Große Koalition in NRW: Die vermutlich letzte Option

Nach dem Scheitern der Ampel steigen wieder die Chancen für eine große Koalition. Jürgen Rüttgers hat aber erst einmal Hannelore Kraft mit einem BILD-Interview verärgert.

Hannelore Kraft (SPD) und Jürgen Rüttgers (CDU). Bild: dpa

BOCHUM taz | Jürgen Rüttgers gibt nicht auf. Mitten in die Ampel-Sondierungen hinein lancierte NRWs CDU-Ministerpräsident per Bild ein Angebot an die SPD: Bei der Schulpolitik, beim Mindestlohn, der Integration von Migranten und bei der Entschuldung der Städte wolle Rüttgers der SPD entgegenkommen, berichtete das Springer-Blatt. Noch aber lässt SPD-Chefin Hannelore Kraft Rüttgers auflaufen: "Ich weiß nicht, ob das ein ernst gemeintes Angebot ist", sagt sie und legt nach: Es sei "völlig klar", dass ihre SPD "so etwas als Affront" betrachte.

Dabei ist eine große Koalition in NRW nach dem Scheitern der Ampel alles andere als unwahrscheinlich. Mögen sich führende Sozialdemokraten auch an Rüttgers Stil stoßen, ein formelles Angebot fordern: Hannelore Kraft spricht bereits von Koalitionsverhandlungen mit der CDU als letzter Option.

Denn die SPD-Spitzenkandidatin hat nach Gesprächen mit Grünen, CDU und Linker fertig sondiert - und steht doch ohne Ergebnis da: Rot-Grün fehlt eine Stimme zur absoluten Mehrheit. Die Linkspartei aber "kann und will nicht regieren", findet sie: Kraft ist noch immer schockiert von der Ansage der Linken, gegen Beschlüsse einer rot-rot-grünen Regierung auch außerparlamentarisch zu mobilisieren. Die Verhandlungen mit den Liberalen scheiterten an gemeinsamen Inhalten.

Am Freitagabend wollte Kraft die Lage gemeinsam mit dem Landesvorstand beraten. Der SPD blieben jetzt noch drei Optionen, so ein führender Sozialdemokrat im Vorfeld zur taz: Die Genossen könnten den CDU-Vorsitzenden Rüttgers als geschäftsführenden Chef einer Minderheitsregierung geschäftsführend im Amt belassen - angesichts der Gefahr, dass der Ministerpräsident die SPD durch ungeliebte Voten im Bundesrat düpiert, keine verlockende Alternative. Denkbar sei aber noch immer eine große Koalition - oder eine von Kraft angeführte Minderheitsregierung.

Der aber steht Kraft skeptisch gegenüber: Die SPD-Chefin fürchtet das Trommelfeuer der Regionalpresse, sollte sie mit Stimmen der Linkspartei in die Staatskanzlei einziehen. Deshalb wird bereits über einen Trick nachgedacht: Nach der Landesverfassung reicht im vierten Wahlgang die einfache Mehrheit zur Wahl der Ministerpräsidentin. Sollten sich die elf Linke-Abgeordneten enthalten, würden die 90 Stimmen von SPD und Grünen reichen. "Wir würden Kraft mitwählen", sagt Linke-Parlamentarier Sagel: "Enthaltung wäre eine Möglichkeit."

Wahrscheinlicher aber sind formelle Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Schon am Wochenende könnten die Genossen an der Basis ihre Zustimmung geben: Der SPD-Landesvorstand plant, ihnen die Ergebnisse der Sondierungen auf vier Regionalkonferenzen vorzustellen. Vorstandsmitglieder machen deshalb Druck auf die Christdemokraten. Die müssten sich auf die SPD zubewegen. Nötig sei ein "Politikwechsel", für den die SPD gewählt sei: "Ein Wahlergebnis von 20 Prozent wie nach der großen Koalition im Bund", sagt ein Genossen, "ist uns nicht noch einmal zuzumuten."

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