Reporter protestieren gegen Rammstein: Fotograbenkämpfe

Die Rockgruppe Rammstein will volle Kontrolle über ihre Konzertfotos. Auch andere Bands versuchen zunehmend selbst Geld an ihren Fotos zu verdienen.

Die Rechte an diesem Bild des Rammstein-Sängers Till Lindemann liegen noch beim Fotografen. Bild: ap

Die Arbeitsbedingungen für Fotografen bei Konzertveranstaltungen stehen erneut in der Kritik. Im Vorfeld der Großfestivals "Rock am Ring" am Nürburgring und "Rock im Park" in Nürnberg an diesem Wochenende hatte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) vor "Knebelverträgen" für Bildjournalisten gewarnt und "dringend" davon abgeraten, die vom Management des Festivalheadliners Rammstein aufgestellten Bedingungen zu akzeptieren. In dem kritisierten Vertragstext finden sich Passagen, die den Hardrockern eine kostenlose Verwertung der gemachten Bilder - inklusive Negative und Bilddateien - zur Nutzung für die eigene Webseite einräumen. Auch ist die Veröffentlichung an ein bestimmtes Medium gebunden. Dahinter steht die Angst der Künstler, dass die Fotografen sich an ihrem Bildmaterial unzulässig bereichern.

Für DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner hat sich die Situation von Konzertfotografen seit 2002 "kontinuierlich verschlechtert". Für Unmut sorgten anfangs vor allem Künstler aus Amerika und England: Wegen der rigiden Vertragsbedingungen - man verlangte etwa das Abtreten sämtlicher Urheberrechte nach einmaliger Nutzung für gemachte Bilder - boykottierten schließlich Agenturen und frei arbeitende Bildjournalisten 2006 die Deutschland-Tournee von Robbie Williams. An anderer Stelle musste dies auch der Berliner Fotograf Roland Owsnitzki erfahren, der für die taz, die Berliner Zeitung und die Musikzeitschrift Spex arbeitet. Als im Sommer 2009 Britney Spears in der Hauptstadt auftrat, durfte Owsnitzki nur Bilder für die Berliner Zeitung machen, nicht jedoch für die taz, denn der ihm vorgelegte Vertrag sah pro Fotograf nur ein zu belieferndes Medium vor. Dass Owsnitzkis Kollegen dann doch für mehrere Magazine Bilder machten, schien im Nachhinein niemanden zu interessieren. Die taz druckte konsequenterweise statt eines Fotos einen weißen Kasten. Owsnitzki sagt: "Rein rechtlich sind solche Bedingungen eine Riesensauerei. Da werden Presse- und Urheberrecht einfach ausgehebelt."

Bei den großen Presseagenturen sieht man das mittlerweile ähnlich. "Die Entwicklung verschärft sich stetig", sagt Justus Demmer von der Nachrichtenagentur dpa. Es geht überwiegend um zwei Aspekte, so Demmer weiter, zum einen wollen Management und Künstler eine möglichst umfassende Kontrolle über das Bildmaterial und damit über die Inszenierung eines Events, zum anderen lässt sich daran eine umfassende Kommerzialisierung des öffentlichen Raums feststellen. Bilder sollen nur in einem positiven Gesamtkontext auftauchen. Objektiver Journalismus bleibt so auf der Strecke. Laut dpa-Pressesprecher Demmer sind sich die großen Nachrichtenagenturen in dieser Frage einig.

Zwischen Künstlern, Fotografen und Agenturen hat sich folgende Regelung durchgesetzt: Bilder dürfen während der ersten drei Lieder gemacht werden - ohne Blitz und aus dem Fotografengraben. Das findet auch Matthias Hielscher, Bassist der Deutschpopband Virgina Jetzt, akzeptabel. Allerdings sieht er auch Risiken in der aktuellen Auseinandersetzung zwischen Musikern und Bildjournalisten. Schließlich hätten beide doch den "Künstlerstatus" gemeinsam, die einen wollen gute Bilder, die anderen schöne Songs. Er hofft darauf, dass beide Seiten nicht beginnen sich zu "zerfleischen". Die Forderungen von Rammstein hält er für "überzogen".

Das hat schließlich auch die Band erkannt: Der Rock-am-Ring-Headliner lenkte am Mittwochabend ein und strich nach Bemühungen des Konzertveranstalters Marek Lieberberg den Vertragspassus mit der kostenlosen Nutzung des gemachten Bildmaterials für die eigene Internetpräsenz. Laut DJV-Sprecher Zörner haben sich die Vertragsbedingungen durch die Änderungen aber nicht wesentlich verbessert. Macht ein solches Beispiel Schule, wird es gerade für freiberuflich arbeitende Fotografen eng. "Dann können wir aufgeben, weil wir nichts mehr verdienen", sagt die Chefin einer Berliner Fotoagentur.

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