Kirche selbst für den Skandal um pädophile Priester verantwortlich gemacht. "Die größte Verfolgung der Kirche kommt nicht von äußeren Feinden. Sie wurde von den Sünden innerhalb der Kirche geboren", sagte er am Dienstag auf dem Flug zu einem Besuch in Portugal vor mitreisenden Journalisten.
Damit distanzierte sich das katholische Kirchenoberhaupt von der anfänglichen Reaktion der Kirche auf den Missbrauchsskandal. Der Vatikan hatte zunächst Kräfte von außen - Medien, Homosexuellen-Aktivisten und Abtreibungsbefürworter- vorgeworfen, die Missbrauchsfälle zu instrumentalisieren, um einen Feldzug gegen Kirche und Papst zu führen.
Die Kirche habe schon immer unter inneren Problemen zu leiden gehabt, räumte der Papst ein. Was man aber heute sehe, sei "wirklich entsetzlich". Zugleich setzte sich Benedikt für eine tiefgreifende Säuberung und Buße innerhalb der Kirche ein, es müsse Verzeihen, aber auch Gerechtigkeit geben.
Es war unklar, ob sich Benedikt auf seiner viertägigen Reise durch Portugal noch einmal zu dem Thema äußern würde, das die katholische Kirche in seiner Heimat Deutschland und anderen europäischen Ländern schwer erschüttert hat. In Portugal selbst sind bislang keine Missbrauchsfälle innerhalb der Kirche bekannt geworden. In Malta, das Benedikt vor gut drei Wochen besucht hatte, war er mit mehreren Missbrauchsopfern zusammengetroffen.
Anlass zu Benedikts Portugal-Reise ist der zehnte Jahrestag der Seligsprechungen von Fatima. Das 83-jährige katholische Kirchenoberhaupt wird am Donnerstag eine Messe in dem Wallfahrtsort feiern. Vor zehn Jahren hatte sein Vorgänger Johannes Paul II. zwei Hirtenkinder seliggesprochen, denen dort 1917 die Jungfrau Maria erschienen sein soll.
Außerdem wird Benedikt die Hauptstadt Lissabon sowie Porto besuchen. Erste Station seiner Reise sollte am Dienstag eine Messe vor erwarteten 80.000 Besuchern in Lissabon sein. Der Papst will auf seiner Portugal-Reise den von Schuldenkrisen und Finanznöten geplagten Europäern Mut zusprechen. Er wolle über die "Freude des Glaubens und der Hoffnung" als Mittel gegen die wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise gedrückte Stimmung predigen, hieß es.
Leser*innenkommentare
Wolfgang
Gast
"Zugleich setzte sich Benedikt für eine tiefgreifende Säuberung und Buße innerhalb der Kirche ein, es müsse Verzeihen, aber auch Gerechtigkeit geben"
Wie soll denn die Gerechtigkeit aussehen? Göttlich?
Da wartet man doch schon über 2000 Jahre- vergeblich!
Santos
Gast
Missbrauch ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen.
Was ist mit Schulen, Sportvereinen etc.?
Nun, eine Kampagne gegen die Kirche kann ich leider allerdings auch nicht übersehen!
Der Kirche soll man kritisch gegenüberstehen, keine Frage.
Nun kann man doch nicht abstreiten, dass sich die Medien kulturkampfartig auf alles stürzen, was in der katholischen Kirche zur Zeit nach Schlagzeilen riecht.
Selbst Voruntersuchungen sind auf Spiegel-Online Grund für einen langen Artikel.
Immlerju
Gast
Ja, wahrlich, der Feind kommt von innen und man kann ihn auch klar benennnen: die angeblich katholische, angebliche Laieninitiative "Wir sind Kirche".
Insofern spricht der Papst die Wahrheit.
arribert
Gast
Stimmt die Feinde der Kirche kommen von innen und Ratzinger ist einer der Größten. Wo sind denn die Reformanstrengungen?
Ach, wer Kinder mit Wahnvorstellungen selig spricht ist für mich auch kein seriöses Staatsoberhaupt. Aber er meinte ja auch, dass ungetaufte Kinder, die sterben nicht mehr ins Fegefeuer kommen. Wie sagte Hagen Rether: Bei uns in den Irrenanstalten sitzen Leute für weniger drin.