Generalsekretärin bilanziert Kirchentag: "Käßmann ist Identifikationsfigur"

Trotz aller Schwierigkeiten war der Kirchentag ein "Fest in Heiterkeit", findet die Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentages, Ellen Ueberschär.

Margot Käßmann am Samstag bei einer Predigt auf dem Kirchentag. "Sie strahlt Herzenswärme aus", sagt Ellen Ueberschär. Bild: apn

taz: Frau Ueberschär, hat sich dieser zweite Ökumenische Kirchentag gelohnt?

Ellen Ueberschär: Auf jeden Fall. Wir waren erleichtert, dass bei aller Diskussion um Missbrauch, um Heimkinder und den Verlust der Glaubwürdigkeit der Kirchen wir ein Fest in Heiterkeit feiern konnten.

In Heiterkeit?

Ja, so ist es mir signalisiert worden. Wir erlebten keine Party- oder Spaßatmosphäre, die wir manchmal bei Kirchentagen auch hatten, sondern so eine Kirchentagsfröhlichkeit.

Die 42jährige ist promovierte Theologin, Pfarrerin und seit 2006 die Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentages. Zudem ist die in Ostberlin aufgewachsene Ueberschär Mitglied der Grünen-Akademie der Heinrich-Böll-Stiftung.

Die Stimmung haben wir allerdings oft auch als gedrückt, ja, passiv empfunden.

Die Einschätzungen sind, je nach Veranstaltung, unterschiedlich. Wenn man die zum Missbrauch besucht hat, auch solche zu schwierigen ökumenischen Fragen, dann mag Ihr Eindruck einleuchten. Doch es gab vieles, wo die Leute fröhlich und glücklich waren.

Hatten Sie nicht mit mehr Besuchern gerechnet? 127.000 Besucher sind nicht gerade rekordverdächtig.

Die Hauptstadt als Ort war 2003 sehr attraktiv, zumal beim ersten Ökumenischen Kirchentag. Aber 127.000 Menschen sind doch wunderbar. Ich habe im Februar gedacht, dass es ganz schlimm wird - die Leute werden sagen: Bäh, Kirche, damit will ich nichts mehr zu tun haben. Dann kam der Run auf den Kirchentag. Es gab ein Bedürfnis der Selbstvergewisserung, vor allem bei Jugendlichen.

Hat es hier in München etwas gegeben, das der Glaubwürdigkeit der Kirche wieder aufhalf?

Unsere orthodoxe Vesper mit der Tischgemeinschaft, die ein kirchengeschichtlich relevantes Ereignis war. Das hat es vorher nicht gegeben.

Unser Eindruck war: Der Liturgie dieser Feier schauten viele zu, wie dies Touristen tun, wenn sie auf einer griechischen Insel in die Kirche gehen.

Das war der erste Teil. Der zweite war unsere Tradition. Dass man gemeinsam an einem Tisch sitzt und Brot miteinander teilt, war der zweite und wichtige Teil dieser Veranstaltung.

Sie empfanden die orthodoxe Feier nicht als eine Notlösung?

Nein, warum denn? Sie hat eine liturgische Würde gehabt. Wir hätten auch einfach Tische aufstellen und Gurken und Würstchen essen können. Aber das wäre es nicht gewesen.

Mussten Sie als Protestantin eigentlich auch oft Katholiken trösten? Die haben ja im Moment viel schlechte Presse, Spott und Kritik.

Das ist wahr, ja. Wir haben natürlich mit Margot Käßmann ein Gegenbeispiel, wie man mit Versagen umgehen kann. Auf der anderen Seite haben wir gerade in den Vorbereitungen dieses Kirchentags gesagt: Wir machen das in einer großen Solidarität. Es gab da einen Moment von Trost, Anteilnahme und Beteiligung.

Warum war Margot Käßmann so ein Star? Welches Bedürfnis befriedigt sie?

Sie hat das Bedürfnis befriedigt nach jemandem, die Herzenswärme ausstrahlt und authentisch ist, glaubwürdig das lebt, was sie sagt. Deswegen ist sie so präsent und so wichtig, eine große Identifikationsfigur, auch für Katholikinnen. Als sie am Freitag im Dom sagte, die Pille ist ein Geschenk Gottes, hat sie, glaube ich, mehr den katholischen Frauen aus dem Herzen gesprochen.

Wird es einen dritten Ökumenischen Kirchentag geben?

Wir sagen jetzt weder Ja noch Nein. Wir sagen, wir wollen die ökumenische Zusammenarbeit fortsetzen, werden diesen Kirchentag auswerten, und dann wird geguckt, was der richtige Ort, die richtige Zeit und das richtige Format ist.

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